Unterwegs
schloss, sah ich nur die Straße, die sich in mich hineinrollte. Schlug ich sie auf, sah ich vibrierende Schatten von Bäumen über den Wagenboden zucken. Es gab kein Entkommen. Resigniert fand ich mich mit allem ab. Und Dean fuhr immer noch weiter, er dachte gar nicht an Schlaf, bis wir in Chicago ankämen. Am Nachmittag fuhren wir wieder einmal durch Des Moines. Hier blieben wir natürlich im Stadtverkehr stecken und mussten langsam fahren, und ich setzte mich wieder nach vorn. Dann ereignete sich ein seltsamer rührender Unfall. Ein fetter Schwarzer fuhr mit der ganzen Familie in seiner Limousine vor uns; an der hinteren Stoßstange hing einer von diesen Wasserbeuteln aus Segeltuch, wie sie in der Wüste an Touristen verkauft werden. Er bremste scharf, Dean redete gerade mit den Boys hinten und sah es nicht, und wir rammten ihn mit kaum zehn Stundenkilometern und trafen auf den Wassersack, der wie eine Eiterbeule aufplatzte und eine Wasserfontäne in die Luft jagte. Kein weiterer Schaden, nur eine Delle an der Stoßstange. Dean und ich stiegen aus und sprachen mit dem Mann. Das Ergebnis: Austausch von Adressen, einiges Gerede, bei dem Dean die Augen nicht von der Frau des Mannes abwenden konnte, die ihre schönen braunen Brüste nur sehr unvollständig in ihrer dünnen lockeren Baumwollbluse verbarg. «Ja, ja.» Wir gaben ihm die Adresse unseres Geldbarons in Chicago und fuhren weiter.
Hinter Des Moines überholte uns ein Streifenwagen mit Sirenengeheul und winkte uns an den Rand. «Was jetzt?»
Der Cop stieg aus. «Hatten Sie in der Stadt einen Unfall?»
«Unfall? An einer Kreuzung haben wir einem Mann den Wasserbeutel beschädigt.»
«Er behauptet, Typen in einem gestohlenen Auto hätten ihn gerammt und sich aus dem Staub gemacht.»
Es war dies einer der wenigen Fälle, die Dean und ich kannten, wo ein Schwarzer sich wie ein misstrauischer alter Narr verhalten hatte. Wir waren so verblüfft, dass wir lachten. Wir mussten mit zum Polizeirevier kommen und warteten dort eine Stunde lang auf dem Rasen, während die Cops mit Chicago telefonierten und sich vom Eigentümer des Cadillacs unseren Status als gemietete Fahrer bestätigen ließen. Der Finanzbaron sagte dem Cop zufolge: «Ja, das ist mein Wagen, aber für alles, was die Jungs sonst angestellt haben mögen, kann ich nicht einstehen.»
«Sie hatten hier, in Des Moines, einen kleinen Unfall.»
«Ja, das sagten Sie schon – ich wollte nur sagen, dass ich für irgendetwas, das sie womöglich früher schon angestellt haben, nicht einstehen kann.»
Damit war alles geklärt, und wir brausten weiter. Wir kamen nach Newton, Iowa, wo ich 1947 in der Morgendämmerung die Straße entlanggegangen war. Am Nachmittag fuhren wir durch das verschlafene alte Davenport und überquerten den flachen Mississippi in seinem Sägespänebett; dann Rock Island, ein paar Minuten dichter Verkehr, die Sonne, die sich rötete, und plötzlich das friedliche Bild kleiner Nebenflüsse des großen Stroms, die sich idyllisch zwischen magischen Bäumen und dem Grün des mittelamerikanischen Illinois schlängelten. Beinahe sah es schon so aus wie im milden, sanften Osten. Der ganze Staat Illinois entfaltete sich vor meinen Augen in einer einzigen großen Bewegung, die Stunden andauerte, während Dean in immer gleichem Tempo weiterjagte. In seiner Müdigkeit fuhr er jetzt immer waghalsiger. Auf einer schmalen Brücke, die eines der lieblichen Flüsschen überquerte, geriet er Hals über Kopf in eine fast rettungslose Situation. Zwei Autos holperten langsam vor uns über die Brücke; auf der Gegenfahrbahn näherte sich ein gewaltiger Sattelschlepper, dessen Fahrer genau abzuschätzen schien, wie lange die Autos brauchten, um die Brücke zu überqueren, und offensichtlich schätzte er, sie müssten drüben sein, bevor er dort ankam. Auf der Brücke selbst war kein Platz für den großen Truck, solange dort Wagen in die Gegenrichtung fuhren. Hinter dem Laster scherten Autos aus und lauerten auf eine Chance zum Überholen. Vor den zwei langsamen Autos krochen noch andere langsame Wagen dahin. Die Straße war nahezu verstopft, und jeder brannte darauf zu überholen. Dean näherte sich mit hundertsiebzig, und er zögerte nicht eine Sekunde. Er überholte die langsamen Autos auf der Brücke, schleuderte und streifte beinahe das linke Brückengeländer, fuhr geradewegs dem herandonnernden Laster entgegen, riss das Steuer scharf nach rechts, entkam gerade noch dem linken Vorderrad des Trucks,
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