Untitled
königlich -russischen Marenskys sagen können, da bin ich mir sicher.«
Stan Marensky grunzte angewidert. Er ballte die Fäuste.
Ich hatte beschlossen, mich nicht einzumischen, natür lich nicht, aber vielleicht konnte ich uns ja aus dieser Mi sere herausholen.
»Bitte, Leute«, sagte ich liebenswürdig und schwenkte die Biscotti unter ihren Nasen – ich glaube stark an die Frieden stiftende Wirkung guten Essens. »Die jungen Leute be kommen doch einen völlig fälschen Eindruck von der Be deutung des Colleges, wenn Sie nicht aufhören zu streiten. Sie gehören beide zu den Gewinnern. Ich meine, denken Sie doch nur an die Zeit, als die Broncos …«
»Wer hat Sie denn gefragt?« bellte Hank Dawson, als hätte ich ihn unerwartet betrogen. Er war eindeutig nicht in Stim mung für Bronco-Gespräche. Na also! Ich spielte hier nur den Schiedsrichter. Ich eilte davon, um die Platte abzuset zen. Audrey und ich mussten das Büfett richten, Streit hin, Streit her.
Bei meinen Bewirtungserfahrungen auf Hochzeiten hatte ich g e lernt, dass man absolut keine Zeit hat, sich allzu sehr auf Au s einandersetzungen zwischen den Kunden ein zulassen und gleic h zeitig zu servieren. Zu meiner großen Erleichterung ließen die Marenskys und die Dawsons sich ganz nach dem Brauch bei Hoc h zeitsempfängen nun an entgegengesetzten Enden des Saales nieder. Mehr und mehr Schüler und Eltern gesellten sich zu uns. Audrey und ich sorgten für ständig gefüllte Platten und kümmerten uns um die Getränke. Miss Ferrell, die den erbitterten Wort wechsel zwischen den beiden Elternpaaren beobachtet hatte, machte mich mit einem Handzeichen auf Julian auf merksam, als dieser die Treppe zur zweiten Etage herauf kam. Ich reichte mein Tablett Audrey und ging schnell zu ihm hinüber.
»Herzlichen Glückwunsch«, sprudelte ich hervor. »Ich habe es gehört. Es ist so …«
Doch der harte Blick in seinen Augen ließ mich sofort ve r stummen. Seine Miene war abweisend und trotzig.
»Was ist?« stammelte ich. »Ich dachte, du wärst hellauf b e geistert.«
Er hob eine Augenbraue. »Selbst im Partyservice weißt du doch wohl, dass es kein Essen umsonst gibt.«
»Ich freue mich trotzdem für dich«, erklärte ich lahm. In meinem Hinterkopf lauerten die Bedenken, die ich anfangs schon wegen des Stipendiums gehabt hatte.
Julian nickte grimmig und ging zur den plaudernden Schülern und Eltern hinüber. Als Direktor Perkins aufge regt an den Tisch trat, an dem sich der Redner des Abends, ein junger Bursche mit Nickelbrille und pomadeglattem Haar, gerade neben einem Riese n stapel von Büchern nie dergelassen hatte, nahmen mehrere Leute Platz.
»Ich denke, wir sollten eine Schweigeminute einlegen für unseren« – spuckte Direktor Perkins ins Mikrofon »un seren Mi t schüler und Freund Keith Andrews.«
Es gab scharrende Füße und Stühlerücken. Zusammen mit den Geräuschen der Kunden auf den anderen Etagen herrschte nicht unbedingt Stille.
Miss Ferrell stand auf, um den Autor vorzustellen. Ich hätte wirklich gedacht, ein Redner am Halloweenabend hätte zumindest ein paar lockere Bemerkungen darüber machen können, wie gruselig das Zulassungsverfahren für das College ist oder etwas in dieser Richtung. Doch als der blonde Bursche uns nicht mit Witzen ergötzte, sondern mit einer flatternden Handbewegung und dem Satz begann: »Als ich in Harvard war …«, wusste ich, dass es ernst wurde.
Bis der Mann seine Platte heruntergeleiert hatte und die Frag e stunde beendet war, brauchten wir nichts mehr zu ser vieren, daher schlüpfte ich hinten durch den Saal zu Audrey hinüber.
»Gibt es eine Möglichkeit, hier herauszukommen, ohne einen Riesenwirbel zu veranstalten?«
»Über die Haupttreppe kannst du nicht, da würden dich alle sehen. Wohin möchtest du denn?«
»Kochbücher?« Irgendeinen ruhigen Hafen im Sturm.
Sie führte mich in den hinteren Teil der zweiten Etage und durchquerte den Raum durch ein weiteres Gewirr von Büche r regalen. Schließlich gelangten wir auf die andere Seite, die der mit Teppichboden belegten Haupttreppe ne ben dem Redner gegenüber lag. Audrey blieb vor einer Tür stehen, auf der ein Foto von Anthony Hopkins als Hanni bal Lecter hing.
Ich sagte: »Kein Kochbuch von diesem Burschen.«
»Wir sind in der Krimiabteilung, Dummchen«, flüsterte Audrey, um den verblödend langweiligen Redner nicht zu stören, der gerade deklamierte: »Das College ist eine Inve stition
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