Untitled
getroffen hatte, genauso wie der genannte Bovara es uns am Morgen berichtet hatte. Sein Hut lag unter dem Tische, welcher wenig weiter entfernt war, da es sich hier um das Eßzimmer handelte. Ebenso lag auf demselben Tische ein Revolver, welcher, nach den Angaben des auf den Bovara ausgestellten Waffenscheines, demselben Bovara gehörte. In der Trommel dieses Revolvers haben wir an Zahl fünf Kartouchen gefunden, nur eine von diesen erwies sich als abgefeuert.
An dieser Stelle mögen Euer Hochgeehrte Hochwohlgeboren daran erinnert werden, daß Don Carnazza von nur einem tödtlichen Schusse getroffen worden war. Nachdem die Kutsche wieder nach Montelusa zurückgeschickt worden war, um den Signor Amtsrichter, Cavaliere Alfio Zagarella, und den Dottore, Cavaliere Graziano Puma, über den Vorfall zu verständigen, faßten der Unterzeichnete und der La Mantìa nach Festbindung des immer noch wie ein Jammerlappen aussehenden Bovara an einen Stuhl den Entschluß, eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Doch zunächst ging der La Mantìa um das Haus, und gleich dahinter, an einen Baume festgebunden, fand er das Maulthier, welches bekanntermaßen das Eigenthum von Don Carnazza ist. Bei der Durchsuchung des Hauses fiel mein Blick so gleich auf die Kredenz des besagten Eßzimmers, auf welcher zwei sechsarmige Leuchter aus massivem Silber deutlich sichtbar ins Auge fielen. Die besagten Kandelaber waren wenige Tage zuvor von dem nämlichen Don Carnazza als aus seiner Kirche gestohlene zur Anzeige gebracht worden.
Nachdem wir in das Schlafzimmer hinaufgestiegen waren, entdeckten wir, daß die Bettücher, in welchen der Bovara schlief, die gestickten Initialen des Vor- und Nachnamens von Don Carnazza trugen, folglich also zu dessen Ausstattung gehörten.
Daraus leiteten der Unterzeichnete und der La Mantìa den Anlaß und den Hergang der Blutthat ab. Im Orte war allerseiten bekannt, daß die Witfrau Cìcero Teresina seit geraumer Zeit fleischliche Verbindungen zu Don Carnazza unterhielt, zu welchem Zwecke sie sich jeden Morgen gleich nach der Frühmesse in die über der Kirche liegende Wohnung desselben begab. Nachdem sie den Bovara durch die Vermietung ihres in Vigàta befindlichen Hauses kennengelernt hatte, mußte die Witfrau sich wohl in den Mühleninspekteur verguckt haben, und sicher ist zwischen diesen beiden eine intime Beziehung entbrannt, zumal die Cìcero als leichtlebige Frauensperson gilt.
Infolge davon überschüttete die Cìcero, entweder von dem Bovara dazu angehalten oder aus eigenem Willen handelnd, den neuen Geliebten mit allem, was sie von dem Priester erhalten hatte oder aus seiner unmittelbaren Nähe wegschleppen konnte. Der Thathergang, so wie er sich dem Verstande unmittelbar darstellt, muß sich folgendermaßen abgespielt haben: Als der Priester die Verbindung zwischen seiner Geliebten und dem Bovara entdeckte, hat er sich, zu einer Aussprache unter Männern, zu dessen Haus begeben. Doch beim Anblicke der gestohlenen Kandelaber muß er sehr wüthend geworden sein, weshalb der Bovara, während des heftigen Wortgefechtes, den Revolver zog, auf ihn schoß und ihn damit umbrachte. Daraufhin hat er das Maulthier hinter dem Hause versteckt, ist nach Montelusa in die Polizeidienststelle gekommen und hat eine andere als die eigentlich vorgefallene Geschichte erzählt.
Doch, so lautete die Frage, die ich mir selbst stellte: Warum hat er einen solchen Schritt gethan? Im ersten Augenblicke wußte ich mir keine Antwort darauf zu geben.
Unterdessen hatte der Arzt den Tod des Leichnames festgestellt und der Signor Amtsrichter die Überführung des Toten veranlaßt. Nach Erledigung all dessen, hat der Unterzeichnete die Verbringung des Bovara in die Polizeidienststelle veranlaßt und einen Polizisten in den Gemeindetheil Zuccarello entsandt, wo sich das Landhaus der o. g. Cìcero Teresina befindet, indessen er persönlich sich zur Stadtwohnung der Cìcero begab, welche in der Garibaldigasse liegt. Trotz Klopfens war niemand zu bemerken. Eine Nachbarin, Luparello Antonia, brachte mir zur Kenntnis, daß die Cìcero am Tage zuvor in der Kutsche fortgefahren und nicht mehr nach Hause zurückgekehrt sei. Kurz darauf berichtete mir der in den Gemeindetheil Zuccarello entsandte Polizist, daß das Landhaus nicht bewohnt sei. Die Flucht der Cìcero ließ ihre Komplizenschaft bei der von ihrem Geliebten Bovara begangenen Blutthat klar erkennen. Doch gerade deshalb nahm in meinem Kopfe die Antwort auf die Frage
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