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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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den Mantel aus und sah mir das Ding an, das in der Tasche steckte. Es war eine Kreditkarte vom Kaufhaus Neiman-Marcus. Ausgestellt auf K. Andrews.
    Ich fegte die Glasscherben unter Archs zerbrochenem Fen ­ ster auf, klebte ein Stück Karton über das Loch und fiel ins Bett. Albträume mischten sich in einen unruhigen Schlaf. Ich wachte mit dumpfen Kopfschmerzen und der Er ­ kenntnis auf, dass der vorige Abend kein schlechter Traum gewesen war.
    Schulz konnte unmöglich vor Mitternacht aus der Elk- Park-Schule fortgekommen sein. Um ihn zu Hause nicht zu wecken, hinterließ ich ihm auf seinem Anrufbeantworter im Büro des Sheriffs eine Nachricht wegen der Kreditkarte. Neiman-Marcus für einen Achtzehnjährigen? Aber Arch hatte gesagt, Keith sei kein Angeber gewesen, zumindest nicht in materiellen Dingen. Was hatte er gesagt? Als ob er total cool wäre.
    Scout, der Kater, reckte auf meinem geflochtenen Läu ­ fer das Schnäuzchen in die Luft und ließ sich dramatisch auf den Rücken rollen .Ich kraulte ihm gehorsam das lange, weiße Bauchfell, das hellbraune Fell auf dem Rücken und das dunkelbraune Fell im Gesicht. Julian hatte von den rei ­ chen Leuten, für die wir beide g e arbeitet hatten, seinen Range Rover geerbt, mein Erbe bestand in dieser Katze. Ich war mit meinem unerwarteten Erbteil zufrieden. Scout floss jedes Mal über vor Zuneigung, sobald die Essenszeit näher rückte. Die vollkommene Katze für eine Köchin.
    A propos Kochen, ich hatte zu arbeiten. Für mich waren
    Katzen sicherer als Kreditkarten. Ich hatte noch nicht ein ­ mal einen Fuß in den neuen Neiman-Marcus-Laden in Den ­ ver gesetzt, überlegte ich, während ich mich durch meine zwanzig Minuten Yogaübungen arbeitete. Im allgemeinen trafen die Unterhalt s zahlungen von Dr. John Richard Kor- man für seinen Sohn zu spät, unzureichend oder gar nicht ein. Mein Kalender quoll über von Aufträgen für die Hoch ­ saison der Partylieferanten, der Zeit zwischen Halloween und Weihnachten. Im November und Dezember sind die Leute gesellig, hungrig und verschwenderisch. Es war für mich die einträglichste Zeit des Jahres. Ganz gleich, was in der Privatschule Elk Park passieren mochte, ich musste un ­ seren Lebensunterhalt verdienen, um die ersten sechs Mo ­ nate des nächsten Jahres durchzustehen. Nobelkaufhäuser entsprachen ei n deutig nicht mehr meinem Lebensstil.
    In der Küche wand Scout sich zwischen meinen Beinen durch, und ich gab ihm zu fressen, ehe ich einen prüfen ­ den Blick auf meinen Kalender warf. Leider brachte mein erster Auftrag dieses Tages mir nicht einmal etwas ein, von steuerlichen A b schreibungsmöglichkeiten einmal abgese ­ hen. In einem schwachen Moment hatte ich mich bereit erklärt, die Erfrischungen vorz u bereiten, die im Anschluss an den Zehn-Uhr-Gottesdienst in der Episkopalkirche ge ­ reicht werden sollten. Danach stand ein einträ g licher Halbzeitimbiss für zwölf Bronco-Fans bei den Dawsons auf dem Programm; es gab choucroute garnie. Ein Partyservice-Trick: Benutze immer französische Bezeichnungen für die Spei ­ sen. Für Sauerkraut mit Würstchen bezahlt kein Mensch große Summen.
    Keine Ruhe für die Müden, zumal für die des Kochens Müden, dachte ich, während ich die Kisten mit Töpfen und Tellern vom Vortag hereinschleppte und in meine Pro ­ fispülmaschine lud. Als ich damit fertig war, wusch ich mir die Hände und machte mich an die Planung. Ich musste Audrey Coopersmith anrufen und sie e r innern, dass sie zu dem Nachmittagsimbiss ein T-Shirt in Bronco-Orange tra ­ gen musste.
    Ich wusste, dass Audrey an diesem Sonntagmorgen bereits früh auf den Beinen war, obwohl sie gestern Abend lange für mich g e arbeitet hatte. Durch die Depression, die ihr Scheidungstrauma ihr eingebracht hatte, schlief Audrey sel ­ ten länger als bis zum Morgengrauen. Ich wusste das, da ich zu den Leuten gehörte, die sie schon gegen sechs Uhr mor ­ gens anrief. In den letzten Monaten war ich wider Willen sogar zu einer Art Expertin für Audrey Coopersmiths Le ­ bensfragen geworden.
    Für die Mutter einer Schülerin der Highschool-Abschlussklasse war Audrey noch recht jung: achtunddreißig. Ihr Haus war voller Bücher. Obwohl sie schon mit zwanzig geheiratet und das College verlassen hatte, war sie gebildet und ungewöhnlich belesen. Statt sich um sich selbst zu küm ­ mern, nahm sie sich herrenloser Tiere an: kleiner Kätzchen, die andere Leute nicht los wurden, der Mee r schweinchen, Hamster und Kaninchen,

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