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Gestalt an, warum der Bovara dieses ganze Schmierentheater aufgeführt hatte. Die Antwort ist: Weil Bovara als Irrer gelten wollte, wohingegen es sich bei ihm um einen Mörder mit völlig gesundem Verstande handelt.
Der Mord wurde nicht im Verlaufe eines hitzigen Streites ausgeführt, sondern war genau geplant und von langer Hand vorbereitet worden.
Bovara hatte fast noch am gleichen Tag seiner Ankunft ein Verhältnis mit der Cìcero begonnen, und im Einvernehmen mit dieser Frau beschlossen, das Techtelmechtel seiner Geliebten mit dem Priester weiterlaufen zu lassen, mit dem Ziele, diesen all seiner Habe bis auf die Knochen zu entledigen.
Doch der Priester muß etwas von der neuen Beziehung der Cìcero mit dem Bovara gemerkt haben und forderte offensichtlich die ihr gemachten Geschenke zurück oder aber drohte, eine Anzeige wegen des stattgehabten Diebstahles der beiden Kandelaber zu machen; Thatsache ist, daß der Bovara und seine Geliebte angesichts der Ge fahr, in der sie sich befinden würden, wenn der Priester seine Absicht in die That umsetzen sollte, beschlossen, diesen aus dem Wege zu räumen.
Zuvor jedoch wollte der Bovara allen seinen aus den Fin gern gesogenen Irrsinn zeigen, damit die mögliche Entdeckung des Mordes an Don Carnazza gewissermaßen seinem wirren Kopfe zuzuschreiben wäre.
Deshalb gab er die Existenz einer Mühle zur Anzeige, von welcher die Carabinieri keinerlei Spur fanden! Deshalb präsentierte er sich in der Polizeidienststelle mit der Erklärung, er habe einen Mord an einem nie gesehenen Ort beobachtet, und beschuldigte Don Emanuele Moro dieser That, welcher aber ausgerechnet an diesem Morgen (was dem Bovara jedoch unbekannt war) mit hohem Fieber im Bette lag!
Deshalb sorgte er dafür, daß wir den Toten bei ihm zu Hause fanden, wo er ihn doch auch in eine Schlucht hätte werfen können, ohne daß irgend jemand darauf aufmerksam geworden wäre!
Deshalb auch fing er fürchterlich an zu weinen, als er (absichtlich) über die Leiche stolperte und (absichtlich) auf sie fiel: Er wollte, daß der Unterzeichnete und der La Mantìa glauben sollten, daß er sich erst im Augenblicke des Sturzes über die Leiche darüber klar geworden wäre, daß er selbst diese Leiche provoziert habe! Der Bovara sagte uns in seiner vorgetäuschten irren Anzeige vom Morgen, er sei zu einer Inspektion in der Mühle »San Benedetto« von Cianciana gewesen. Aus Gründen der Gewissenhaftigkeit für die Ermittlung habe ich einen Polizisten dorthin geschickt: nun, sowohl der Mühlenbesitzer als auch seine beiden Arbeiter haben entschieden verneint, daß Bovara an diesem Morgen von ihnen gesehen worden sei. Sie hätten gerne zur Stützung ihrer Behauptung das inspizierte Journal gezeigt, wenn nicht ein gerade ausgebrochenes Feuer es theilweise vernichtet hatte. Allerdings stehen sie zur Verfügung, um vor einem Gerichte pflichtgemäß ihre Zeugenaussage zu machen.
Wegen all dieser Gründe befindet sich der Bovara in Arrest in dieser Polizeidienststelle. Ich habe ihn nicht ins Gefängnis überführen können, weil das von San Vito gestopft voll ist, das gleiche gilt für das Zentralgefängnis. Hochachtungsvoll
Der Leiter der Polizeidienststelle
Spampinato
KÖNIGLICHES GERICHT ZU MONTELUSA
An Seine Hochgeehrte Exzellenz
den Signor Gerichtspräsidenten
Montelusa, am 5. Oktober 1877
Nachdem der Unterzeichnete sich in die Polizeidienststelle von Montelusa begeben hatte, wo der Giovanni Bovara vorläufig einsitzt, um diesen einem Verhöre wegen der ihm angelasteten Mordthat an Don Artemio Carnazza zu unterziehen, konnte er feststellen, daß der vorgenannte Bovara sich in einem Zustande der völligen geistigen Verwirrung befindet und Opfer einer offenkundigen mentalen Störung ist. Auf meine Frage, wo er geboren sei, erwiderte er einmal in Genua und ein anderes Mal in Vigàta, besann sich dann aber wieder und neigte zu der Ansicht, daß er sich für den Augenblick als in Vigàta geboren betrachte. Zu der Eigenthümlichkeit dieser Behauptung fügte er, nachdem er vorausgeschickt hatte, ein guter, wenngleich auch ein wenig aus der Übung gekommener Schachspieler gewesen zu sein, hinzu, daß er, im Verlaufe der vergangenen, in der Zelle der Polizeidienststelle schlaflos verbrachten Nacht, lange über das Spielschema nachgedacht habe und schließlich den Rösselsprung für den siegreichen Zug halte.
Wenigstens glaube ich, daß er sich auf diese Weise ausgedrückt hat, allerdings mit der
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