Unterwelt
Ball getomahawkt, hat draufgedroschen, und jetzt klingeln ihm die Ohren, und in seinen Händen und Füßen ist ein betäubendes Kribbeln. Hinter der Second Base steht Robinson, Hände in den Hüften, und achtet drauf, daß Thomson auch jede Base berührt. Man kann fast dabei zusehen, wie der tapfere Jack altert.
Guck mal, wie Durocher wirbelt. Russ hält zum ersten Mal inne, bemerkt erst jetzt die ganze Wucht des Lärms. Leo wirbelt bei der Third Base herum. Der Cheftrainer wirbelt herum, aufrecht und mit weit ausgestreckten Armen – vielleicht eine Form der asketischen Verzückung, wie sie es in den Moscheen Anatoliens machen.
Die Leute achten bewußt auf die genaue Uhrzeit.
Edgar steht mit verschränkten Armen da, ein Auge der Vernunft auf Gleason gerichtet. Ringsherum die fallenden Seiten, es war eine ziemlich dicke Ausgabe – Abführmittel und was gegen Sodbrennen, Damenbinden und Hühneraugenpflaster und Schuppenmittel. Jackie stößt ein Unterwasserbellen aus, laut und rüde, der heisere Ruf eines Säugetiers in Not. Dann ein Aufwallen von Flanell, es sieht aus, als würgte er einen maulwurfsgrauen Schlafanzug hervor. Im Werbejargon würde man den Unrat als weich und flüssig beschreiben, und er platscht freigiebig auf Franks kernige Oxford-Schuhe, die feinen Florstrümpfe und die seidig gewebte Wolle seiner Stadt- und Landhose.
Die Uhr über dem Clubhaus zeigt 3:58 an.
Russ hat sein Gesicht wieder ins Mikro gehängt. Er schreit: »Ich glaub's nicht.« Er schreit: »Ich glaub's nicht.« Er schreit: »Ich glau-be es nicht.«
Sie kommen herunter und drängen sich an den Geländern. Sie kommen von den äußersten Enden des großen strahlenförmigen Stadions, durch die Gänge und zu den Geländern.
Pafko ist inzwischen außer Reichweite des Papiers, trabt aufs Clubhaus zu. Das Papier fällt trotzdem weiter. Waren die ersten Papierwogen eher feindlich und spöttisch und die mittleren eher Ausdruck einer Fan-Gemeinschaft, so hat dieser letzte Schub etwas Mildes, Eigenständiges. Das Papier kommt von überall herunter, Wäschereischeine, geklaute Büroumschläge, zerknüllte Zigarettenschachteln sind dabei und klebrige Verpackungen von Waffeleis, Seiten aus Notizblöcken und Taschenkalendern, sie schmeißen verblaßte Dollarscheine runter, zerrissene Schnappschüsse, geriffelte Papierförmchen von Schokotörtchen, sie zerfetzen Briefe, die sie jahrelang in der Brieftasche herumgetragen haben, die Überreste von Liebesaffären und Studentenfreundschaften, alles glücklicher Müll jetzt, der intime Wunsch der Fans, mit dem Ereignis in Verbindung zu stehen, unaufhörlich, durch Taschenabfälle, Privatmüll, irgendein Ding mit Schattenidentität – Rollen von Toilettenpapier, die sich in poetischen Schlangen ergießen.
Sie haben sich am Maschendraht hinter der Home Plate versammelt, in das enge Geflecht verkrallt.
Russ schreit immer noch, er ist noch nicht leergeschrien, was er da hat, findet er, ist es wert, wiederholt zu werden.
Sagt: »Bobby Thomson hat einen Line Drive in die untere Tribüne am linken Außenfeld geschlagen, und alle drehen hier durch.«
Als nächstes merkt Cotter, wie er in den Gang schlüpft. Alles ist überfüllt, alles ist erregt, und er muß sich Reihe um Reihe mit Ellbogen und Schultern durchstemmen. Keiner scheint es groß zu bemerken. Der Ball ist da hinten in einem riesigen Haufen von Hemden und Jacken. Das Spiel liegt weit hinter Cotter. Soll die Menge damit machen, was sie will. Er ist jetzt hinter dem Baseball her, und er hat keine Zeit, sich zu fragen warum. Sie haben den Ball in die Tribüne geschlagen, los, geh und hol ihn. Es ist der Ball, mit dem sie spielen, das Ding, das sie reiben und knuffen und vollschwitzen. Cotter geht den Gang hoch, zwischen tausend klopfenden Herzen hindurch. Er drängelt und haut um sich. Er sieht Leute, die sich wie wild runterbeugen, als wären sie beim Apfelfangen in Indiana, bloß ein bißchen rabiater. Dann ist der Ball plötzlich draußen, einer setzt ihm nach, das Leittier der Meute, ein junger Bursche mit hektischen Kraulbewegungen, die Leute greifen nach ihm, versuchen, seine Jacke zu erwischen, eine Faustvoll Hosenboden. Er hat drahtiges rötliches Haar und trägt eine Collegejacke – na, diese Sportjacken, wo die Ärmel in einer Farbe sind und wie Leder aussehen, und der Rumpf, wahrscheinlich aus Wolle, hat eine dunklere Farbe, und das Ganze in den Farben der College-Mannschaft.
Cotter stellt ein paar Überlegungen an und drängelt
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