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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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Meeres ­ spiegel. Eine heftige Bö ließ mich den Mantel enger um mich schlingen. In meiner Kehle stieg ein Fluch auf. Ich war, ohne es zu merken, in diesem blöden Waschbärpelz losgefahren. Ich steckte die Hand in die Tasche und stieß an etwas Flaches und Hartes. Schon der Gedanke, wieder in die Schule zu fahren, um den Mantel zurückzubringen, ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen.
    Ich tippte den Sicherheitscode der Alarmanlage ein und trat aus der Kälte ins Haus, dicht gefolgt von Julian. Arch, der nach Julians Anruf natürlich nicht zu Bett gegangen war, trottete in hohen, nicht zugebundenen Turnschuhen die Treppe herunter. Er trug einen grauen Jogginganzug und hielt eine große Taschenlampe in der Hand - zur Vor ­ sorge bei Stromausfällen. Sein holzfarbenes, ve r strubbeltes Haar stand ihm wirr vom Kopf ab. Ich war so froh, ihn zu sehen, dass ich ihn in eine hauptsächlich aus Waschbärpelz b e stehende Umarmung schloss. Er wich zurück und rückte sich die Brille auf seiner kleinen, sommersprossigen Nase zurecht. Ve r größerte, braune Augen sahen Julian und mich eindringlich an.
    »Kommt ihr aber spät! Wieso trägst du denn dieses ko ­ mische Ding? Was ist passiert? Du hast nur gesagt, es gab Schwierigkeiten im Haus des Direktors. Heißt das, wir brau ­ chen am Montag nicht in die Schule?« Diese Aussicht schien ihm zu gefallen.
    »Nein, nein«, sagte ich. Schlagartig überkam mich Mü ­ digkeit. Wir waren zu Hause, und ich wollte nur noch, dass wir alle mö g lichst bald ins Bett kamen. Ich erklärte: »Je ­ mand wurde nach dem Essen verletzt.«
    »Wer?« Arch zog seine knochigen Schultern bis zu den Ohren hoch und verzog das Gesicht. »War es ein Unfall?«
    »Nicht ganz. Keith Andrews, ein Schüler der Abschlussklasse, ist gestorben.« Ich sagte nicht, dass es nach einem Mord aussah. Das war ein Fehler.
    »Keith Andrews? Der Vorsitzende des Französischclubs?« Arch sah Julian ängstlich an. »Der Bursche, mit dem du dich gestritten hast? Mann! Das ist nicht euer Ernst!«
    Julian schloss die Augen und zuckte die Achseln. Von einem Streit war während der Befragung keine Rede ge ­ wesen. Ich sah Julian mit gehobenen Augenbrauen an; seine Miene blieb au s druckslos.
    Ich sagte: »Es tut mir leid, Arch. Tom Schulz und die Po ­ lizei sind oben in der Schule...«
    »Tom Schub!.« rief Arch aus. »Sie glauben also...«
    »Arch, Kumpel«, sagte Julian. »Reg dich ab. Niemand weiß, was passiert ist. Wirklich.«
    Archs Augen wanderten von Julian zurück zu mir. Er sagte: »Viele in der Schule konnten Keith nicht leiden. Ich mochte ihn aber. Er fuhr nicht in einem Porsche oder BMW herum, als ob er total cool wäre. Du weißt schon, wie man ­ che der Älteren es machen. Er war nett.«
    Archs Worte schwebten in meiner Diele. Wie leicht es ihm fiel, das Leben dieses Jungen in den Bereich der Ver ­ gangenheit zu ve r weisen. Schließlich sagte ich: »Also, ehr ­ lich gesagt, ich möchte darüber jetzt lieber nicht sprechen, wenn es euch recht ist. Und ... du hattest Probleme mit einer zerbrochenen Fensterscheibe?«
    Er griff in die Tasche seines Sweatshirts und zog den Stein heraus. Soviel zu Fingerabdrücken. Der Stein hatte aller ­ dings die Größe eines Tennisballs und eine raue Ober ­ fläche. Vermutlich hätte er ohnehin keine Fingerabdrücke festgehalten.
    »Ich wette, das waren ein paar Jungs aus meiner alten Schule. Ein Halloweenstreich.« Arch seufzte.
    »Wann ist das passiert?«
    »Ach, spät. Kurz bevor Julian angerufen hat.«
    Ich nahm ihm den Stein ab. Hatte ich Kunden, die wü ­ tend auf mich waren? Mir fiel keiner ein. Ich war jedenfalls zu müde, darüber nachzudenken. »Wir gehen morgen in die Kirche«, sagte ich zu Arch, während ich den Stein in die Tasche steckte und in die Küche ging.
    »Aber es hat geschneit!«
    »Arch, ich habe genug für heute Abend.«
    »Hey, Kumpel«, sagte Julian, »wenn du jetzt mit mir nach oben kommst, lass ich mir von dir das Modell zeigen, das du nach dem Narnia-Buch gebaut hast.«
    »Du meinst den Schrank mit der falschen Rückwand?«
    »Was auch immer.«
    Und ehe ich noch etwas sagen konnte, spurteten die bei ­ den Jungen die Holztreppe hinauf. Arch versuchte mit Ge ­ heul, als erster das Zimmer zu erreichen, das er und Julian sich teilten. Ich sah mich in der Diele um und dachte an die Kartons mit schmutzigem Geschirr, die im Wagen dar ­ auf warteten, gespült zu werden. Es war nach Mitternacht. Sie würden nicht weglaufen.
    Ich zog

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