Untitled
mir zitterte sichtlich.
»Audrey«, sagte ich in einem so beruhigenden Ton wie nur möglich, »bitte entspann dich. Das ist doch gar nicht so wichtig, wie du meinst.«
Ihr Blick war frostig. »Du begreifst das einfach nicht, Goldy.«
Die Marenskys plauderten in lautem, besitzergreifenden Ton mit dem Stanford-Vertreter. Sie wirkten äußerst selbst zufrieden und verhielten sich, als hätten sie während der zehnminütigen Fahrt von der Ausfahrt der Autobahn bis hierher einen ungemein wichtigen Geschäftsabschluss getätigt. Mir fiel auf, dass die Marenskys, beide dünn wie Fo tomodelle, mich ignorierten, während die gedrungenen, rundlichen Dawsons auf jedes meiner Worte und jeden meiner Gedanken neugierig waren.
Hank Dawson beugte sich zu mir. »Sie sind wirklich auf geblasen. Ich frage mich, was sie ihm über Brad erzählt ha ben können? Der Bursche ist doch nur fünfter in seiner Klasse, er schafft es nie. Ich muss den Burschen von ihnen loseisen. Soll ich ihnen den Ball aus der Hand schlagen oder mich auf ihn stürzen?«
»Stürzen Sie sich auf ihn«, erwiderte ich ohne Zögern.
»Herzlich willkommen in unserem kleinen Restaurant.« Caroline Dawson sprach das Wort Restaurant in ihrem sin genden Tonfall mit französischen Akzent aus. Ich krümmte mich z u sammen. Die Marenskys erstarrten zu zwei hageren Eisskulpturen, während sie zusahen, wie Caroline Dawson in einem karmesinroten Schneiderkostüm watschelnd vor trat.
»Wir würden Sie gerne in die Küche bitten«, erklärte Ca roline Dawson. Sie nahm den jungen Mann fest am Arm. Als sie ihn erst einmal ins Schlepptau genommen hatte, be deutete sie mir mit einer Kopfbewegung, dass ich ihr in die Küche folgen solle. »Unsere Tochter, Greer, die Klassen dritte ist, steht an der Küche n maschine«, erklärte sie in zuckersüßem Ton. »Ich bin ja so froh, dass Sie zu einem frühen Skiausflug hergekommen sind«, fügte sie hinzu, als seien sie und der arme Stanford-Vertreter alte Bekannte.
»Muss ich niederknien und seinen Ring küssen?« fragte ich Audrey Coopersmith, die mir zaghaft gefolgt war und Heather am Ärmel hinter sich her zog. Die Marenskys mar schierten, sichtlich um eine kühl-gelassene Haltung bemüht, in die Küche, um zu sehen, was die Dawsons mit dem Mann vorhatten.
Während wir uns alle in der Küche versammelten, ver wickelte Caroline den Stanford-Vertreter in ein lebhaftes, hohles Geplauder. Miss Ferrell lehnte an einer Spüle, trank Kaffee und sah peinlich berührt aus. Nun ja, das dürfte die Studienberaterin lehren, nicht die Gastgeberin für uner wartete College-Vertreter zu spielen. Sie stöckelte auf ihren dünnen Absätzen zu mir herüber.
»Ich bin in den nächsten Tagen auf einer Lehrertagung in De n ver, Mrs. Bear«, flüsterte sie mir zu. »Aber ich würde gerne mit Ihnen über Julian sprechen, sobald ich zurück bin. Können Sie sich irgendwann frei machen? Er kam heute morgen zu mir und ist natürlich sehr aufgebracht über das, was Arch passiert ist … aber er hat auch einige Fragen, was Keith betrifft. Ach, es ist alles so u n durchsich tig geworden …« Sie zog sich mit einem abrupten Satz zurück, als sie bemerkte, dass Audrey, Hank Dawson und die Marenskys gespannt lauschten, was sie mir zu sagen hatte.
»Was für Fragen über Keith?« fragte ich.
»Er hatte ein paar Probleme«, setzte sie mit verhaltener Stimme an. Sie sah sich um. Die Marenskys begannen, mit einander zu tuscheln. Hank tastete nach einer Schranktür, während Audrey vo r gab, aufmerksam eine Speisekarte zu studieren, die sie auf der Arbeitsplatte gefunden hatte. »Ein paar Probleme mit dieser Collegesache«, raunte Miss Fer rell.
»Wie wäre es, wenn wir uns Samstag morgen vor den Prü fungen darüber unterhielten?« gab ich flüsternd zurück. Ich warf einen verstohlenen Seitenblick zu Audrey hinüber, aber sie hatte ihre gewohnte, ausdruckslose Miene aufge setzt, um die Speisekarte zu lesen. Es war schwer zu sagen, ob sie zuhörte. »Ich richte dieses Frühstück in der Schule aus.«
Miss Ferrell nickte, drehte sich auf dem Absatz um und stöckelte zurück zu dem Stanford-Vertreter. Greer Dawson war durch eine Hintertür in die Küche gekommen. Wie Audrey vorau s gesagt hatte, trug sie eine rot-weiß gestreifte Bluse zu einem far b lich abgestimmten Rock. Ihr goldblon des Haar ringelte sich in engelsgleichen Locken um ihr herzförmiges Gesichtchen. Mit einer niedlichen Gebärde griff
Weitere Kostenlose Bücher