Unterwelt
alle okkulten Verbindungen auf, die zur Dreizehn zu führen schienen. Ich wünschte, ich könnte mich daran erinnern. Ein Zeichen weiß ich noch. Das Datum des Spiels. Der dritte Oktober – drei-zehn. Wenn man Monat und Tag addiert, kommt man auf dreizehn.«
»Und Brancas Nummer«, sagte Sims.
»Ja, genau. Branca war die Dreizehn.«
»Es hieß damals ›Der Schuß, der rund um die Welt zu hören war‹«, erklärte Sims. »Eine Spur amerikanische Großtuerei?«
»Na und, was soll's«, sagte Sims.
Glassic musterte mich eigenartig, beinahe zärtlich, so wie jemand einen Freund betrachtet, der zu dumm ist, um zu merken, daß er gleich bloßgestellt wird.
»Erzähl ihnen von dem Baseball«, sagte Glassic.
Er langte quer über den Tisch und nahm sich von Sims' Teller.
Angeblich war Glassic mein Kumpel. Ich kannte Sims und Glassic schon lange, und Glassic, der sommersprossige Freistil-Brian, ein Mann mit schlaksigem Charme, war derjenige, mit dem ich reden konnte, wenn ich überhaupt über etwas redete. Ich unterhielt mich auch mit Big Sims, aber vielleicht fiel es mir mit Glassic leichter, weil er mir nicht die eigenen Erfahrungen entgegenhielt, er kniff nicht die Augen zusammen wie Sims und nagelte mich nicht mit dem Blick fest.
»Wechseln wir das Thema«, sagte ich zu ihm.
»Nein. Ich will, daß du darüber redest. Das bist du Sims schuldig. Es ist sträflich, daß er nichts davon weiß. Er ist der einzige hier, der das Spiel noch liebt.« Glassic wandte sich der Engländerin zu. »Wenn überhaupt, dann gehe ich zu einem Spiel, um es nicht restlos aufzugeben. Wer Baseball aufgibt, verspielt das Paradies. Nick hat es schon verspielt. Nur Sims hält noch durch, voll und ganz und elendiglich. Wir hatten die echten Dodgers und Giants . J etzt haben wir die Hologramme.«
Farish fragte: »Was für ein Baseball?«
Sims schaute mich an. Er hatte aufgegessen und holte eine Zigarre aus dem Röhrchen, eine einfache Übung, die er mit einer minutiösen Zeremonie umgab.
Glassic warf mir einen abschließenden, schmelzenden Blick zu und wandte sich Sims zu.
»Nick besitzt den Baseball. Den von Bobby Thomsons Home Run. Das tatsächliche Objekt.«
Sims ließ sich Zeit beim Anzünden der Zigarre.
»Kein Mensch besitzt den Ball.«
»Irgend jemand muß ihn besitzen.«
»Über den Ball ist nichts bekannt«, sagte Sims. »Der wurde vor Jahrzehnten weggeworfen. Sonst wüßte man davon.«
»Simeon, hör zu, bevor du urteilst. Erstens«, sagte Glassic, »habe ich einen Händler aufgetrieben, als ich vor ein paar Jahren mal wieder an der Ostküste war. Dieser Typ hat mich davon überzeugt, daß der Baseball in seinem Besitz, der Ball von Thomsons Home Run, wie er behauptete, wirklich authentisch war.«
»Kein Mensch hat den Ball«, wiederholte Sims. »Der Ball ist niemals aufgetaucht. Ganz gleich, wer ihn je hatte, er ist nie zum Vorschein gekommen. Das gehört ja zu der ganzen – tja, zu was denn? Zu der Mythologie dieses Spiels. Kein Mensch hat sich je gemeldet und glaubwürdig Anspruch darauf erhoben, diesen Ball zu besitzen. Oder vielmehr, ein Dutzend Leute sind aufgetaucht, jeder mit einem Ball, was auf dasselbe hinausläuft.«
»Zweitens hat mir der Händler erzählt, daß er den Baseball fast lückenlos bis zum 3. Oktober 1951 zurückverfolgen konnte. Das war kein Typ, der bei Baseballauktionen aufkreuzt und sich nach Schnäppchen umschaut. Wir haben es hier mit pathologischer Besessenheit zu tun. Der meint es ernst. Und er hat mich mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9% davon überzeugt, daß dies der richtige Ball ist. Und dann hat er Nick überzeugt. Und Nick hat gefragt, wieviel. Und sie haben sich schließlich geeinigt.«
»Du bist reingelegt worden«, erklärte mir Sims.
Ich beobachtete den Shortstop der Dodgers, der einen Groundball aufnahm und weit an der First Base vorbei warf.
Glassic sagte: »Der Typ hat viele Jahre damit verbracht, dem Ding auf die Spur zu kommen. Er hat wahrscheinlich mehr Geld für Telefonate, Porto und Reisekosten ausgegeben, ich übertreibe jetzt, als Nick für den Baseball bezahlt hat.«
Sims hatte ein verächtliches Lächeln aufgesetzt, voller Hohn, und es wurde sekündlich gemeiner.
»Das Ganze ist faul«, erklärte er mir. »Angenommen, das war wirklich der echte Ball, dann wäre er doch unbezahlbar gewesen.«
»Ich kann dir die Gründe dafür aufzählen, warum er es nicht war«, sagte Glassic. »Erstens konnte der Händler die Echtheit nicht absolut zweifelsfrei
Weitere Kostenlose Bücher