Unterwelt
war. Er hatte nicht gewußt, daß Maxine tot war, und sah sich deshalb gezwungen, auch die Sekretärin zu feuern, die für das Durcheinander verantwortlich war.
Charlie sagte ins Telefon: »Wenn Sie möchten, daß wir die Präsentation hier machen, dann bestell ich Ihnen einen Tisch im Four Seasons, Dwayne, und Sie können mit meiner englischen Sekretärin füßeln. Oder ich schleppe die Layouts zu Ihnen nach Omaha raus. Ach ja, Zeitverschwendung ist schon klasse, stimmt's – nein, ehrlich, was machen Sie eigentlich sonntags, Dwayne? Gehen Sie in den Park und schauen sich die Bürgerkriegs-Kanone an?«
Den Satz hatte er von einer Lenny-Bruce-LP geklaut, aber Charlie fand, er brauche die Quelle nicht anzugeben. Er mochte Dwayne Sturmer, das war ein anständiger Bursche für einen Werbeleiter. Der Etat war ziemlich solide, die Rasendüngerabteilung eines riesigen Chemiekonzerns. Die kreativen Jungs hier im Laden wollten eine »Bombardieren Sie Ihren Rasen«-Kampagne starten. Kleiner Scherz über die Tatsache, daß die Bestandteile dieses Düngers zusammen mit Schmieröl für eine ziemliche Lärmbelästigung sorgen konnten, wenn sie angezündet wurden.
Ein junger Texter, Swayze, steckte den Kopf durch die Tür.
»Hatte gestern ein Rendezvous mit einem schwedischen Mannequin.«
Charlie grinste und wartete. Der Junge machte eine effekthascherische Pause.
»Als ich ihr an die Volvo ging, hat sie gesaabt.«
Charlie war derjenige, der die »Bombardieren Sie Ihren Rasen«-Kampagne auf dem Gewissen hatte, der sie noch im Hause gestoppt hatte. Die kreativen Jungs hatten George Metesky als Werbeträger einsetzen wollen. Das war ein derart selbstmörderischer Ansatz, daß Charlie ihn fast schon wieder liebenswert fand. George Metesky war der Irre Bombenleger der vierziger und fünfziger Jahre, berühmt dafür, daß er an einigen New Yorker Wahrzeichen Bomben gezündet hatte. Sie wollten ihn im Staatsgefängnis oder in der Klapse auftreiben und die ganze Kampagne um seine einstigen, sagenumwobenen Taten und seine Überzeugtheit von dem Produkt ranken.
Bombardieren Sie Ihren Rasen mit Nitrotex.
In der Werbebranche wurden alle immer jünger, und Charlie war sechsundvierzig. Es fehlte nicht mehr viel, und man würde ihn mit seinen handgemachten englischen Schuhen und seiner Armbanduhr von Patek Philippe auf eine Eisscholle setzen. Er hatte immer noch solide Etats und ein sonnenhelles Eckbüro mit einem Knautschledersofa. Drucke mit Hindernisrennen und jungen Lords im Gehrock, die neben Windhunden einherritten. Eine bemalte Seetruhe, die er in einem Londoner Geschäft entdeckt hatte. Und dann das Objekt, das verriet, wie bodenständig er im Grunde war – eine Art Baseballschrein, drei volksnahe Erinnerungsstücke, die am äußersten Ende des Raums beisammenlagen.
Zunächst eine Lithographie, begrenzte Auflage zum zehnten Jahrestag, mit dem Titel »Der Schuß, der rund um die Welt zu hören war«. Dazu gehörten Fotos von den Polo Grounds, Ralph Branca beim Wurf, Bobby Thomson beim Schwingen des Schlägers, Thomsons Mannschaftskameraden, die wie bei einer Conga aufgereiht an der Home Plate standen, um ihn zu feiern.
Zweitens ein Foto von Thomson und Branca mit Dwight D. Eisenhower auf einem Golfplatz, alle drei haben einen Driver in der Hand, und ein paar Geheimdienstleute werfen Schatten auf die Bildränder – Charlies Frau hatte das Stück in einem Trödelladen in Vermont entdeckt.
Und drittens ein verschrammter Baseball, der auf dem Rand eines Kaffeebechers auf dem Bücherschrank thronte – den Ball hatte er einem Kerl abgekauft, der behauptete, dies sei genau der Ball, den Branca geworfen und Thomson so heldenhaft geschlagen habe.
Seine Sekretärin kam herein, Sandy, in einem Mondrian-Kleid und weißen Schuhen.
»Dwayne, meine Sekretärin kommt gerade herein. Sie trägt weiße Schuhe. Sie ist Fußfetischistin und möchte Sie wahnsinnig gern kennenlernen.«
Es machte ihm Spaß, Dwayne aufzuziehen, der ein äußerst scheuer Junggeselle war, ein mächtiger, fleischfarbener Mann mit pyjamagestreiften, bügelfreien Anzügen und Schuhen wie chinesischen Kanonenbooten.
Sandy ließ einige Zwischenberichte in seinen Eingangskorb fallen. Er hörte Dwayne zu, der über Mediadaten und Kosten-pro-Tausend redete. Sandy spazierte aus dem Büro hinaus, und er sah ihr nach, wie sie hämisch den Hintern schwang, der mit gelben Parallelogrammen bedruckt war.
Sie hatten George Metesky mit Perücke, Schnurrbart und Brille
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