Untitled
Ermittlungen, um von Keiths rätselhaftem Tod gar nicht zu reden, waren garantiert Hauptgesprächsthema bei der Kaffeestunde in der Kirche.
Koche, befahl ich mir, dann fühlst du dich besser. Ich ras pelte Orangenschale in einen schaumigen Biskuitteig, aus dem ich Bronco-Fan-Napfkuchen für den Brunch bei den Dawsons backen wollte. Als die Napfkuchen im Ofen wa ren, ließ ich dicke, blaue Pflaumen abtropfen und hackte sie klein für einen Happy-End-Pflaumenkuchen, einen Pro totyp für Caroline Dawson, die ve r sprochen hatte, ihn in der Kirche zu probieren. Sollte er ihr und Hank schmecken, hatten sie sich bereit erklärt, ihn in ihrem Restaurant, dem Aspen Meadow Café, zu verkaufen.
Für die restlichen Erfrischungen in der Kirche schnitt ich zwei Dutzend knackige Granny-Smith-Äpfel in Scheib chen und arrangierte sie zu vogelförmigen Verzierungen, um die sich in konzentrischen Kreisen Käseecken aus Gouda und Cheddar ranken sollten. An den Preis dieser kleinen Käseplatte durfte ich nicht einmal denken. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass es eine günstige Gelegenheit war, Werbung für mich zu machen, obwohl es in der Kirche stattfand. Um der Käseplatte den letzten Schliff zu geben, schnitt ich mehrere Laibe duftenden, hausgemachten Ha ferbrots zu dreieckigen Schnittchen auf und legte oben drein noch ein Rad Jarlsberg-Käse dazu. Werbung kann teuer werden.
Arch zog sich mit einem Minimum an Gejammer an, da er Julian nicht wecken wollte, der dumpf schnarchte. Der Wind drang schneidend durch unsere Kleidung, als wir in den Lieferwagen kletterten. Der Himmel schimmerte wie das Innere einer Perle. Der Schneepflug hatte die Straßen gerade erst geräumt, und wir kamen auf der glatten Fahr bahn nur langsam voran. Als wir zu der mächtigen Stein kirche mit ihren großen Rosettenfenstern kamen, war der Parkplatz bereits zur Hälfte zugestellt mit Cadillacs, Rivieras und Chrysler New Yorkers und hier und da einem Merce des, Lexus oder Infiniti.
Ich suchte den Parkplatz nach dem Jeep meines Ex-Mannes mit dem GYN-Kennzeichen ab, das ihn als Gynäkolo gen auswies, doch er stattete der Kirche heute offenbar kei nen seiner seltenen Besuche ab. Die Nummernschilder mit den persönlichen Kennzeichen ließen erkennen, wer be reits da war. Die beiden Lieferwagen gleichen Typs der Dawsons verkündeten die Anwesenheit von Eltern und Tochter. Greer Dawson hieß bei ihrer Volleyballman n schaft nur G.D., der Hammer, ihr Kennzeichen lautete demnach GD HMR. Das gesetztere Autokennzeichen ihrer Eltern war au s gestellt auf AMCAFE für Aspen Meadow Café. Außer dem war da noch KRMI von einem ortsansässigen Krimi autor und AMEN, von wem wohl? Dem Pfarrer natürlich. Ich bog in die Lücke neben dem goldfarbenen Jaguar mei ner besten Freundin Maria Korman, die zufällig Dr. John Richard Kormans zweite Ex-Frau war. Ihr Ken n zeichen ver kündete schlicht ZU HBN.
Als Arch und ich uns mit unseren Tabletts durch die schweren Türflügel schoben, rief Maria uns einen schrillen Gruß entgegen und kam eilends durch das Foyer auf uns zu. Maria, eine körperlich wie geistig stattliche Person, klei dete sich immer der Jahreszeit entsprechend. Heute mor gen verlangte der frühe Wintereinbruch ein silberfarbenes Wildlederkostüm, dessen Jacke und Rock üppig mit Zinn knöpfen besetzt waren. Funkelnde Silberspangen, die ich ihr zum vierzigsten Geburtstag geschenkt hatte, hielten ihr ständig krauses, braunes Haar zurück. Sie schloss mich in eine Umarmung aus Armreifen und weichem Leder.
»Was zum Teufel ist bloß gestern Abend in dieser Schule passiert?« zischte sie mir ins Ohr.
»Wie hast du davon erfahren?« ,
»Was, machst du Scherze? Mein Telefon klingelt seit halb sieben heute morgen!«
Der Organist ließ die Anfangstakte einer Fuge von Bach e r klingen. Ich flüsterte: »Es war schrecklich, aber ich kann jetzt nicht darüber sprechen. Hilf mir nachher in der Küche, dann erzähle ich dir, was ich weiß.«
Maria erklärte mir, sie habe Gäste, denen sie versprochen habe, sich während des Gottesdienstes neben sie zu setzen, aber sie könne mir später bei den Erfrischungen helfen. Dann raunte sie: »Ich habe gehört, der Bursche hat Kre ditkarten gestohlen.«
»Hat er nicht «, erklärte Arch laut und vernehmlich hin ter uns. »Er war nett.« Bei diesen Worten drehten sich die Köpfe in den Kirchenbänken herum und starrten uns an. Die Fuge von Bach war in vollem Gang. Maria
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