Unternehmen Vendetta
und frage, was das soll. Das Telefon liegt auf dem Rücksitz«, sagte Carl und trat das Gaspedal durch. Er lächelte, als der Verfolger Mühe hatte, erstens mitzuhalten und sich zweitens zu verbergen, indem er sich ständig in der linken Fahrspur einordnete, um durch den Rückspiegel des Objekts nicht gesehen zu werden. Der Alfa schaffte etwas mehr als zweihundert Stundenkilometer, und der Verkehr war sehr spärlich. Der Verfolger fiel allmählich zurück.
»Die Verkehrspolizei kann es jedenfalls nicht sein«, stellte Joar nach einem Blick in seinen Außenspiegel fest, den er so eingestellt hatte, daß er nach hinten ein freies Blickfeld hatte. Aus dem Hörer ertönte eine unbegreifliche Folge italienischer Worte. Der Oberst schien unter der ersten angegebenen Telefonnummer nicht erreichbar zu sein. Anschließend versuchte Joar es bei ihm zu Hause. Dort nahm eine Frau ab. Es hörte sich an, als wäre er nicht da.
»Er kann doch jetzt in der Mittagspause nicht bei seiner Geliebten sein?« murmelte Joar. Er zögerte, die dritte Nummer zu wählen.
»Das ist doch viel eleganter, als abends fremdzugehen«, bemerkte Carl und bog von der Autobahn ab, da der Verfolger nicht mehr zu sehen war.
»Hast du Erfahrung mit so was?« fragte Joar mit absolut echtem Erstaunen in der Stimme, während er die dritte Nummer wählte.
»Eine höchst unpassende Frage«, fauchte Carl, bremste heftig, brachte den Wagen am Straßenrand zum Stehen und riß das Telefon an sich.
»Prego. Colonello. I am comandante!« brüllte er ins Telefon, jedoch mehr aus Verlegenheit als aus Erregung. Die Frau schien so etwas wie ›Einen Augenblick‹ zu sagen, und ein paar Sekunden später, als hätte sich das Telefon an der Bettkante befunden, meldete sich ein etwas atemloser Oberst Da Piemonte, indem er ein unglaublich aggressives »Pronto!« hören ließ.
Carl entschuldigte sich, erklärte die Situation und erhielt schnell die Versicherung, in dem Verfolgerwagen säße keine Polizei. In diesem Punkt habe niemand gegen ihre Abmachung verstoßen. Als der Oberst fragte, worum es gehe und wo sie sich befänden, beendete Carl das Gespräch und streckte sich nach der Karte aus.
»Nein, es war nicht die Polizei. Wir sollten dieser gelben Straße folgen können und es trotzdem noch rechtzeitig schaffen«, bemerkte er und ließ ruhig den Wagen an. »Hast du gesehen, was es für eine Marke war, ein Kennzeichen oder so?«
Joar schüttelte den Kopf. Er hatte nur gesehen, daß es ein dunkelblauer Wagen war und kein Alfa Romeo, denn er hatte größere und zumindest rundere Scheinwerfer.
Sie fuhren in eine Ortschaft, die den Eindruck eines kleinen Badeorts machte. Sie hieß Balestrate. Beide fanden sich schnell auf der Karte zurecht.
»Wir schaffen’s, du kannst dich ein bißchen entspannen«, riet Joar.
»Die können uns doch kaum durch all diese verdammten Dörfer verfolgt haben?« fragte Carl. Es war eine rhetorische Frage. Die Schlußfolgerung lag auf der Hand.
»Nein«, gab ihm Joar recht. »Die müssen sich an uns rangehängt haben, nachdem wir den Flugplatz verlassen hatten. Aber wie haben sie uns da gefunden?«
»Der Einbruch«, bemerkte Carl. »Die wußten natürlich, daß wir einen neuen Wagen brauchten.«
»Wir hätten es doch einfach so lassen oder damit bis morgen warten können.«
»Und in dieser Hitze mit einer nicht funktionierenden Klimaanlage rumfahren?«
»Nein, aber ich nehme an, daß wir in jedem beliebigen Avis-Büro einen neuen Wagen bekommen hätten. Oder?«
»Ja. Aber warum hätten wir nicht das nehmen sollen, das an der Straße lag, so wie wir es getan haben?«
Carl hielt an und dachte nach.
»Habe ich den Zündschlüssel gedreht, als wir anhielten, um zu telefonieren? Das habe ich doch nicht getan?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage. Joar schüttelte bestätigend den Kopf.
»In Ordnung«, sagte Carl und tastete nach dem Hebel, mit dem Kofferraum und Motorhaube geöffnet wurden. »Du weißt, worum es geht.«
Beide stiegen aus und nahmen sich den Wagen systematisch vor. An das Zündsystem war nichts gekoppelt, der Kofferraum war leer, auch unter dem Wagen war nichts befestigt, und das Abgasrohr war nachweislich nicht blockiert.
»Worum zum Teufel geht es eigentlich? Wir können doch nicht auch noch die Polsterung aufreißen und nach Drogen oder so was suchen«, sagte Joar.
Sie setzten sich wieder in den Wagen und schwiegen einige Augenblicke. Jeder suchte intensiv nach möglichen Erklärungen. Joar streckte
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