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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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Tante sollte ihn mir nachschicken. Und dann wollten wir drei losfahren, Dean und Marylou und ich. Als der Scheck kam, wurde mir klar, dass ich Bulls wunderbares Haus nur ungern so plötzlich verließ, aber Dean fieberte vor Energie und war bereit.
    Bei einem traurigen Abendrot stiegen wir endlich ins Auto, und Jane, Dodie, der kleine Ray, Bull, Ed und Galatea standen im hohen Gras und lächelten. Das war der Abschied. Im letzten Moment hatten Dean und Bull noch eine Meinungsverschiedenheit. Es ging um Geld; Dean wollte ihn anpumpen. «Kommt nicht in Frage», sagte Bull. Deans schlechter Ruf stammte noch aus den Zeiten in Texas. Er, der Schwindler, hatte sich nach und nach alle zu Feinden gemacht. Jetzt kicherte er manisch und zuckte die Schultern; er fuhr sich über den Hosenlatz, schob den Finger unter Marylous Kleid, leckte ihr Knie und plapperte mit Schaum vor dem Mund: «Schatz, du weißt, und ich weiß, zwischen uns beiden ist alles klar, zumindest jenseits aller abstrakten Definitionen in metaphysischen Begriffen, oder welche Begriffe du auch immer hochhalten oder auf deine liebe Art breitklopfen möchtest …» und so weiter, und – schschscht – sauste der Wagen los, und wir waren wieder unterwegs, nach Kalifornien.

acht
    Was ist das für ein Gefühl, wenn man wegfährt und die Menschen, die man zurücklässt, auf der weiten Ebene immer kleiner werden, bis man sie als winzige Punkte verschwinden sieht? Zu groß ist die Welt, die sich über uns wölbt – das ist Abschied. Vor uns aber lag das nächste verrückte Abenteuer unter dem Himmel.
    Wir glitten durch das schwüle Abendlicht von Algiers und wieder auf die Fähre, hinüber zu den schlammverspritzten und muschelverkrusteten alten Schiffen am andern Ufer, wieder die Canal Street entlang und weiter hinaus, dann auf dem zweispurigen Highway in violetter Dunkelheit nach Baton Rouge und dort mit einem Schlenker nach Westen über den Mississippi bei einer Stadt namens Port Allen. Port Allen – wo der Fluss nur noch Regen und Rosen ist, in einer dunstigen gesprenkelten Dunkelheit, wo wir unter gelben Nebellampen um einen Kreisverkehr schwangen und plötzlich den mächtigen schwarzen Wasserlauf unter der Brücke sahen, während wir wieder einmal die Ewigkeit überquerten. Was ist der Mississippi? Ausgeschwemmte Ackerkrume in der Regennacht, leise platscht es von überhängenden Ufern des Missouri, löst sich auf, schwimmt mit der Strömung im Flussbett der Ewigkeit, mischt sich mit braunem Brandungsschaum, eine Reise durch endlose Täler und Wälder und zwischen Deichen, weiter und immer weiter, an Memphis vorbei, Greenville, Eudora, Vicksburg, Natchez, Port Allen und Port Orleans und Port of the Deltas, vorbei an Potash und Venice und hinaus in den großen nächtlichen Golf und immer weiter.
    Im Radio lief ein Krimi-Hörspiel, und während ich aus dem Fenster schaute und eine Reklametafel sah, die verkündete: NEHMEN SIE COOPERS WANDFARBE, und ich sagte «Okay, mache ich», rollten wir in stockdunkler Nacht über die Ebene von Louisiana, durch Lawtell, Eunice, Kinder und De Quincy, lauter heruntergekommene Kleinstädte im Westen, die den Mangrovensümpfen immer ähnlicher wurden, je näher wir dem Sabine River kamen. Im alten Opelousas ging ich in ein Geschäft, um Brot und Käse zu kaufen, während sich Dean um Benzin und Öl kümmern wollte. Es war nur ein Schuppen; im Hinterzimmer hörte ich die Familie beim Abendbrot. Ich wartete einen Moment; sie unterhielten sich weiter. Ich nahm Brot und Käse und schlüpfte durch die Tür hinaus. Wir hatten kaum Geld genug, um es bis Frisco zu schaffen. Dean klemmte inzwischen in der Tankstelle eine Stange Zigaretten, und so hatten wir Vorräte für die Reise – Benzin, Öl, Zigaretten und etwas zu essen. Krumme Touren, Dean fuhr die pfeilgerade Straße entlang.
    In der Nähe von Starks sahen wir ein mächtiges rotes Glühen am Himmel; wir fragten uns, was es sein mochte; und schon fuhren wir daran vorbei. Ein loderndes Feuer hinter den Bäumen; viele Autos parkten dort am Highway. Vielleicht war’s ein Fisch-Barbecue, vielleicht aber auch etwas ganz anderes. Bei Deweyville wurde die Gegend finster und unheimlich. Jetzt waren wir mitten in den Sümpfen.
    «Kannst du dir vorstellen, Mann, wie es wäre, hier eine Jazzkneipe zu finden, mit großen starken schwarzen Typen, die ihren traurigen Blues auf der Gitarre zupfen und Schlangensaft trinken und uns Zeichen geben?»
    «Ja!»
    Es war geheimnisvoll. Der Wagen

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