Unternehmen Vendetta
Hand höflich ab, als der Oberst sie fragte, ob sie etwas dagegenhätten, daß er weiterrauche.
»Gentlemen, wir haben eine etwas ungewöhnliche Situation am Hals. Ich habe mir gedacht, daß wir zunächst einige rein praktische Probleme klären«, begann Oberst Da Piemonte und sank in seinen gepolsterten Ledersessel hinter dem Schreibtisch.
»Nun, Sir«, begann Carl zögernd, »wir haben natürlich nur die Absicht, mit Ihren Behörden eine möglichst vertrauensvolle Zusammenarbeit zu beginnen, aber…«
»Aber gleichzeitig wollen Sie nicht, daß wir Ihnen dauernd über die Schulter blicken«, stellte der Oberst schnell mit einer ungeduldigen Handbewegung fest, als wollte er von Seiten Carls eine unnötig lange oder diplomatische Erklärung abkürzen.
»Ja, Sir. Etwa so könnte man unseren allgemeinen Wunsch zusammenfassen«, erwiderte Carl gemessen. Der Oberst hatte etwas Energisches im Blick, das einen absolut entschlossenen Willen ausstrahlte, möglichst wenig um den heißen Brei herumzureden.
»Gut«, sagte der Oberst und lehnte sich in seinem knarrenden Ledersessel zurück. »Ich habe heute mit dem Palast Kontakt aufgenommen, nachdem ich von dort deren Vorschläge erhalten hatte, und…«
»Verzeihung, Sir«, unterbrach ihn Carl. »Der Palast?«
»Ja. Il Palazzo. So heißt das bei uns. Das bedeutet Rom. Nicht die Stadt Rom, sondern den hohen Willen Roms, oder wie wir das nennen wollen, und dann ist nicht immer exakt auszumachen, was oder wer gemeint ist. Ich kann Ihnen andeuten, daß wir Carabinieri sowohl dem Innenwie dem Verteidigungsministerium unterstellt sind. Wenn man so will, sind wir sowohl Polizisten als auch Militärs. Wie auch immer: Im Palast herrscht die ehrenwerte Ansicht, wir sollten Ihnen so weit wie möglich entgegenkommen. Ich bin ein einfacher Soldat in der Provinz und habe keinen Anlaß, mich in diese Dinge zu vertiefen. Also, Comandante: Wie sehen Ihre Absichten aus, und welche Wünsche haben Sie?«
Carl war konsterniert, als sein Gegenüber so direkt zur Sache kam. Er hatte das Gefühl, durch den ersten theaterhaften Eindruck getäuscht worden zu sein. »Unsere Absichten lassen sich sehr einfach zusammenfassen«, erwiderte er schnell, während er noch darüber nachdachte, wie sich diese Absichten zusammenfassen ließen. Er machte eine Kunstpause, um sich selbst einzuholen, bevor er fortfuhr. »Unsere Hauptabsicht ist, auf dem Verhandlungsweg zwei schwedische Staatsbürger freizubekommen, die als Geiseln gehalten werden. Wir sind bereit, sie gegen Lösegeld auszutauschen. Zweitens haben wir vor, die Motive zu ergründen, die hinter diesem Gangsterunternehmen stecken, da es um militärische Hochtechnologie geht. Anschließend werden wir unsere Erkenntnisse den beteiligten italienischen Behörden mitteilen, wie es so schön heißt. Das dürften in erster Linie Sie selbst sein.«
»Jaja«, unterbrach der Oberst mit einer Handbewegung.
»Damit haben wir den beiderseitigen Hofknicks hinter uns gebracht. Wie Sie wohl schon wissen, ist die Weitergabe von Informationen die notwendige rechtliche Voraussetzung dafür, daß wir bei Ihren Kontakten mit dem organisierten Verbrechen beide Augen zudrücken.«
»Ja, Sir. Das ist mir bekannt, und ich bin auch damit einverstanden.«
»Ausgezeichnet. Dann brauchen wir uns damit nicht mehr zu befassen. Darf ich aber fragen, ich bin nämlich kein Marineoffizier, aber können Sie mir eine ungefähre Vorstellung davon geben, um was für Waffen es sich handelt? Womit haben wir es zu tun?«
»Es geht um die Bewaffnung vier neuer Fregatten, die von der italienischen Marine bestellt worden sind. Einfach ausgedrückt könnte man sagen, daß diese vier Fregatten die Pazifikflotten der USA und Japans mühelos hätten vernichten können, wenn sie sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs auf See begegnet wären.«
»Interessant. Also Hochtechnologie, ohne jeden Zweifel?«
»Ja, ohne jeden Zweifel.«
»Kann man Verbrechern so etwas in die Hände geben?«
»Ja. Wenn man auch die nötige Ausbildung kaufen kann. Persönlich stelle ich mir das schwieriger vor als den Kauf der eigentlichen Ausrüstung.«
»Wenn diese Waren, sagen wir, vor dem Golfkrieg an den Irak geliefert worden wären, hätte das den Verlauf des Krieges beeinflussen können?«
»Kaum. Zumindest nicht den Ausgang. Wenn man jedoch ein eventuelles Überraschungsmoment voraussetzt, den richtigen Ort, die richtige Zeit und etwas Glück, könnte man sich wohl fünftausend tote Amerikaner
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