Unternehmen Vendetta
so«, erklärte der Mann namens Giulio. Sein Tonfall war neutral und freundlich. Carl war zu dem Schluß gekommen, daß sie es mit Handlangern zu tun hatten und daß es folglich sinnlos war, so etwas wie Verhandlungen einzuleiten. Alles deutete darauf hin, daß sie zu irgendeinem Boß unterwegs waren.
Als sie die Stadt hinter sich hatten, führte die Straße steil bergauf, und kurze Zeit später fuhren sie, während der Verkehr immer mehr nachließ, auf einer Straße, die an eine Corniche an einem Berghang der Riviera erinnerte. Tief unter ihnen verschwand Castellammare wie eine kleine Märchenstadt.
»Ist dieses Tempo in Ordnung?« fragte Carl nach einer Weile.
»Haben wir es eilig? Kann uns jemand verfolgen?«
»Nein, es ist alles in Ordnung, alles bestens«, erwiderte der Mann namens Giulio ruhig. »Wir haben es sowieso nicht weit. Ich sage Ihnen bald Bescheid, wann Sie abbiegen müssen, Mr. Hamilton.«
Der Parfumduft breitete sich wie ein Gestank im Wagen aus. Carl stellte die Klimaanlage auf volle Leistung und bemühte sich gleichzeitig, es nicht wie eine Beleidigung aussehen zu lassen, obwohl er im Rückspiegel einem vielsagenden Blick Joars begegnete. Dieser unterdrückte ein Lächeln.
»Hier!« sagte der Mann namens Giulio plötzlich, »hier müssen Sie abbiegen! Lassen Sie es ein bißchen ruhig angehen, die Straße ist nicht sehr gut.«
Carl tat, wie ihm geheißen. Sie passierten eine Villa mit niedrigen weißen Mauern und fuhren dann an einer übertriebenen Zahl von Schildern vorbei, die ziemlich aggressiv mitzuteilen schienen, daß man sich auf privatem Gelände befinde.
Die Landschaft war eben und steinig. Sie fuhren auf eine Art Hochplateau zu, das über das Meer hinausragte. Das Ziel konnte jetzt nur noch eins sein, eine große weiße Villa, die völlig einsam an einem Steilhang zum Meer lag. Fast hundert Meter vor der Villa verlief eine weiße Mauer, auf deren Krone ein dünner Stahldraht gespannt war. In der Mitte der Mauer ein paar stabile Eisentore, die sich automatisch zu öffnen schienen, als sie sich näherten.
Elektronische Alarmanlage, Fernbedienung, dachten Carl und Joar gleichzeitig.
Vor der Villa befand sich ein mit Kies belegter Parkplatz, auf dem ein einziger Wagen stand, ein riesiger schwarzer Lincoln Continental mit schwarz getönten Scheiben.
Carl parkte neben dem amerikanischen Wagen, stellte den Motor ab und hob mit einer fragenden Geste demonstrativ die Hände.
»Seien Sie so freundlich, steigen Sie aus, gehen Sie die Treppe hinauf und warten Sie dort«, sagte der Mann namens Giulio verbindlich. Carl und Joar folgten seiner Aufforderung sofort.
Erst als sie oben auf der Treppe standen, stiegen die beiden anderen aus. Der Mann, der sich Giulio nannte, hielt seine Maschinenpistole vor sich - also doch eine UZI, dachte Carl -, jedoch mehr um sie zu zeigen, als damit zu zielen. Sein Gehilfe öffnete sofort das Handschuhfach, nahm die Pistole heraus und steckte sie sich in den Hosenbund. Im selben Augenblick ging die Haustür auf, und ihre beiden Begleiter gaben ihnen ein Zeichen, hineinzugehen, aber langsam.
Gleich hinter der Haustür befand sich eine Schleuse mit Panzerglas und Stahltüren etwa wie in Botschaftsgebäuden und Gefängnissen. Dort befand sich auch ein Schubfach, in das man Papiere oder größere Gegenstände legen konnte, beispielsweise Pistolen, und hinter der Glasscheibe saß ein Mann, der genauso aussah wie ihre Begleiter. Er fragte sie in ebenso typischem Amerikanisch, ob sie irgendwelche Eisenstücke bei sich hätten, und falls ja, sollten sie sie freundlicherweise in das Schubfach legen.
Carl und Joar schüttelten den Kopf, worauf sie in das erste Abteil der Schleuse eingelassen wurden. Es schien zugleich ein Metalldetektor zu sein, da der Mann in dem dunklen Anzug hinter dem Panzerglas mit beamtenhaftem Ernst ein Instrument betrachtete. Dann klickte es im Schloß, worauf die beiden anderen die Schleuse betraten, ohne ihre Waffen abzugeben.
»Amateure. Während sie da drinnen herumstehen, könnten wir losgehen und alle Menschen im Haus töten«, scherzte Joar.
»Die glauben vielleicht, daß man nur mit Eisenstücken töten kann«, brummte Carl. Er war noch unschlüssig, ob ihm gefiel oder nicht, was er hier sah. Es war offenkundig, daß sie eine wichtige Person treffen sollten, und insofern war alles gut. Der Ernst jedoch, mit dem man in diesem Haus Waffen betrachtete, war weniger angenehm.
Als ihre beiden Begleiter die Schleuse passiert hatten,
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