Untitled
die am Schuljahresende übrig blieben, streunender Hunde, ausgesetzt von Familien, die fortzogen. Außerdem bemühte sie sich fanatisch, ihren Kör per sowohl im Sportclub als auch im örtlichen Freizeitzen trum zu stählen.
Doch die Regale voller Bücher, der Grundbestand an Haustieren und ihr schlaffer Körper, der sich allen Fitnessbemühungen behar r lich widersetzte, waren ihr auch keine Hilfe, wie sie bei einem Treffen von Amour Anonym, un serer Selbsthilfegruppe für b e ziehungssüchtige Frauen, traurig erklärt hatte. Nachdem sie zwei Jahre lang eine Tren nung verweigert hatte, reichte sie schließlich nach zwanzig Ehejahren die Scheidung ein. Ihr Mann, Carl Coopersmith, hatte mit einer Verschlagenheit, die außer Audrey keinen Menschen hatte täuschen können, seit fünfzehn Jahren in
Denver eine andere Frau unterhalten. Diese andere hatte Kinder aus erster Ehe, doch da Carl schon so lange bei ih nen ein und aus ging, nannten ihre Kinder ihn Papa, und ihre Nachbarn dachten alle, »Papa« sei der Ehemann der anderen. Was die Unterhalt s zahlungen anging, schuf diese Lage für alle außer für die Anwälte eine recht verworrene Situation. All diese Verzögerungen, Unte r lagen, die es an zufordern galt, Anträge und Gegenanträge waren das rein ste Fest für die Rechtsverdreher.
Das Ende vom Lied war, dass »Papa« Carl Coopersmith Audreys Scheckkarte und ihre Kreditkarten gekündigt und einen Haufen Lügen über sein Einkommen und seine Ver mögenslage aufgetischt hatte. Mit dem Gerichtsbeschluss über die endgültigen Unterhaltszahlungen für Audrey und ihre Tochter Heather war jeden Tag zu rechnen. Doch er war, wie üblich, nun schon dreimal verschoben worden. Vor zwei Monaten hatte Audrey mich wegen einer Teilzeitbe schäftigung gefragt. Sie durfte nicht allzu viel ve r dienen, hatte sie mir erklärt, weil das ihre Forderungen an Carl un terlaufen würde. Aber es fiel ihr schwer, über die Runden zu kommen. Neben der Arbeit für mich ging sie also noch stunde n weise bei Tattered Cover jobben, Denvers größter Buchhandlung, in der es ihr angeblich gut gefiel. Aber wie man sich denken kann, war Audrey immer fix und fertig, immer am Boden zerstört und immer unglücklich.
Ihr einziger Lichtblick war Heather, eine achtzehnjähri ge Musterschülerin, die in Naturwissenschaften glänzte und in der Abschlussklasse der Privatschule Elk Park Drittbeste war. Sehr zu meinem Bedauern gab es für Audrey nur zwei Dinge, die sie sich vom Leben wünschte: dass Heather am Massachusetts Institute of Technology angenommen wurde und dass Carl zur Vernunft kam, die andere Frau mitsamt ihren Kindern und Nachbarn verließ und nach Hause in den Aspen Meadow Country Club zurückkam.
Diese Frau war wirklich beziehungssüchtig. Um von ihrem nicht sonderlich ausgeprägten Realitätssinn ganz zu schwei gen. Audrey wollte verzweifelt wieder alles wie früher haben. In unserer Gruppe Amour Anonym hatten wir mit vereinten Kräften versucht, sie aufzuklären, doch ohne Erfolg. Man che Leute müssen ihre E r fahrungen einfach selbst machen.
Das erste Läuten des Telefons konnte noch nicht ver klungen sein, als sie auch schon antwortete. Sobald ihr klar wurde, dass ich nicht Carl war, verlor ihre Stimme jede Le bendigkeit und klang eher distanziert. Ja, sie hatte daran gedacht, dass sie mir bei der Football-Party helfen sollte. Aber dann fiel ihr ein, dass sie ve r sprochen hatte, nach ihrem Dienst ein Pfannengericht für ein kleines Beisam mensein mit ihren Kolleginnen zu machen; denn sie sollte nachmittags für eine andere einspringen.
»Einspringen?« fragte ich.
Sie lachte auf. »Beste Abteilung.«
»Wirklich?« fragte ich. »Kochbücher?«
»Selbsterfahrung.«
Ich fragte also, ob sie mir bei den Erfrischungen in der Kirche helfen könne, dann wolle ich sehen, ob ich für die Nachmittag s party bei den Dawsons Ersatz fände. Sie willigte ein und meinte, sie müsse jetzt aufhören, weil aus irgend einem Grund die Polizei vor der Tür stehe.
Aus irgendeinem Grund. Ich legte auf. Direktor Perkins hatte der Polizei also schon Audreys Namen genannt. Das war aber sicher noch nicht alles. Ich sah aus dem Küchen fenster auf schne e bedeckte Kiefernzweige. Die Eltern eini ger Schüler der Elk-Park-Schule gehörten der Episkopal kirche an. Bis zum Beginn des Gottesdienstes hatten gewiss schon manche Besuch von den E r mittlungsbeamten be kommen. Die polizeilichen
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