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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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aus einer spontanen Eingebung heraus die Hand aus und öffnete das Handschuhfach. Dort lag eine schwarze Pistole. Er nahm sie mit dem kleinen Finger am Abzugsbügel und hielt sie lächelnd hoch.
    »Beretta 92. Da ist jemand bestens informiert, zumindest was deine Bedürfnisse angeht«, grinste Joar.
    »Scheiß auf die Fingerabdrücke. Nimm die Waffe auseinander. Nein, nicht im Auto, wenn ich bitten darf!«
    Joar öffnete die Wagentür und befaßte sich eine Zeitlang mit der Waffe. Dann schloß er die Tür und warf die Pistole ins Handschuhfach.
    »Nun? Was Interessantes?« wollte Carl wissen.
    »Nichts Besonderes. Fünfzehn Schuß im Magazin, eine Patrone im Lauf. Italienische Munition, ich glaube Militärmunition. Die Markierung deutet darauf hin. Scheint neu und unbenutzt zu sein, und die Seriennummer ist noch dran. Die Pistole war entsichert.«
    Carl legte einen Gang ein und beschleunigte unbewußt weich und vorsichtig, was angesichts dessen, wie er den Wagen noch vor kurzem gefahren hatte, nicht besonders rational erschien.
    »Du denkst an diese pfiffige Variante, die Bombe, die erst dann ausgelöst wird, wenn man eine bestimmte Drehzahl überschreitet«, lächelte Joar. »Aber das haben wir ja wirklich schon getestet.«
    Carl schüttelte lächelnd den Kopf. Ja, das hatten sie tatsächlich schon getestet. Beide sahen gleichzeitig zur Uhr. Sie würden es genau rechtzeitig schaffen.
    »Wir pfeifen bis auf weiteres auf die Pistole. Wen sollen wir hier in diesem Castellammare treffen und wo? Was glaubst du?« fragte Carl in einem fast gelangweilten Tonfall, als gäbe es nichts, worum sie sich Sorgen machen müßten. Das war seine grundlegende Schlußfolgerung. Wenn die Gangster verhandeln wollten, gab es keinerlei Grund, irgendeine Teufelei auszuhecken, bevor man sich überhaupt kennengelernt hatte.
    »Wir fahren in die Stadt. Langsam und genau zur festgesetzten Zeit. Wenn nichts passiert, fahren wir zur Stadtmitte, parken, steigen aus und warten«, schlug Joar vor.
    Carl nickte. Das schien die einzig denkbare Möglichkeit zu sein.
    »Aber wenn du anhältst, wirst du den Zündschlüssel abziehen müssen«, grinste Joar nach einer Weile.
    »Wieso?« knurrte Carl mit gespielter Entrüstung. »Willst du vielleicht zehn Meter Vorsprung haben?«
    »Nicht nötig. Der Wagen ist wahrscheinlich nicht präpariert«, entgegnete Joar.
    An einem Bahnübergang mußten sie eine Weile warten, so daß sie die Einfahrt von Castellammare del Golfo auf die Minute genau erreichten. Es ging eine Weile bergauf, und als sie die Straßenkuppe erreichten, konnten sie zwischen zwei Schildern wählen. Eins zeigte auf die Stadtmitte, das andere nach Trapani, das rund hundert Kilometer weiter an der Küste lag. Carl bog in Richtung Zentrum ab. Die Straße führte sofort wieder bergab und in ein Gewimmel von Gassen und engen Passagen.
    Bald blieben sie wieder in engem Verkehrsgewühl stecken und konnten jeweils nur ein paar Meter weiterrollen, während sie sich unaufhörlich umsahen und gleichzeitig den Eindruck zu erwecken versuchten, als täten sie es nicht.
    Carl bog ab, als er sah, daß er auf einer nicht ganz so stark befahrenen Straße zum Hafen hinunterkommen konnte. Knapp eine Minute später waren sie unten am Wasser. Sie fanden einen Parkplatz neben einem Kai, wo ein mit einer Touristenfamilie vollbeladener Wagen gerade losfuhr.
    Carl griff nach dem Zündschlüssel, suchte Joars Blick und zwinkerte vielsagend, bevor er den Motor abstellte. Der Alfa Romeo begab sich mit etwas zur Ruhe, was sich in der Hitze wie ein müder Seufzer anhörte.
    »Was habe ich gesagt?«, sagte Joar und öffnete seine Tür.
    Sie stiegen aus und wurden erneut von der Hitze überrascht. Sie lehnten sich gegen den geparkten Wagen und begannen sich umzusehen. Dabei versuchten sie sich alles einzuprägen, was sie sahen.
    Sie standen in einer Todesfalle. Ganz unten in einem Kessel. Das ließ sich leicht feststellen.
    Der Hafen lag in der Mitte einer weich gerundeten Bucht, die von einer hervorschießenden Landzunge geteilt wurde. Diese war vermutlich irgendwann zu Verteidigungszwecken gebaut worden und wurde von hohen Bauwerken und viereckigen Türmen beherrscht. Oberhalb der Türme kletterten unregelmäßig geformte Häuser wie Akrobaten den künstlichen Hang hinauf. Carl und Joar standen mit dem Rücken zum Wasser, auf dem rund zehn schwimmende lange Anleger eine große Zahl von Segelbooten im Zaum hielten, die zweifellos Touristen und Freizeitsegler beherbergten.

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