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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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übergingen, mit Straßenschildern, die Ortschaften anzeigten, die auf der Karte nicht zu finden waren, oder die nur einen sehr entfernten Ort bezeichneten.
    Als sie in eine Straße einbogen, die nach Karte, Instinkt und Ortsangaben völlig richtig zu sein schien, war schon eine gute Stunde vergangen, und die Hitze hatte sich verschlimmert.
    Die Landschaft wurde allmählich immer bergiger. Das Land war braun und von der Hitze verbrannt. Bald lagen die Dörfer weiter auseinander. Sie stellten sich vor, wo sie sein könnten, wenn sie nicht wüßten, daß sie sich auf Sizilien befanden. Carl tippte auf Syrien, Joar auf Arizona an der Grenze zu Kalifornien.
    In Corleone hielten sie an und machten einen kleinen Spaziergang. Das Städtchen hatte keinerlei Ähnlichkeit mit seinem romantischen Ruf. Autoschlangen und schmale Gassen, natürlich. Irgendwie in der Ortsmitte war ein kleiner Marktplatz, darauf ein Standbild mit ausgestreckten Armen, das offenbar einen Mönch darstellte. In der Mitte ein kleiner Park mit Dattelpalmen, verfallenen Fußwegen und einem Springbrunnen mit Papyruspflanzen sowie der Statue eines Generals oder Freiheitshelden aus dem neunzehnten Jahrhundert mit Taubendreck auf dem Kopf.
    Sie drehten ein paar Runden im Schatten der Palmen und gingen dann auf den Marktplatz zurück, auf dem Männer in dunklem Anzug, mit Krawatte, Weste und Schirmmütze sie mürrisch und feindselig anstarrten. Es gab jedoch auch andere Touristen in der Nähe. Sie sahen ein paar Amerikanerinnen in Shorts und unter dem Kinn verknotetem Kopftuch. Es fiel ihnen schwer zu glauben, daß dieses Nest Corleone war, und daß die cosca, die das Dorf beherrschte, unten in Palermo einen Krieg gewonnen hatte, bei dem die andere Seite rund vierhundert Mann verloren hatte, während die Corleonesen keinerlei Verluste gehabt hatten. Ebenso unbegreiflich erschien ihnen der Gedanke, daß dies eine der Welthauptstädte des Heroins sein sollte. Am Rand des Platzes befand sich eine Reihe von Verkaufsständen mit billigem Krimskrams, wie ihn nur arme Menschen für sich und ihre Kinder kaufen. Beispielsweise eine große Auswahl an Maschinenpistolen aus Kunststoff, die auf Pappscheiben mit einem Farbfoto von Sylvester Stallone montiert waren.
    Die Kirche im Dorf sah aus wie eine Festung: geschlossene eiserne Fensterläden, ein einziges hoch gelegenes Fenster an der Giebelwand zum Marktplatz und eine massive, eisenbewehrte Kirchentür. Es war schwer zu erkennen, daß es überhaupt eine Kirche war. Sie blieben eine Zeitlang stehen und versuchten sich vorzustellen, wie die Ganoven des Orts sonntags zur Messe gingen, angetan mit dunklem Anzug und Schirmmütze und mit ihren züchtigen Familien im Schlepptau; kleine Mädchen mit Zöpfen, junge Mädchen, die eisern unter Aufsicht gehalten wurden.
    Anschließend übernahm Joar das Fahren und Carl die schwierige Aufgabe, sich nach einer Karte zu orientieren, die sich nur gelegentlich an die Wirklichkeit hielt. Sie beschlossen, sich nach der Sonne und den Himmelsrichtungen zu orientieren. Wenn sie direkt nach Süden fuhren, mußten sie irgendwann an die Küste gelangen, und an der Küste mußte es möglich sein, die Hafenstadt Sciacca zu finden. Immerhin waren sie angeblich Experten in Sachen Orientierung. Theoretisch mußte es möglich sein, sie mit dem Fallschirm nachts irgendwo auf Sizilien mit dem Auftrag abzusetzen, ohne Murren schnell ein angegebenes Ziel zu finden.
    Wie zum Protest gegen ihre Scherze hörten die Schwierigkeiten unversehens auf. Möglicherweise lag es daran, daß es nur einen Weg durch das Bergmassiv gab, durch das sie jetzt fuhren, und somit keine Möglichkeit mehr, irgendwo abzubiegen.
    Ein Motorrad tauchte hinter ihnen auf und hielt sich dort etwas zu lange. Die Straße war zwar kurvenreich, was ein Überholen schwierig machte. Ein Motorrad hätte es jedoch schon längst schaffen müssen. Sie betrachteten die Bedrohung eine Weile in den Rückspiegeln, während sie von Zeit zu Zeit gestikulierten und einander ansahen, als wären sie mitten in einer heftigen Diskussion. Es beunruhigte sie, daß das Motorrad einen Mitfahrer hatte.
    »Wenn es zu uns aufschließt, steigst du auf die Bremse. Anschließend mußt du sofort beschleunigen und sie überfahren«, befahl Carl.
    Joar nickte und schaltete herunter. Er verlangsamte die Geschwindigkeit etwas, bis eine ausreichend lange Strecke zum Überholen auftauchte.
    Das Motorrad wurde langsam schneller und schloß zu ihnen auf. Als es neben dem

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