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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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Visionen treiben mich noch in den Wahnsinn.» Im Wagen, als wir zu seinem alten Haus zurückfuhren, meinte er: «Die Menschheit wird eines Tages erkennen, dass wir, wie auch immer, tatsächlich in Verbindung mit den Toten und mit der anderen Welt sind; wenn wir nur unseren geistigen Willen gebrauchten, könnten wir heute schon vorhersagen, was in den nächsten hundert Jahren geschehen wird, und Vorkehrungen treffen, um Katastrophen aller Art abzuwenden. Wenn jemand stirbt, macht sein Hirn eine Wandlung durch, von der wir heute noch nichts wissen, die aber eines Tages ganz deutlich werden wird, wenn die Wissenschaftler endlich aufwachen. Heute wollen die Scheißkerle ja nur herausfinden, wie man die Welt in die Luft jagen kann.»
    Wir erzählten auch Jane von der Sache. Sie rümpfte die Nase. «Finde ich Blödsinn.» Sie stand in der Küche und schwang den Besen. Bull ging ins Bad und setzte sich seinen Nachmittagsschuss.
    Auf der Straße spielten Dean und Ed Dunkel Basketball, mit Dodies Ball und einem Eimer, den sie an einen Laternenpfahl genagelt hatten. Ich machte mit. Dann maßen wir unsere sportlichen Kräfte. Dean verblüffte mich restlos. Er ließ Ed und mich eine Eisenstange halten, etwa hüfthoch, und sprang aus dem Stand darüber weg, mit den Händen die Fersen umklammernd. «Los, hebt sie höher.» Wir hoben sie immer höher, bis vor die Brust. Noch immer sprang er mit Leichtigkeit darüber. Dann versuchte er sich im Weitsprung und schaffte gute sechs Meter oder mehr. Dann sprintete ich mit ihm die Straße entlang. Ich laufe hundert Meter in 10.5. Er hängte mich ab wie der Wind. Beim Laufen hatte ich eine irre Vision, ich sah Dean durch sein ganzes Leben laufen, genau so – sein hageres Gesicht dem Leben entgegengereckt, mit den Armen pumpend, Schweiß auf der Stirn, mit zappelnden Beinen wie Groucho Marx, und er schrie: «Ja! Ja, Mann, du läufst nicht schlecht!» Niemand konnte so laufen wie er, das ist die Wahrheit. Dann brachte Bull ein paar Messer heraus und zeigte uns, wie man in einer dunklen Gasse einen Messerstecher entwaffnen kann. Ich zeigte ihm dafür einen guten Trick, der darin besteht, dass man sich vor dem Gegner auf den Rücken wirft, ihn mit den Beinen umklammert und runterreißt und seine Handgelenke mit einem Doppelnelson packt. Er fand das ziemlich gut. Dann führte er uns Jiu-Jitsu vor. Die kleine Dodie rief ihre Mutter auf die Veranda und sagte: «Kuck dir mal die doofen Männer an.» Sie war ein so liebes freches Ding, dass Dean gar nicht die Augen von ihr abwenden konnte.
    «Ah, wartet nur, bis sie erwachsen wird. Ich sehe sie schon mit ihren hübschen Augen durch die Canal Street stolzieren. Aaah! Oooh!» Er pfiff durch die Zähne.
    Wir verlebten einen irren Tag in New Orleans, wo wir mit den Dunkels spazieren gingen. Dean war wie von Sinnen an diesem Tag. Als er die Güterzüge der T & NO-Linie auf dem Rangierbahnhof sah, wollte er mir alles gleichzeitig zeigen. «Du bist ein gelernter Bremser, wenn ich mit dir fertig bin.» Wir drei, Ed und Dean und ich, liefen über die Schienen und sprangen an drei verschiedenen Stellen auf einen fahrenden Zug auf; Marylou und Galatea warteten im Auto. Wir fuhren mit dem Zug eine halbe Meile auf die Piers hinaus und winkten den Weichenstellern und Signalmännern zu. Die beiden zeigten mir, wie man von einem fahrenden Zug abspringt; mit dem hinteren Fuß zuerst landend, lässt man den Zug weiterrollen und setzt den anderen Fuß auf. Sie zeigten mir die Kühlwagen, die Eisbehälter, gut geeignet für eine Fahrt im leeren Zug in Winternächten. «Weißt du noch, was ich dir über meine Fahrt von New Mexico nach L. A. erzählt habe?», rief Dean. «So habe ich mich damals angeklammert …»
    Mit einer Stunde Verspätung kehrten wir zu den Mädchen zurück, und natürlich waren sie sauer. Ed und Galatea hatten vor, sich in New Orleans ein Zimmer zu nehmen und hier zu bleiben und sich Arbeit zu suchen. Das konnte Bull nur recht sein, denn allmählich ging ihm die ganze Clique auf die Nerven. Ursprünglich hatte die Einladung nur mir gegolten. Im Wohnzimmer, wo Dean und Marylou schliefen, war der Fußboden mit Marmelade verschmiert und voller Kaffeeflecken, und überall lagen leere Bennyröhrchen herum. Außerdem war es Bulls Arbeitszimmer, und er konnte sein Regal nicht fertigbauen. Die arme Jane fühlte sich durch Deans hektisches Hin und Her in den Wahnsinn getrieben. Wir warteten nur darauf, dass mein nächster Veteranen-Scheck kam; meine

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