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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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seiner angeberischen Wochenenden hatte er hundert Dollar für sie spendiert, und sie glaubte einen reichen Erben gefunden zu haben. Stattdessen war sie in dieser Baracke gelandet und musste in Ermangelung von etwas Besserem dort bleiben. Sie hatte einen Job in San Francisco und musste jeden Tag den Greyhound an der Kreuzung nehmen und in die Stadt fahren. Das vergab sie Remi nie.
    Ich sollte in der Baracke bleiben und eine brillante Story für ein Hollywood-Studio schreiben. Remi wollte das Opus unter den Arm nehmen und mit einem Stratosphären-Clipper runterfliegen und uns alle reich machen; Lee Ann sollte mitkommen; er wollte sie dem Vater eines seiner Freunde vorstellen, der ein berühmter Regisseur und vertrauter Freund von W. C. Fields war. Also blieb ich die erste Woche in der Baracke in Mill City, schrieb wie ein Verrückter an einer düsteren Geschichte über New York, die, wie ich fest glaubte, einen Hollywoodregisseur zufriedenstellen würde. Das Dumme war nur, dass sie zu traurig war. Remi brachte es kaum fertig, sie zu lesen, und so brachte er sie nur, ein paar Wochen später, nach Hollywood. Lee Ann war zu gelangweilt und hasste uns beide zu sehr, um sich die Mühe zu machen, die Geschichte zu lesen. Ich verbrachte endlose verregnete Stunden mit Kaffeetrinken und meiner Kritzelei. Schließlich sagte ich zu Remi, so ginge es nicht, ich brauchte einen Job; sogar um Zigaretten musste ich die beiden anhauen. Ein Schatten der Enttäuschung flog über Remis Stirn – er war immer über die komischsten Sachen enttäuscht. Er hatte ein goldenes Herz.
    Er besorgte mir die gleiche Arbeit, die er hatte, als Wachmann in der Kaserne. Ich brachte die notwendigen Formalitäten hinter mich, und zu meiner Überraschung gaben die Mistkerle mir die Stelle. Ich wurde vom lokalen Polizeichef vereidigt, bekam eine Dienstmarke, einen Knüppel und war jetzt Hilfspolizist. Ich überlegte, was Dean und Carlo und Old Bull Lee wohl dazu sagen würden. Ich musste eine marineblaue Hose tragen, passend zu meiner schwarzen Jacke und meiner Polizistenmütze. Die ersten zwei Wochen musste ich Remis Hose anziehen. Da er sehr groß war und vom Fressen aus lauter Langeweile einen dicken Bauch hatte, machte ich mich flatternd wie Charlie Chaplin auf den Weg zu meiner ersten Arbeitsnacht. Remi gab mir eine Taschenlampe und seine automatische .32er.
    «Wo hast du die Kanone her?», fragte ich.
    «Auf dem Weg zur Küste, letzten Sommer, bin ich in North Platte, Nebraska, aus dem Zug gestiegen, um mir die Beine zu vertreten, und was seh ich da im Schaufenster liegen? Dieses einmalige kleine Schießeisen. Ich habe es mir auf der Stelle gekauft und konnte gerade noch auf den Zug aufspringen.»
    Als ich ihm erzählen wollte, was North Platte für mich bedeutete, wo ich mit den Jungs den Whisky gekauft hatte, schlug er mir auf den Rücken und sagte, ich sei der komischste Vogel der Welt.
    Mit der Taschenlampe meinen Weg suchend, kletterte ich die steilen Südhänge des Canyons hinauf, kam oben an den Highway, wo abends der Verkehr nach Frisco strömte, krabbelte auf der anderen Seite wieder hinunter, stürzte beinahe und kam auf den Grund einer Klamm, wo ein kleines Farmhaus an einem Bach stand und wo nun jeden Abend, den Gott werden ließ, derselbe Hund mich ankläffte. Dann kam ein flotter Marsch auf einer silbrigen staubigen Straße unter den tintenschwarzen Bäumen Kaliforniens – eine Straße wie aus Zorros Rache und eine Straße wie all die Straßen, die man in minderen Wildwestfilmen sieht. Ich nahm immer meine Kanone aus der Tasche und spielte Cowboy im Dunkeln. Danach kletterte ich einen weiteren Hügel hinauf, und da waren die Baracken. Diese Kaserne diente Bauarbeitern, die nach Übersee gingen, als zeitweilige Unterkunft. Die Männer, die dort hausten, waren auf der Durchreise und warteten auf ihr Schiff. Die meisten fuhren nach Okinawa. Und die meisten waren auf der Flucht vor irgendetwas – meistens vor der Polizei. Es waren harte Burschen aus Alabama, gerissene Männer aus New York – alle Sorten, von überall her. Und weil sie genau wussten, wie grausig es sein würde, ein volles Jahr in Okinawa zu schuften, soffen sie. Die Aufgabe der Hilfswachmänner war es, dafür zu sorgen, dass sie nicht die Kasernen auseinandernahmen. Wir hatten unsere Zentrale im Hauptgebäude, nichts als ein Holzverschlag mit durch Sperrholzwände abgeteilten Büros. Dort saßen wir um ein Rollpult herum, schnallten unsere Kanonen ab und gähnten, und

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