Untitled
hüllen würde, als sie jemals hätten, wenn sie genau wüssten, was man enthüllen wird. Man hat Angst vor Dingen, die man nicht weiß.«
»Ach ja?« sagte ich und trank den letzten Schluck Cognac in meinem Glas. Das Zeug stieg einem zu Kopf.
»Wie bei dem Ding mit dem Rauch. Jemand will dich glau ben machen, dass dir etwas zustoßen wird.«
»Maria hat sich das Bein gebrochen«, erinnerte ich ihn.
»Da ist sie vielleicht noch ganz glimpflich davongekom men.« Er setzte sein Glas ab. Sein Gesicht war grimmig. »Ich weiß, ich habe es schon ein paarmal gesagt, Miss G., aber ich hätte ein wesentlich besseres Gefühl, wenn ihr alle aus ziehen würdet, in aller Stille, bis wir diesen Mord aufgeklärt haben.«
Ich zwinkerte ihm zu. Wie oft war ich schon aus Angst da vongelaufen? Viel zu oft. Der Teil meines Lebens, in dem ich davonlief, war vorüber, ich würde nicht von der Stelle weichen.
Schulz rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Ich schenkte uns noch et was Cognac nach und hatte den unbe haglichen Gedanken, wenn wir uns tatsächlich betränken, würden wir nicht einmal merken, wenn jemand wieder einen Stein durchs Fenster warf oder jeden Kamin in der Nachba r schaft ver stopfte.
Ich trank und sah auf die Uhr. Zehn. Das seltsame Ge fühl, mit Schulz allein im Haus zu sein, machte mich hell wach, obwohl ich gewöhnlich nach einem Auftrag am Abend völlig erschöpft war. Meine Gedanken gingen zurück zu den Marenskys und den Dawsons, zu Brad Marensky, der mürrisch und schweigsam g e wesen war, und zu Macguire Perkins’ Verlegenheit, als man ihm gesagt hatte, er solle den Mund halten. Als unsere kleinen Gläser wieder leer waren, stand Schulz auf und ging ins Wohnzimmer. Ich ging ihm nach. Das Zimmer roch noch entfernt nach Rauch, und die blassgelben Wände hatten die Farbe gerö steter Marshmallows. Ich musste das bald renovieren lassen.
Schulz begann den Kamin zu inspizieren.
»Irgendeine Ahnung? Hast du irgend etwas auf dem Dach g e hört?« »Keine Ahnung, keine seltsamen Geräusche. Meine Theorie ist, dass es derselbe war, der das mit dem Stein und mit der Schlange gemacht hat. Ich wünschte, ich wüsste, wer so stinksauer auf mich ist. Ein Schlichtungsverfahren wäre billiger als die Glaserarbeiten und die Renovierung.«
»Jemand, der stark ist, ein Sportler«, überlegte Schulz. »Die ei n zige Gemeinsamkeit, die zwischen all diesen Din gen besteht, ist die Tatsache, dass sie eine Drohung an Arch darstellen. Ihm Angst einjagen, während er allein zu Hause ist, etwas in seinen Spind tun, das Haus verräuchern, während er mit dir und Julian hier ist … aber das war eigentlich nicht geplant, oder?«
»Dass sie zu Hause waren? Nein, er ist auf der vereisten Treppe gefallen, Vorspiel zu Marias Beinbruch. Vielleicht war das für mich bestimmt«, meinte ich trocken und dachte an den Vorfall mit der Spinne.
»Wer ist wütend auf dich? Oder auf Arch?« Er sah mich prüfend an, nahm sanft meine Hand und drehte mich zu sich wie ein Jitte r bug-Tänzer in Zeitlupe.
»Ich weiß es nicht«, flüsterte ich an seiner Brust. Er war warm; der saubere Geruch nach Rasierwasser lag auf seiner Haut. Ich machte mich los. Um seine dunklen Pupillen lag nur ein schmaler, hellgrüner Ring.
»All das Gerede über Feuer und Flammen …«, sagte ich mit u n sicherem Lächeln.
Auf Zehenspitzen gingen wir hinauf in den ersten Stock. Der Cognac, die Lust und das behagliche Gefühl, Schulz bei mir zu haben, durchflossen mich wie eine jener uner wartet warmen Strömungen, die man im Meer gelegentlich findet. In meinem Zimmer stand er im Dunkeln neben mir, während wir uns die leuchtenden Kürbislaternen in der Nachbarschaft ansahen. Er streichelte mir über den Rücken und küsste mein Ohr. Ich stellte meinen Wecker auf vier Uhr und schlüpfte aus den Kleidern. Wir lachten beide, als wir ins Bett hüpften. Es war gut, dass Schulz immer Kon dome benutzte. Seit wir miteinander schliefen, hatte ich ganz vergessen, was das Wort Vorsicht bedeutete.
Als er mich zwischen den kühlen Laken an sich zog, brachten seine großen, rauen Hände meine Nerven in nerlich und äußerlich zur Ruhe. Bei seinen Küssen löste sich ein Knoten in meinem Kopf. Nicht lange, und ich hatte nicht nur jede Vorsicht aufgegeben, sondern auch alle son stigen Sorgen vergessen, die in meinem Kopf herum schwirrten.
Nachdem wir uns geliebt hatten, ging Schulz hinunter.
Als er zurückkam, sagte er:
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