Unterweisung im Herrenhaus - Eine Magd fuer Alle
schon alles bedient?“
Sarah schwirrte der Kopf von den
vielen Fragen. Welche sollte sie nun beantworten? Alle? Welches war die Erste
gewesen? Oder doch lieber die Letzte? „Ich war gerade bei dem Gnädigen Herrn
und ich suche die Küche…“ Der Butler knurrte geradezu vor Gereiztheit. „Warum
läufst du so herum? Und ausgerechnet hier! Was, wenn nun gerade jemand Einlass
begehrt? Mach dich fort, du stinkst nach Lust und lüsternem Treiben! So etwas
darf hier nicht sein in meinem Reich! Na los!“ Sarah drehte sich verzweifelt um
ihre Achse. Wohin sollte sie denn nun gehen? Wo war die Küche?
Der Butler schubste sie in Richtung
einer kleinen Treppe, die beinahe hinter der Treppe versteckt war. „Da lang,
dummes Ding! Ach ja, und ich will dich heute Abend punkt zehn Uhr bei mir in
der Kammer sehen! Verstanden?“ Mit einem flüchtigen Knicks und einem
gemurmelten: „Ja, Herr, sicher!“ machte sich Sarah schnell davon. Zehn Uhr?
Woher sollte sie wissen, was das bedeutete? Sie musste dringend jemanden
finden, der sie über die Bräuche hier im Haus aufklärte, und jemanden, der ihr
den Weg erklärte, und dann noch jemanden, der ihr die Zeit erklärte, und wo man
erfuhr, welche Zeit es war, wenn man das Läuten der Kirchturmglocken nicht
hören konnte.
Am Ende des Flurs, der sich hinter
der Treppe erstreckte, erkannte sie die Tür zur Küche. Voller Erleichterung
trat sie ein, nur um erstaunt stehen zu bleiben. Der Koch war nicht da. Auch
sonst waren nur ein Mann und ein Junge zu sehen, die am Tisch standen und dort
Teig kneteten. Es war erstaunlich ruhig, nicht das Kommen und Gehen, das
Klappern von Geschirr und Messern vom Morgen.
Diesmal knickste sie gleich, und bot
ein höfliches „Guten Tag, Meister!“ an. Der Bäcker hob den Kopf und der Junge,
vielleicht sein Lehrling, schielte aus dem Augenwinkel auf sie. Der Bäcker
brummte etwas unverständliches, woraufhin der Junge sofort seinen Kopf senkte
und weiter den Teig zu Brezeln formte, wie Sarah jetzt erkannte. Der Bäcker
beschäftigte sich mit größeren Klumpen, wohl Brotteig, der lange und fest
geknetet werden musste, wie Sarah aus eigener Erfahrung wusste. Dann wandte er
sich ihr zu. „Was willst du?“ „Ich suche den Koch, Meister. Oder irgendjemanden
sonst, der mir helfen kann.“ „Und wobei brauchst du Hilfe?“ „Ich habe noch
keinen Schlafplatz angewiesen bekommen und ich weiß nicht, wo ich mich waschen
kann.“ „Soso, nun ja, von einem Schlafplatz weiß ich nichts, und wo sich die
Dienstmädchen waschen, weiß ich auch nicht. Aber du kannst dich da waschen, wo
wir Dienstboten uns alle waschen - draußen vor den Ställen sind Tröge mit
Wasser. Du kannst dir einen Eimer aus dem Brunnen ziehen, wenn es nicht mehr
frisch genug ist.“ Dabei machte er mit seinem Kopf eine Bewegung zur Linken, so
dass Sarah eine Ahnung von der Richtung hatte, die sie einschlagen musste.
Nun, ihre Brüder hatten sich auch
oft genug draußen gewaschen, vor allem den groben Schmutz von der Feldarbeit.
Sie konnte das auch, sie musste ja nicht gleich baden. Hauptsache, ihre Beine
und alles dazwischen wurden sauber, schließlich hatte sogar der Butler gerochen,
dass sie nicht sauber war.
„Danke, Meister!“ Sarah schlüpfte
schnell aus der Küche nach draußen. Puh, ein Mann, sogar zwei, wenn man den
Begriff Mann weit fasste, und keiner der beiden hatte irgendetwas mit seinem
Stab an oder in ihr machen wollen. Vielleicht hatten sie aber nur gerochen, was
der Butler gerochen hatte und wollten nichts mir ihr zu tun haben, wie ja auch
der Butler es vorzog, sie nicht zu berühren, solange sie so roch. Oh, der
Butler, erinnerte sie an die Zeit! Sie musste gleich nachher fragen, wann denn zehn
Uhr kommen würde.
Sie umrundete die Hausecke und sah
in einiger Entfernung Gebäude, von denen nicht nur der Geruch von Pferden
ausging, sondern auch ein Wiehern an ihr Ohr drang. Sie hatte die Ställe
bereits bei ihrer Vorstellung im Haus aus der Ferne zu sehen bekommen. Sie
waren groß, wie es sich für ein so großes Haus und die Stellung der Bewohner
geziemte. Außer der Haltung von Reit- und Kutschpferden, die immer gebraucht
wurden, meinte sich Sarah auch an Gerede über eine Zucht zu erinnern. Das würde
bedeuten, dass wirklich viele Pferde hier untergebracht waren. Sie würde mit
der Zeit sicherlich alles erfahren, auch die Zahl der Stuten und Hengste im
Stall.
Der Trog befand sich nicht direkt
vor dem Stall, sondern an der Seite. Sarah musste an dem großen Tor
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