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Unterwelt

Unterwelt

Titel: Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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rechte Zeichen, und Charlie wirkt begeistert.
    Aber nicht bloß Lebensunterschiede. Vollkommen anderes Denken und Handeln. Und Manx weiß nicht recht, ob sie darüber traurig sein sollen. Er ist bereit, alles Nötige zu tun.
    »Auf was für Plätze sind Sie aus ?«
    »Billige. Reservierte fände ich ganz toll, aber die sind schon lange weg. Alles ist weg, außer den billigen und den Stehplätzen, und Chuckie würde es mir nie verzeihen, wenn ich ihn dazu zwingen würde, ein ganzes Spiel im Stehen anzugucken, das weiß ich.«
    »Nachdem er eine Nacht auf dem Bürgersteig geschlafen hat? Ist ihm auch kaum zu verdenken.«
    Charlie grinst wieder und verpaßt Manx einen launischen Klaps auf die Kniescheibe. Dann gibt er Manx den Ball, aber nur, weil er was aus seinem Mantel holt. Wie sich herausstellt, ist es ein Flachmann, ein süßes kleines silbriges Ding mit einem Deckel am Kettchen, wie diese Feldflaschen von der Army, nur flach, klein, teuer, leicht einzustecken, hebt die Laune an einem Durchhängetag.
    »Ja was haben wir denn da?« sagt Manx. »Einmal dürfen Sie raten.«
    »Zum Beispiel Orangensaft.«
    »Zu früh fürs Frühstück.«
    »Zum Beispiel aromatischen Tee aus dem alten Indien.«
    »Zu spät für den Nachmittagstee.«
    Die zwei amüsieren sich ziemlich gut, der eine mit dem Hintern an der Wand, der andere in der Würfelspieler-Hocke, und der Knubbel im Flanellsack mucksmäuschenstill, entweder schmollsteif oder schlafsteif.
    Charlie sagt: »Nach Ihnen«, er reicht Manx den Flachmann, und Manx wirft ihm den Ball wieder zu, und dieser kleine, hingehuschte Austausch hat etwas seltsam Tiefgründiges, er ist wie ein Zeichen, ein Abkommen, das vollkommen außerhalb der angebahnten Transaktion steht, und hebt Manx' Stimmung noch ein bißchen.
    Er schraubt den Deckel ab und läßt ihn baumeln und prüft mit einem Kennerschnüffeln, was die Pulle so zu bieten hat.
    »Würde sagen, das versteht man unter einem geistigen Getränk.«
    »Irischer Whiskey«, sagt Charlie.
    »Für die Iren ha'm w'r doch was übrig, oder?«
    »Viele unvergeßliche Leistungen«, sagt Charlie.
    »Gut gesagt, mein Bester.«
    Sie grinsen komplizenhaft. Manx hebt den Flachmann und wirft den Kopf nach hinten und kippt sich einen nicht allzu großen Schluck hinter die Binde, aus Höflichkeit, und gibt Charles das Ding zurück.
    Er nennt ihn jetzt Charles, aus gesellschaftlichen Gründen, Gentleman-Trinker im Club.
    Und er wartet darauf, daß Charles trinkt. Ein Augenblick beißender Wahrheit. Manx hat das Fläschchen zum Mund geführt, und nun wartet er darauf, daß Charles dasselbe tut.
    Ein Moment kurzer, tiefer und wissender Spannung.
    Wischt nicht mal den Rand ab. Hält einfach den Flachmann an den Mund und trinkt, einen zu kräftigen Schluck, er taucht keuchend, mit tränenden Augen wieder auf, aber auch glücklich. Beide Männer sind glücklich, genießen es königlich.
    »In den falschen Hals gekriegt«, sagt Charlie, zwingt die Wörter hervor.
    »Kann den Besten passieren.«
    »Betriebsunfall«, sagt der keuchende Mann.
    Reicht den Flachmann zurück. Manx nimmt einen Goldrauschschluck und spürt die Wirkung heftig, o ja, als ihm der Ire ein paar entscheidende Kanäle in Kopf und Brust durchlüftet.
    Sie lassen eine Zeitlang den Flachmann hin und her gehen.
    »Eins von meinen ist ein Mädchen«, sagt Manx. »Rosie. Beste Tochter überhaupt, die Sie finden können.«
    »Wie alt?«
    »Wie alt«, sagt er.
    Er spürt, wie sein Blick verrutscht.
    »Vielleicht doppelt so alt wie Ihrer. Is doch acht, oder? Mensch, acht zu sein.«
    Sie lassen den Flachmann hin und her gehen.
    »Ich will ganz ehrlich sein«, sagt Charlie. »Sie waren ehrlich zu mir. Da ist es das Mindeste, wenn ich Ihnen sage, was ich denke.«
    Überall in der Schlange liegen Leute, schlafend oder dösig wartend, zusammengekauert, ohne Gesprächsstoff mittlerweile, die Köpfe gesenkt, ein paar Zigaretten glühen, die meisten schlafen in Decken oder dicken Parkas oder sind einfach eingenickt, mit Knitteraugen, ein Husten, ein Stöhnen, ein Radio mit Latinomusik, aber nicht zu laut, und sie schrecken auf und nicken ein, und ein Polizist zu Pferd drüben bei der Absperrung, und Manx verändert leicht seine Haltung, um die Stille des großen braunen Tieres zu beobachten, totenstill steht es da, nicht wie reglose Menschen oder Hunde, was das betrifft, oder Fische im Glas, und nicht friedlich oder ungerührt, sondern unbeweglich auf ganz eigene Weise, groß und stark, mit glänzenden

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