Unterwelt
übertreiben.«
»Tapezierer. Einer war eine Frau, sagt sie.«
»Ich bin diese beschissene Erkältung immer noch nicht ganz los. Warum eigentlich?« sagte ich.
Sie blätterte um.
»Warum eigentlich?« sagte ich.
»Nimm ein paar von den Antihistaminen, die du da hast. Sind schwer zu kriegen.«
»Die Tabletten.«
»Die Kapsetten.«
»Du bist total aufgedreht. Ich spüre die Energie.«
»Ich bin nicht aufgedreht. Ich bin müde. Mein Kopf schon eher. Schlaf kannst du vergessen, sagt er mir.«
Ich hatte den Jacquard in Cognac genommen und nicht in Elfenbein, weil das Muster gut zu unseren Teppichen paßte.
»Ich hab ihn in diesem orangen Transporter gesehen, den er fährt. Den Untersetzten. Letztesmal habe ich den Duschkopf allein drangemacht, aber diesmal hat nichts gepaßt.«
»Weil sich das ganze Universum ausdehnt. Bei warmem Wetter dehnt es sich aus. Erinner mich dran, daß wir ein paar Sechzig-Watt-Birnen brauchen.«
»Ich bin rechts rangefahren, und er sagte, er könnte in einer Stunde hier sein, und er ist absolut pünktlich erschienen und hat das Ding in genau zehn Minuten drangemacht, und das war's dann.«
Sie blätterte um, und dann noch einmal. Sie hatte so eine Art, grimmig zu klingen, wenn sie eigentlich Befriedigung und Genugtuung ausdrücken wollte – daß sie eine Aufgabe zu Ende gebracht oder eine Geschichte mit einer Moral erzählt hatte.
»Hast du ihr gesagt, sie soll spachteln?«
»Sie haben das Kinderzimmer zuerst gemacht.«
»Das kriegt Dex nämlich nicht alleine hin. Ich kann nur hoffen, sie haben gespachtelt.«
»Nimm die Zwölf-Stunden-Antihistamine. Die Vier-Stunden-Dinger machen schläfrig.«
»Was hast du gegen schläfrig? Erinner mich dran, wir brauchen Glühbirnen für die Speisekammer.«
»Sag mir doch seinen Namen. Der Untersetzte ist doch der, dessen Vater, oder?«
»Konnte erst von vier, fünf Polizisten überwältigt werden.«
»Der Untersetzte.«
»Kannst du nicht fett sagen? Sag doch fett. Er ist unglaublich fett«, sagte ich. »Er hat Fettwülste, stimmt.«
»Vielleicht sitzt die Birne locker. Erinner mich dran, daß ich die Birne festschraube. Zu früh für Moskau.« Sie blätterte um. »Ist es ein Knoten?« fragte ich.
»Was? Nein, das Wort würde ich nicht benutzen. Nein, es ist eine Reizung.«
»Vielleicht liegt es am Östrogen.«
»Nein nein nein nein nein.«
»Ruf Williamson an«, sagte ich.
Ich drehte mich auf meine Seite um und hörte ein Flugzeug im Landeanflug, ein Spätflug von irgendwoher.
»Acht Stunden tief schlafen, das könnte ich brauchen.«
»Stimmt übrigens. Du hast ein Paar ordentliche Schuhe, und die müssen zum Schuster.«
»Ich hätte beinah Schuhe in Italien gekauft. Ich hätte beinah Schuhe in Italien gekauft.«
Sie blätterte um.
»Wie heißt dieses Zeug, von dem ich deiner Mutter sagen wollte, daß sie es benutzen soll?«
»Warte mal, ich weiß.«
»Es liegt mir auf der Zunge«, sagte sie. »Warte mal, ich weiß.«
»Du weißt doch, welches Zeug ich meine.«
»Das zum Schlafen oder für Verdauungsstörungen?«
»Es liegt mir auf der Zunge.«
»Warte mal, warte mal, ich weiß.«
Etwa drei Stunden später saß ich im Armsessel in einer Ecke des Schlafzimmers, mir war klamm, ich fröstelte und hatte kalten Schweiß auf dem Rücken, im Nacken, unter den Armen. Ich war schwer atmend und verkatert aus einem Traum erwacht, hastig schnaufend – so seltsam und laut und schnell, daß ich davon aufwachte oder von irgendwas anderem.
Ich hatte den Baseball in der Hand. Normalerweise lag er im Bücherregal, in einen Winkel zwischen aufrecht und schräg stehende Bücher geklemmt, unter einem Bücherdach verstaut, kein Brimborium. Doch jetzt hielt ich ihn in der Hand. Man muß wissen, wie sich ein Baseball in der Hand anfühlt, einige Zeit zurückgehen und viele Dinge miteinander verknüpfen, bevor man begreifen kann, warum ein Mann um vier Uhr morgens in einem Sessel sitzt und einen solchen Gegenstand festhält, umklammert – wie er so beruhigend in die Hand paßt, wie der Korkkern ihn in der Hand federn läßt, und die rauhen Stellen an einem alten Ball, die narbige Haut, wie ein ruheloser Daumen gern an dem verschrammten Pferdeleder herumfummelt. Man quetscht einen Baseball zusammen. Man preßt ihn, als wäre Saft darin, oder melkt ihn irgendwie. Der Widerstand des dichten Materials macht Lust, fester zu drücken. Es gibt ein Gleichgewicht, eine angenehme animalische Spannung zwischen dem harten Ledergegenstand und der quasi
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