Unternehmen Vendetta
jeder Hinsicht zu bessern. Er werde sich öfter melden und endlich mit Eva-Britt sprechen, wenn er wieder zu Hause sei. Ja, er werde ihr alles erzählen, gestehen, erklären, sie um Vergebung bitten.
Es war kurz nach acht, als er auflegte. Weiterschlafen? Daran war natürlich nicht zu denken. Er würde nur daliegen und das weiße Karomuster an der Decke anstarren, die Karos zählen, ihre Fläche berechnen, sich ausrechnen, wie das Muster konstruiert worden war, und so weiter. Das wäre kein guter Start für den Tag.
Statt dessen wandte er eineinhalb Stunden für sein Gymnastikprogramm auf. Er begann vorsichtig und ließ sich nur bei den reinen Lockerungsübungen etwas mehr Zeit; er war siebenunddreißig Jahre alt, ein alter Mann, wie Joar zu scherzen pflegte, auf dem Weg in die Midlife Crisis und all das und folglich morgens steifer in den Gelenken. Damit vergrößerte sich das Risiko einer Überanstrengung.
Als er den Schweiß losgeworden war, geduscht und den Vorrat an Apfelsinensaft geleert hatte - das Etikett deutete jedenfalls an, daß die gelbe Flüssigkeit Saft war -, klopfte er an Joars Tür. Möglicherweise in dem Glauben, ihn wecken und ein paar Worte über die Erschlaffung der Jugend verlieren zu können.
Joar war gerade aus der Dusche gekommen und erklärte, er habe schlecht geschlafen, sei früh aufgestanden und habe bis eben ein zweistündiges Trainingsprogramm absolviert.
In einer der Querstraßen in der Nähe, Via Principe di Belmonte, fanden sie ein geeignetes Frühstückslokal. Es hieß Collica. Sie stritten sich eine Weile darum, was das Wort wohl bedeuten mochte. Dort bekamen sie frischgepreßten Saft, den sie sogar auf englisch bestellen konnten. Der Raum wurde durch eine lautlose Klimaanlage angenehm gekühlt und war überdies schön: weißer, geäderter Marmor, unterbrochen durch schwarzen. Im gesamten Lokal, das sich quer durch ein ganzes Haus erstreckte und folglich zwei Eingänge hatte, erstreckte sich ein langer Bartresen in schwarz poliertem Granit. Sie entdeckten, daß man auch Capuccino bestellen konnte, und stellten zu ihrer Überraschung fest, daß man sie sofort verstand. Es gab nur eine Komplikation: Man mußte wie in den USA an einer Kasse bezahlen, und die Kassiererin weigerte sich zu verstehen, was sie sagten, und verlangte ihnen außerdem ein riesiges Bündel Geldscheine ab.
Joar meinte ausrechnen zu können, daß der Saft dreißig Kronen pro Glas gekostet hatte. Carl zuckte die Achseln. Es würden ohnehin andere bezahlen, entweder Bofors, der Steuerzahler oder sonst jemand.
»Wir fahren nach Sciacca und sehen uns die Stadt mal an«, schlug Carl vor, als sie auf die Straße traten. Die Hitze war noch erträglich, wie an einem Sommertag in San Diego. Im Vergleich mit Ridgecrest und einigen anderen Orten im Death Valley, wo sie fünf Jahre lang einen großen Teil ihrer Zeit zugebracht hatten, war es sogar angenehm kühl.
Sie beschlossen, auf eine Klimaanlage zu verzichten und den Wagen noch einen Tag zu behalten. Und wenn auch nur aus dem Grund, bei den Bombenlegern Verwirrung zu stiften. Sie kehrten zur Garage in der Nähe des Hotels zurück und baten, man möge den Wagen auf die Straße fahren, während sie draußen warteten. Da unten hätte niemand den Wagen präparieren können, ohne daß die Techniker der Garage es gemerkt hätten. Und wenn sie etwas gemerkt hätten, würden sie jetzt den Wagen nicht hochfahren, dachte Carl.
Sie untersuchten ihn sicherheitshalber trotzdem, als er in der schmalen Gasse stand. Während sie noch dabei waren, Zündung, Auspuff und anderes zu kontrollieren, wurde eine irritiert hupende Autoschlange hinter ihnen immer länger. Die Fahrer schienen keinerlei Sympathie für einfache Sicherheitsvorkehrungen aufzubringen.
Als Joar die Karte auseinanderfaltete, um eine Fahrtroute zu wählen, entdeckte er, daß sie sehr wohl über Corleone fahren konnten, um das an der Südküste liegende Sciacca zu erreichen. So gab er Carl entsprechende Anweisungen, die zwar mit der Karte übereinstimmen mochten, sich jedoch schnell als wirklichkeitsfremd erwiesen. Zunächst fuhren sie auf der Autobahn nach Messina hin und her, ohne eine Ausfahrt zu finden, die auch nur einen entfernten Zusammenhang mit den von Joar genannten Orten hatte. Dann bogen sie schließlich aus schierer Verzweiflung irgendwo ab. Sie meinten, die Richtung könne nicht ganz falsch sein. Und dann folgte wieder der ganze Zirkus mit kleinen Ortschaften, die fast nahtlos ineinander
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