Unternehmen Vendetta
entschlossener fort, »es sieht so aus, als ginge diese Entführungsgeschichte unten auf Sizilien jetzt ihrem Ende entgegen. Es ist jedoch noch etwas zu früh, Hurra zu rufen. Im Umgang mit dieser Angelegenheit gibt es ein paar heikle Probleme, die uns Kapitän zur See Samuel Ulfsson in einem Vortrag erläutern wird. Ich glaube, zumindest einige von euch haben ihn schon kennengelernt. Du hast das Wort, Samuel.«
Samuel Ulfsson fiel es sichtlich schwer, in Gang zu kommen. Er blätterte nervös in Carls dechiffriertem Bericht. Er hatte erwartet, nur auf Fragen antworten zu müssen. Doch jetzt hatte ihm der Ministerpräsident das Wort erteilt, und alle sahen ihn an. Die Blicke waren durch Abstufungen von Sympathie oder Feindseligkeit gekennzeichnet, je nach Parteizugehörigkeit, und so blieb ihm nur, sich ins kalte Wasser zu stürzen.
»Die Lage ist kurz folgende«, begann er, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie er kurz fortfahren sollte, »wir erwarten ein endgültiges Angebot der Mafia-Organisation, die sämtliche vier Entführten als Geiseln hält. Die Gegenseite, also die Mafia, hat von Anfang an das Ziel verfolgt, uns - und mit uns meine ich in erster Linie den schwedischen Staat - dazu zu bewegen, mehr Waffen für die italienischen Fregatten zu liefern als ursprünglich vorgesehen. Des weiteren bestand die Absicht, einen Teil dieser Waffen an eine dritte Partei weiterzuexportieren. Uns ist es nun gemeinsam mit den Italienern gelungen, den betreffenden Gangsterorganisationen klarzumachen, daß ein solches Geschäft nie in Frage kommen kann, wie sehr uns auch gedroht wird und wie viele Entführungen es auch geben mag. Unser Personal vor Ort hat gemeinsam mit unseren italienischen Kollegen einen gewissen Druck auf die fragliche Gangsterorganisation ausgeübt, und wir erwarten noch heute die Nachricht, wie und wann ein Austausch stattfinden kann. Ja, das ist in etwa die Lage. Falls jemand eine Frage hat…«
Samuel Ulfsson sah sich mit einem harmlosen Blick um, doch die Verblüffung war zunächst zu groß, als daß jemand eine Frage über die Lippen brachte.
»Dann möchte ich mich mit einer Frage an den Ministerpräsidenten wenden«, sagte der Chef der Konservativen nach einem Schweigen, das bedrohlich lang zu werden begann, als wollten plötzlich alle aufstehen und gehen. »Wo liegt der Hund begraben?«
»Der Hund?« sagte der Ministerpräsident und machte ein aufrichtig erstauntes Gesicht.
»Ja«, erklärte der Konservative, »du hast uns doch nicht mitten im Wahlkampf gebeten, alles stehen und liegen zu lassen, damit wir herkommen und uns anhören, was wir morgen abend auch in den Fernsehnachrichten hätten hören können. Wo liegt das Problem?«
»Ach ja, das Problem«, erwiderte der Ministerpräsident und rückte nervös seine Brille zurecht. »Ja, das Problem könnte darin liegen, daß die künftige Entwicklung eine nicht zu unterschätzende Gefahr von Gewaltanwendung in sich birgt.«
»Aha! Da kriecht die Made aus dem Apfel«, stellte der Chef der Konservativen zufrieden fest. »Und wofür willst du jetzt unsere Zustimmung? Was für Gewalt soll da sanktioniert werden beziehungsweise nicht?«
»Nun ja, es handelt sich eher um ein gewisses Risiko«, der Ministerpräsident machte einen Rückzieher, »aber ich möchte die Frage gleich an Samuel Ulfsson weitergeben. Könntest du uns also, wie soll ich sagen, die rein militärische Lage beschreiben, Samuel.«
»Die militärische Lage ist folgende«, begann Samuel Ulfsson mechanisch und etwas schneller als seine Gedanken. »Also es sieht wie folgt aus… wir haben Personal vor Ort. Es ist bewaffnet und wird bei dem geplanten Austausch bewaffneten Gangstern begegnen. Beabsichtigt ist natürlich, daß alles ohne Gewaltanwendung von beiden Seiten abläuft. Es gibt jedoch ein Risiko, ich betone, ein Risiko, daß die Dinge nicht so verlaufen, wie wir hoffen. Unser Personal wird mit Gewalt einschreiten, wenn es sich als notwendig erweist, um die schwedischen Geiseln zu befreien. Ich nehme an, das ist es, was der Ministerpräsident gemeint hat.«
»Befinden sich Araber auf der anderen Seite?« fragte der Chef der Liberalen hoffnungsvoll.
»Nein«, erwiderte Samuel Ulfsson erstaunt, »das kann ich mir nicht vorstellen. Die Gegenseite ist das organisierte Verbrechen auf Sizilien, mit anderen Worten die sizilianische Mafia.«
»Gibt es überhaupt eine Mafia? Ist das nicht nur eine Erfindung Hollywoods?« fauchte die Grüne.
»Doch, es gibt die Mafia«,
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