Unterwelt
er an das Spiel. Es überrollt ihn mit einer großen warmen Welle zufriedenen Schlafs. Das Spiel war verloren, und dann haben sie gewonnen. Das Spiel konnte nicht mehr gewonnen werden, aber dann haben sie doch noch gewonnen, und nun ist es ein Sieg für immer. Den kann ihnen keiner nehmen. Am Morgen wird er als erstes daran denken, und obwohl er gerade erst einschläft, erlebt ein Teil von ihm das schon, wacht auf und denkt an das Spiel.
Manx Martin steht am Kühlschrank. Er schaut hinein, sieht den falschen Hasen. Sie hat ihm etwas vom falschen Hasen aufgehoben, das Essen liegt auf einem Teller wie die Henkersmahlzeit für den Gefangenen X. Er nimmt den Teller heraus und setzt sich an den Tisch, ißt langsam. Seine Gedanken ringen mit diesem und jenem. Er sieht das Essen auf dem Teller und muß sich wieder daran erinnern, wozu es da ist.
Als er fertig ist, stellt er den Teller in die Spüle, dann beschließt er, ihn abzuwaschen und abzutrocknen, was er sorgfältig ausführt, Besteck inklusive. Er weiß, daß er den tropfenden Hahn reparieren müßte, aber das können wir ja auf einen anderen Tag verschieben, wenn ein Augenblick Zeit ist. Er stellt den Teller in den Schrank, flüsterleise.
Ivie kommt herein und schaut ihn nicht an. Sie hat eine Art, ihn nicht anzuschauen, die müßte mal wissenschaftlich untersucht werden. Gut kann sie das, ihren Blick durch den ganzen Raum schweifen lassen und ihn dabei völlig auslassen – das sollte die Wissenschaft zu militärischen Zwecken erforschen.
Sie sagt: »Du hast mit ihm geredet.«
»Und wen geht's was an?«
»Wozu?« fragt sie.
»Brauch kein Wozu.«
»Furchtbar lange geredet«, sagt sie.
»Er ist mein Sohn. Wen geht's was an?«
»Mich! Laß ihn ihn Ruhe«, sagt sie. »Das will er nämlich. Seine Ruhe, damit er ohne deine Ratschläge erwachsen werden kann. Das will er nur nicht selber sagen.«
»Das möchte ich von ihm hören.«
»Du hörst es von mir«, sagt sie.
Sie bewegt sich geschäftig durch die Küche.
»Ich muß morgen zeitig los«, sagt sie. »Sie haben einen Eilauftrag reingekriegt, gezahlt wird das Anderthalbfache.«
Im Schlafzimmer läuft leise das Radio.
»Also warne ich dich lieber gleich. Der Wecker klingelt lange vor sechs.«
»Vor sechs«, sagt er und guckt auf seine Armbanduhr, die kaputt ist, und selbst wenn, was soll's, und er sagt das mit einer weltfremden Stimme.
Sie läuft in Bademantel und Hausschuhen durch die Küche wie eine Schlafwandlerin, als würde sie im Schlaf wandeln und im Schlaf reden, für ihn hat sie nicht den geringsten Blick übrig. Aber weltfremd ist sie nicht. Er schon. Er driftet außer Reichweite von allem, der Morgenkälte, seiner arbeitenden Frau, dem schrillen Wecker, der sich jetzt schon, während Manx noch in der Küche steht, darauf freut, ihn in seinem spärlichen Schlaf zu überfallen.
Sie findet die Tabletten, die sie sucht, und geht wieder durch den Flur. Er steht da und wartet. Er macht die Deckenlampe aus und steht im trüben Schummerlicht der Lampe in der Ecke.
Eine Viertelstunde lang steht er so da. Sein Leben lang hat er versucht, sich in eine Sache hineinzudenken und die geistigen Verwicklungen auf die Reihe zu bekommen.
So. Er geht zu Cotters Zimmer und stellt sich in die Tür. Schaut ins Zimmer hinein, gewöhnt sich an die Dunkelheit. Der Junge schläft tief und fest. Manx tritt ins Zimmer und sieht den Baseball fast sofort. Er thront offen auf dem unbenutzten Bett. Das haut ihn jedes Mal wieder um. Sie kommen an etwas Wertvolles und machen sich nicht mal die Mühe, es zu verstecken. Vertrauen darauf, daß die gute Fee ihre Schätze behütet. Wie oft hat er es ihnen schon gesagt? Achtet auf das, was euch gehört. Denn ihr müßt euch genauso schnell verteidigen können, wie die Dinge sich verändern.
Er versucht, sich daran zu erinnern, welcher Sohn in welchem Bett geschlafen hat, als Cotter noch klein war und ganz oben lag. Sie sind so verdammt schnell gekommen und gegangen.
Er steht in dem dunklen Zimmer. Er diskutiert es mit sich aus, ob er's tun soll oder nicht. Dann tut er es. Er nimmt den Baseball. Er tut es, bevor der innere Widerstreit beendet ist. Er tut es, um ihn zu beenden. Er nimmt den Ball und geht leise durch die Küche bis zur Tür. Der Ball paßt hübsch und leicht in die geräumige Tasche seiner Windjacke, der Windjacke seines ältesten Sohnes. Er öffnet die Tür, verzieht sein Gesicht bei dem Quietschen. Müssen die Angeln mal ölen, wenn wir einen klaren Kopf haben
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