Unternehmen Vendetta
Ausschau zu halten. Und in der Sommerzeit mit ihrer Touristenschwemme war nicht daran zu denken, in den engen Straßen um die Spanische Treppe herum eine Parklücke zu finden.
Die wenigen Freunde, die er in Schweden noch hatte, waren der Meinung, er sei durch seinen langen Aufenthalt dort unten bei den Wilden latinisiert worden. Der früher so muntere und freche Abendzeitungsreporter hatte sich allmählich in einen etwas ergrauten Gentleman verwandelt. Unabhängig von der Lufttemperatur fuhr er mit Anzug und Krawatte auf seinem Motorroller. Das entsprach nicht so sehr seinem persönlichen Geschmack, sondern war eine berufsmäßige Notwendigkeit. Schwedische Journalisten tragen normalerweise Jeans, seit zehn Jahren außerdem Holzschuhe. Wer jedoch in Italien vorwärtskommen will, muß eine Krawatte tragen und überdies Italienisch können. Åke Malms Italienisch war nach fast zwanzig Jahren Ehe mit einer Italienerin vorzüglich.
Er ging gemächlich die Wendeltreppe im Pressehaus hoch. Es war mitten im Sommer. Zu Hause in Schweden hatten die Ferien begonnen, und alle Reportagen über Urlaubsmöglichkeiten in Rom oder Italien waren schon längst an die verschiedenen Blätter abgeliefert worden, für die Åke Malm zu Hause arbeitete, obwohl durchaus zweifelhaft war, ob Schweden vernünftigerweise noch immer sein »Zuhause« war.
Jedenfalls verdiente er bei schwedischen Zeitungen sein tägliches Brot, obwohl er jetzt während des Sommers eine etwas ruhigere Periode erwarten durfte. Außer für die Abendzeitung Aftonbladet arbeitete er für rund zehn kleinere Zeitungen oder Fachblätter wie Teknikens Värld ; Åke Malm hatte in den letzten Jahren sein Interesse an Technik zu einer Leidenschaft weiterentwickelt. Unter anderem konnte man ihn mit Fug und Recht als einen Computerfreak bezeichnen.
An einem normalen Tag Ende Juni war nicht damit zu rechnen, daß sein PC auch nur eine einzige Mitteilung aus Schweden für ihn bereithielt. Doch dies war ganz offenkundig ein Tag, der alles andere als normal war. Fast sämtliche Zeitungen »zu Hause«, für die er arbeitete, hatten ihn zu erreichen versucht, jedoch nicht Teknikens Värld, wie er enttäuscht feststellte.
Das konnte nur irgendeinen Skandal bedeuten. Oder vielleicht hatte einer der schwedischen Fußballprofis etwas über Maradona gesagt oder angedeutet, nach Schweden zurückkehren, in Italien den Club wechseln oder nie mehr in der schwedischen Nationalmannschaft spielen zu wollen. Falls sich in Schweden plötzlich großes Interesse an Italien zeigte, konnte es jedenfalls nicht um seriöse Nachrichten gehen.
Als erstes rief er ohne jede Begeisterung Aftonbladet an.
»Hej«, sagte er müde. »Åke Malm in Rom. Was ist passiert? Sind hier ein paar schwedische Teenager unter die Räder gekommen, oder was ist los?«
»Mann, gut, daß du dich meldest«, trompetete der Chef vom Dienst des Aftonbladet in den Hörer. »Wir suchen dich seit einer Stunde wie die Verrückten.«
Das verhieß nichts Gutes. Die guten Nachrichten waren die, die er den Blättern zu Hause mühsam einreden mußte. Die schlechten Jobs waren die, die von zu Hause angeregt wurden.
»Entschuldige, ich hatte den Pieper auf dem Weg hierher nicht bei mir, aber der Tag ist ja noch lang. Was ist los? Was ist passiert?« fragte Åke Malm und erwartete das Schlimmste. Er wurde jedoch schon bald munter.
Das andere Blatt, der Konkurrent, dessen Namen man nie in den Mund nahm, sei heute mit einer Story herausgekommen. Zwei schwedische Bofors-Direktoren seien seit mehr als einer Woche in Italien verschwunden. Erklärung: Sie seien von der sizilianischen Mafia entführt worden. Bei Bofors heiße es nur »kein Kommentar«, genauso beim Außenministerium. Also sei die Geschichte wahr. Verzweifelte Ehefrauen hätten sich jetzt gemeldet und klagten sowohl Bofors als auch die schwedischen Behörden an, nichts zu unternehmen. So sei die Lage.
Åke Malm fühlte sich sowohl aufgemuntert als auch skeptisch. Eine schwedische Entführungsstory war eine gute Story, und überdies gefiel es Åke Malm, mit den englischsprachigen Kollegen in Jeans zu konkurrieren, die bei solchen Gelegenheiten nach Italien geschickt wurden. In solchen Fällen pflegte Åke Malm zu gewinnen, was sowohl seinem Selbstgefühl als auch der jeweiligen Urlaubskasse guttat.
Der Angabe jedoch, daß es die sizilianische Mafia sein sollte, die schwedische Wirtschaftsbosse entführt hatte, konnte er nur Skepsis entgegenbringen. Diese Brüder
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