Untitled
Pulitzerpreisträger und Sportler wie Jim Plunkett und John Elway hervorgebracht hatte.
Da ich es allzu schwierig fand, in so kurzer Zeit ein foot- bal l förmiges Gebäck zu erfinden, entschied ich mich für ein mächtiges, weißes Plätzchen mit einem roten Tupfer in der Mitte. Während ich Butter und Quark verrührte, ließ ich meine Gedanken zu Julian schweifen. Es bedrückte mich, dass er heute morgen so brüsk davongestürmt war. Ju lian, der inzwischen im vierten Jahr die Privatschule Elk Park besuchte, war intelligent und sehr begabt. Er hatte mich mit seinem einfallsreichen Projekt zur DNS-For schung verblüfft. Doch seine Klassenkameraden waren ebenfalls gescheit und findig und besaßen außerdem Geld, das ihr akademisches Fortkommen förderte. Ich gab Zucker in den Teig, rührte die Masse schaumig und fügte dunkle, exotisch duftende mexikanische Vanille zu, an der ich herz haft schnupperte. Julian hing sehr an seiner Schule, nicht in der lautstarken Art von Chee r leadern, sondern mit einer so inständigen Loyalität, dass er bereit war, es auf einen Streit mit Keith Andrews ankommen zu lassen, um zu verhindern, dass ein Skandal in die Zeitung kam. Ich siebte Mehl in die Masse und vermengte alles zu einem geschmeidigen Teig. Julian hatte eine Leidenschaft für Menschen und fürs Ko chen. Und dieser Charakterzug war, wie ich vor langer Zeit fes t gestellt hatte, nur eine andere Art, eine leidenschaftli che Beziehung zu Menschen zu pflegen. Für all das Geld, das ich auf Therapi e stunden verwendet hatte, hatte ich mir schon ein paar Dinge klar gemacht.
Während ich mit dem Schaber den goldgelben Teig vom Rand der Schüssel löste, fiel mir der schüchterne, glückli che Blick ein, der sich im vergangenen Sommer auf Julians sonst eher a b weisendes Gesicht geschlichen hatte, sobald Schulz, Arch oder ich ihn gebeten hatten, seine Tortellini della panna, seinen Spina t gratin oder sein Fondant mit son nengetrockneten Kirschen zu machen. Julian mochte mich und Schulz, und er hing besonders an Arch. Die Ereignisse der vergangenen Woche hatten ihn sehr mi t genommen. Du armer, überarbeiteter Achtzehnjähriger, dachte ich, was kann ich tun, damit du dir weniger Sorgen um uns und mehr Gedanken über deine Zukunft machst?
Ich starrte auf die cremige Erfindung. Meine Lieferantin hatte mir kürzlich einige Kilo frischer Erdbeeren gebracht. Ich b e schloss, sie klein zu schneiden und als Krönung auf jedes Plät z chen zu setzen, um den Rot-weiß-Effekt zu erzie len. Was man von einer Partylieferantin nicht alles verlangt. Ich rollte kleine Teigmengen von etwa einem halben Esslöffel Größe zu Küge l chen, drückte jedes mit dem Daumen flach und setzte eine Er d beerhälfte mit den Schnittkanten nach unten in die Vertiefung. Ich schob die Backbleche in den Ofen, stellte die Ofenuhr ein und machte mir noch ei nen Espresso.
Eine Viertelstunde später knabberte ich an den köstli chen Resultaten herum. Sie waren wie winzige Käsekuchen, etwas, das man zu einem englischen Tee reichen würde. Ich beschloss, ihnen einen eingängigen Namen zu geben. Viel leicht Rot-Weiß-Gebäck. Und da ich gerade bei eingängi gen Dingen war, beschloss ich auf der Stelle, Julian anzu bieten, ihm bei seinen Übungsfragen für die Eignungstests zu helfen, falls er noch Interesse daran hatte. Wie schwer konnte das schon sein? Ich kannte immerhin schon das Ge genteil von tranquie. nämlich das heutige Mittagessen.
* * *
Zwei Stunden später bog ich, insgesamt drei mit Tortedeckchen belegte Tabletts und ein Paket mit sechs Dutzend Rot-Weißen im Wagen, in den Parkplatz des Aspen Meadow Cafés ein. Die Dawsons hatten sich alle Mühe gegeben, ihrem Restaurant einen möglichst europäischen Anstrich zu geben. Es stand außer Zweifel, dass die elegante Glasfas sade himmelweit entfernt war von den rustikaleren Voll wertkostimbissen und Western-Grillstuben, die Aspen Mea dow übersäten und in denen Touristen, Bauarbeiter oder Masseure mittags einen Bissen essen konnten. Nein, die Kunden, die dieses Café frequentierten, gehörten größ tenteils nicht zu den Menschen, die für ihren Lebensun terhalt arbeiten mussten, z u mindest nicht den ganzen Tag.
Oder sie gehörten zur wachsenden Gruppe der Akademi ker und Freiberufler, die Cowboyhüte aufsetzen und sich zwei Stunden Mittagspause gönnen konnten.
Ich ließ meinen Lieferwagen zwischen einen Mercedes (Ken n zeichen: JUR; ich
Weitere Kostenlose Bücher
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Online Lesen
von
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt