Unterwelt
runter aufs Spielfeld kommt, irgendwie mit heiler Haut durchs Gedränge.
Und Cotter hockt unter einem Sitz und kämpft mit jemandem um den Baseball, Hand gegen Hand. Er will ihn fester zu packen bekommen. Er will die Hand seines Rivalen isolieren, damit er ihm den Ball Finger um Finger entwinden kann.
Ein verbissenes kleines Schauspiel aus Händen und Armen, eine kriegerische Prüfung, ein Gerangel nach festen Regeln.
Das eiserne Bein der Sitzbank schneidet ihm in den Rücken. Er hört das inbrünstige Schnaufen seines Rivalen. Beide sind auf einen Vorteil aus, versuchen, ihre Stellung zu sichern.
Der Rivale ist durch den Rücken der Bank blockiert, er hängt kopfüber in der oberen Reihe, hat nur seinen Arm unter den Sitz gesteckt.
Die Leute schauen bewußt nach der Uhrzeit auf dem Zifferblatt oberhalb der narbigen Fassade des Clubhauses, der hohen Zinnen – sie registrieren den Zeitpunkt, als der Ball eingeschlagen ist.
Ein kleiner, verbissener Konflikt aus Fingern und Zentimetern, ein Leben voller Mühe auf Sekunden verdichtet.
Er kriegt seine Hände um den Arm des Rivalen, gleich oberhalb des Handgelenks. Er arbeitet schnell, denkt schnell – dauert es zu lange, ergreift nachher noch einer Partei.
Der Rivale, der Gegner, der Gewegnewer, gedehnte, geschwollene Adern zwischen scheißweißen Knöcheln. Wenn die Leute Partei ergreifen, hat Cotter da noch eine Chance?
Zwei Herzanfälle, nicht einer. Ein zweiter Mann bricht auf dem Spielfeld zusammen, ein gutgekleideter Bursche, der nicht richtiggehend fällt, sondern sich langsam und kontrolliert auf ein Knie sinken läßt, dann auf das andere, dann auf die rechte Hand, und schließlich sackt er schlaff vornüber. Das hält niemand für Übermut. Der Mann ist nicht der Typ, der Hundenummern im Dreck vollführt.
Und Cotters Hände um den Arm des Rivalen, drehen ihn hin und her, bis die Haut brennt – Brennesselgriff heißt das, schon vergessen? Eine Hand wringt in die eine, die andere in die andere Richtung, fest verdrehen, schnell sein.
Der Atem des Rivalen stockt. Der Rivale stockt, um den Schmerz zur Kenntnis zu nehmen. Er jault seine bösen Ahnungen geradezu hervor, und Cotter merkt, wie der Arm zuckt, die Finger sich vom Ball lösen.
Thomson drängt herunter von den Schultern der Männer, die ihn tragen, läßt sich zu Boden fallen, reißt sich von Grapschhänden los – er sieht andere Spieler, die ihn aus den Fenstern des Clubhauses durchdringend beobachten.
Und Cotter hält den Arm des Rivalen mit einer Hand fest, während er mit der anderen nach dem Ball greift. Er sieht, wie er am Stuhlbein vorbeirollt, auf dem unebenen Untergrund herumkullert. Er fängt ihn sozusagen mit den Augen ein und streckt eine Schaufelhand aus.
Der Ball rollt auf einem ganz leicht gekrümmten Kurs ins Freie.
Die Bewegung von Cotters Hand ist so alt wie er selbst. Es ist, als hätte er seit dem Augenblick, da er aus dem Säuglingsdasein hinauskatapultiert wurde, diese Hand nach diesem oder jenem ausgestreckt. All seine Erfahrung ist in den gespreizten Fingern dieser einen gekrümmten Hand enthalten.
Herz, mein Herz.
Die ganze Angelegenheit unter den Sitzen hat nur Sekunden gedauert. Jetzt tritt er den Rückzug an, so schnell er kann – er hat den Ball, er spürt ihn heiß und summend in der Hand.
Ein Gefühl, daß ihm die Leute unwillig aus dem Weg gehen, zur Seite treten, aber nicht besonders schnell, totäugige Trottoir-gesichter.
Der Ball ist feucht von der Hitze und dem Schweiß der Rivalenhand. Cotters Arm hängt schlaff an der Seite herab, und er leert sein Gesicht, angstvoller jetzt als bei dem Sprung über das Drehkreuz, aber fest entschlossen, lässig und unbeteiligt dreinzuschauen, sich über die Lehnen steigend durch die Reihen vorzukämpfen, sich zwischen die Körper zu schieben, über die Sitze zu laufen, wenn es sich gerade ergibt.
Schau mal, die Platzanweiser, die sich gegenseitig an den Handgelenken fassen, um einen bequemen Tragesitz für den Infarktpatienten zu machen, und ihn zur Erste-Hilfe-Station unter der Haupttribüne schleppen.
Ein Blick zurück zu dem Bereich weiter oben, einen Blick gestattet er sich und sieht, wie der Rivale sich aufrappelt. Der Mann fällt auf, mit weißem Hemd und ungeschlacht, und es ist nicht der Student, an den er gedacht hatte, der Bursche in der Unijacke, der dem Ball so nachgejagt war.
Und der Mann fängt seinen Blick auf. Das will Cotter nun gar nicht, das schadet der Sache. Es war ein Fehler,
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