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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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Greer nach einem Löffel und schaufelte dem Stanford- Vertreter eine Portion Himbeermarmelade in den wider ­ strebend geöffneten Mund. Offenbar wollte Greer nicht, dass ich ihm in seinem Urteil über die Kostprobe Vorgriff. Mit ve r blüffender Plötzlichkeit bekam sein Gesicht das Aus ­ sehen einer zwei Wochen alten Kiwi.
    Mit hoher, unsicherer Stimme sagte er in die gespannte Stille hinein: »Was? Ohne Süßstoff?«
    Sofort setzte ein geschäftiges Treiben ein, bei dem alle ve r suchten, diesem Fauxpas wettzumachen. Alle bis auf Audrey, die sich zu mir herüberbeugte und mir hämisch ins Ohr lachte: »Tralli-tralli-tralla.«
    »Naja.« Hank Dawson drängte sich nach vorne. »Diese Marmelade ist noch in der Entwicklung, ich meine, es ist eine neue Sorte, und Greer ist als Köchin noch eine An ­ fängerin, außerdem können Sie kaum beurteilen …«
    »Wir lassen Goldy entscheiden«, verkündete Caroline Dawson gebieterisch, »Schließlich hat Greer bei ihr ge ­ lernt.«
    Ja, gebt nur der Partylieferantin die Schuld! Aber, bitte schön, das einzige, was Greer bei mir gelernt hatte, war, ob man für Au f läufe Löffel oder Gabeln deckte. Bislang hatte das Mädchen nicht das geringste Interesse an der Zuberei ­ tung des Essens gezeigt. Natürlich wusste ich, worum es bei diesem ganzen Theater ging. Wenn ich vorgäbe, die Mar ­ melade zu mögen, bekäme ich zusät z lich zu dem Pflau ­ menkuchen noch einen Auftrag für Linzer Torte, und ich würde Miss Ferrell und die arme Audrey bloßstellen. Von dem Stanford-Burschen gar nicht zu reden. Wenn ich mein Gesicht angewidert verzöge, könnte ich das Stanford-Pick ­ nick vergessen und mit meinem Pflaumenkuchen anderswo hausieren gehen. Außerdem hatte ich die unbehagliche Vorahnung, dass Schulz jeden Augenblick in dieses lächer ­ liche Szenario hineinplatzen würde. Was eine Partyliefe ­ rantin für ihr Geschäft nicht alles tun muss!
    Ich schindete Zeit. »Ein frischer Löffel?«
    »Da drin.« Audrey deutete auf eine hölzerne Schublade.
    Ich zog die Lade auf. Sie enthielt einen dieser viergeteil ­ ten Plastikbesteckkörbe. Jedes Fach quoll über von Besteck. Ich griff in die Löffelabteilung und bemühte mich ver ­ zweifelt, mir süße Marmelade vorzustellen.
    »Ich nehme einen großen«, erklärte ich laut und ver ­ nehmlich.
    Doch an diesem Tag sollte ich die Marmelade nicht mehr probieren. Ich hätte mir das kleine Ding im Löffelfach ge ­ nauer ansehen sollen, diese glänzend schwarze, runde Ge ­ stalt mit dem roten Uhrglas auf der Unterseite ihres dunk ­ len Hinterleibes. Doch ehe ich die Geistesgegenwart auf ­ brachte, meine Hand zurückz u ziehen, hatte die Schwarze Witwe mich bereits gebissen.
    »0 Gott!« kreischte ich. Die Dawsons, die Marenskys, Miss Fer ­ rell, Audrey – alle drängten mit besorg ­ ten Fragen vor: Was ist passiert? Sind Sie in Ordnung? Eine Spinne? Sind Sie si ­ cher? Wo?
    Ich trat zurück, meine Linke umklammerte das rechte Han d gelenk. Der brennende Schmerz kroch in meinen Fin ­ ger hoch in den Handteller. Wütend dachte ich: Warum musste es ausgerechnet meine Rechte sein? Ich stolperte rückwärts in Stan Marensky hinein. Als ich herumwirbelte, wirkte er verblüfft. Unwillkürlich s chossen mir Tränen in die Augen.
    Hank Dawson lief ans Telefon, Caroline Dawson bemühte sich, die weinende Greer zu trösten, die Marens ­ kys fragten sich und Brad, der mit offenem Mund dastand, was zum Teufel hier eigen t lich vorgehe, Miss Ferrell be ­ netzte ein Papierküchentuch mit kaltem Wasser. Audrey hielt auf Knien nach der Spinne Ausschau, die ich ihrer Meinung nach auf den Boden geschüttelt hatte. Der arme Stanford-Bursche stand stocksteif mit offenem Mund da. Man sah förmlich, wie es in seinem Kopf arbeitete: Das ist ein wah n sinniger Ort.
    »Uhuh«, sagte ich zu der vertrauten Gestalt, die mit schweren Schritten schnell in die Küche trat: Tom Schulz.
    »Was ist denn hier los?« fragte er. Er griff nach meinem Unte r arm und untersuchte die Stelle an meinem rechten Zeigefinger, die ich ihm zeigte. Sie schwoll an und wurde rot. Und sie brannte. Ich meine, meine ganze Hand brannte wie Feuer.
    Vom Boden aus brüllte Audrey ihn an: »Tun Sie etwas, bringen Sie sie ins Krankenhaus, sie ist von einer giftigen Spinne gebissen worden, so tun Sie doch etwas …«
    Tom Schulz packte mich an den Schultern. »Goldy«, sagte er und zwang mich, ihn anzusehen. »War sie klein und braun?«
    Ich sagte: »Uh … uh …«
    »Würdest

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