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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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fordern von ihren gelangweilten Vernehmungsbeamten sogar so etwas wie ›Respekt‹.
    Die Gefahr, die von dieser Romantisierung ausgeht, sollte man jedoch nicht unterschätzen. Mord ist ein wichtiger Bestandteil der Geschäftstätigkeit, und der Tagespreis für Mord liegt in Palermo im Augenblick bei etwa eineinhalb Millionen Lire. Verzeihung? Ja, also bei etwa neunhundert Dollar. Und wenn man diese Burschen schnappt, halten sie es für eine Todsünde zu singen: Jeder X-Beliebige kann sich also relativ ungefährdet einen Mörder mieten, irgendeinen Rotzjungen, der das Risiko, geschnappt zu werden, gern auf sich nimmt. Und der Rechtsstaat setzt wahrhaftig nicht gerade die Folter ein, um Beweise aus diesen Rotzjungen herauszupressen. Die glauben sogar, in der Mafia Karriere zu machen, von der sie in Wahrheit nicht die geringste Ahnung haben. Sie wissen nur das, was sie bei Marlon Brando gesehen haben. Übrigens sind diese Filme auf Sizilien unerhört beliebt, vor allem bei echten Mafiosi.
    Gefühle und Traditionen spielen eine gewisse Rolle, das stimmt schon. Das ist die eine Seite des Problems mit Don Tommasos Sohn, den Sie so zugerichtet haben. Noch entscheidender aber ist Geld, vor allem, wenn es um Milliarden geht, und ganz besonders, wenn es um Milliarden Dollar geht. Das ist die andere Seite des Problems mit Don Tommasos Sohn. Ich kann Ihnen jetzt nur empfehlen, meine Herren, die nächste Kontaktaufnahme durch Don Tommaso abzuwarten. Wir werden Ihnen ein abhörsicheres Telefon geben. Wenn Sie mit uns Verbindung aufnehmen wollen, müssen Sie die Initiative ergreifen. Wir Carabinieri werden Ihnen nicht ständig auf den Fersen bleiben. Möge Gott Ihnen beistehen.«
    Als Carl und Joar endlich in die nächtliche Hitze hinaustraten, stöhnten sie laut über ihre Qualen, die jedoch mitnichten auf der intellektuellen Ebene lagen.
    »Ich fühle mich regelrecht gemästet«, bemerkte Joar gequält.
    »Ich werde in meinem ganzen Leben nie mehr essen«, erwiderte Carl.

3
    Es ist denkbar, daß der Sicherheitschef des geheimen Krisenstabs, den Swedish Ordnance eingesetzt hatte, eine allzu frühe Publizität hätte vermeiden können, wenn er den beiden Frauen nur etwas mehr Vertrauen entgegengebracht hätte. Es ist zumindest mehr als wahrscheinlich, daß er das, was am Ende passieren mußte, noch etwas hätte hinauszögern können.
    Er rief die beiden Frauen mehrmals am Tag an, nahm deren Anrufe jedoch nicht mehr entgegen. Die beiden saßen in Karlskoga und hatten das Gefühl, verbannt zu sein. Sie hatten natürlich das Gefühl, daß sie mehr wüßten, wenn sie sich in Stockholm und nicht in Karlskoga befänden.
    Überdies waren sie von morgens bis abends zusammen und hatten nur ein Gesprächsthema. Es wäre folglich keine außergewöhnliche psychologische Einsicht nötig gewesen, um zu erfassen, was in ihnen vorging. Schließlich gelangten sie zu der Überzeugung, das Unternehmen habe die zynische Entscheidung getroffen, ihre Männer zu opfern. Sie meinten, es werde nichts unternommen, und man habe sie nur beiseite geschafft, damit sie nicht im Weg waren oder irgendwelche Geschäfte mit irritierenden Forderungen störten, die Firma solle sich etwas mehr anstrengen, um ihren Männern zu helfen.
    Sie wußten nicht, daß man Carl Hamilton nach Sizilien geschickt hatte, da der Sicherheitschef des Unternehmens diese Information als »geheim« ansah, die man irgendwelchen »Zivilisten« nicht anvertrauen könne.
    Möglicherweise hätte eine so einfache und nicht einmal sonderlich geheime Information die beiden Frauen ganz erheblich beruhigt. Und wenn sie überdies erfahren hätten, daß der Beschluß, Hamilton persönlich zu entsenden, von der Regierung gefaßt worden war, wäre am Ende wahrscheinlich nicht das unheilvolle Telefongespräch zustande gekommen.
    All diese vagen Bescheide jedoch, »man werde alles Menschenmögliche tun«, obwohl unklar blieb, was, und die Versicherungen, »man habe gewisse Fortschritte gemacht«, obwohl mit keinem Wort erklärt worden war, welche, all das vermittelte den beiden Frauen mit jedem Tag immer mehr den Eindruck, daß nichts geschah und daß es überdies ein wichtiger Bestandteil der Verschwörung war, nichts zu tun, sie selbst irgendwo auf dem Land unter Verschluß zu halten und mit falschen Nachrichten abzuspeisen.
    Schließlich riefen sie an. Sie hatten keine längere Diskussion gebraucht, da keine von ihnen unter Journalisten persönliche Kontakte hatte, zumindest nicht außerhalb der

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