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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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schlimmstenfalls wieder nach Porto Empedocle umziehen können. Doch Felice verlangte, daß der Bruder sich wöchentlich nach Palermo begeben sollte, um ihm so etwas wie einen systematischen Bericht über den Gang der Geschäfte zu erstatten. Daraufhin entscheidet Don Stefano, sich mit seiner gesamten Familie in Palermo niederzulassen.
    Er mietet das Erdgeschoß einer zweistöckigen kleinen Villa in der Via Porta di Castro, hinter dem Königlichen Palais, in der arabischen Galka (alhalqah bedeutet im Arabischen ›Stadtmauer, Umfriedung‹), also im Herzen der Stadt.
      Für den dreizehnjährigen Luigi ist der Umzug traumatisch.
       Er sah sich wieder als kleiner Junge, wieder an der Hand der Mutter, all diese abschüssigen Gassen hinauf geschleift und heruntergeschleift werden, Gassen, die mit Flußsteinen gepflastert waren wie Betten von Wildbächen und alle im Schatten lagen, eingeengt von Häusermauern gleich vor einem, Gassen mit einem bißchen Himmel, den man in ihrer Enge sehen konnte, sich dabei den Hals verrenkte und ihn dann doch nicht zu sehen bekam…
      Von den abschüssigen Gassen Girgentis in das Palermo, wie es sich Donna Mimma darstellt, einer seiner Theaterfiguren:
       Das eine Piazza? Wieviel Grandezza!… Zwischen all diesen Palais Albträume von riesenhaften, lampen durchlöcherten Schatten, eine Piazza geblendet von Umtriebigkeit unten, von gefährlichem Spiel, und oben von so vielen Lichterstreifen, Girlanden, Lichterketten auf langen, geraden, endlosen Straßen, mitten in dem Gewühl von Menschen, die hier und da zu ihnen hochspringen, ganz plötzlich, feindlich, und der Höllenlärm, der von allen Seiten über sie hereinbricht, von Wagen, die eilig davonbrausen…
    Doch der junge Luigi hat seine Oase im Garten gefunden, der die schöne, verborgene Villa umgibt, in die er mit seiner Familie gezogen ist. Auf der oberen Etage wohnen die Eigentümer, wohlhabende, freundliche Leute, mit denen die Pirandellos sich anfreunden. Sie haben eine kleine Tochter, die während der Schulzeit ein von Nonnen geführtes Pensionat besucht, in das die Töchter der Großbourgeoisie von Palermo gehen: sie heißt Giovanna und ist fast elf. Sie ist sehr schön, sehr anmutig, sie bewegt sich mit Eleganz, ganz den Verhaltensunterweisungen entsprechend, die sie im Pensionat erlernt.

    GIOVANNA

      Der Haupteingang zur Villa an der Porta di Castro befindet sich natürlich an der Vorderseite, zwei Treppenrampen von fünf Stufen führen zu einer Art Perron, wo sich die große Haustüre befindet. Im Souterrain befinden sich Lagerräume. Die Pirandellos aber betreten die Villa von der Rückseite, auch hier halten fünf Stufen auf einem von schmiedeeisernen Gittern eingefaßten Perron, einer Art Dienstboteneingang. Der junge Luigi bemächtigt sich augenblicklich des hinteren Teils des Gartens, der sehr gepflegt ist. Da gibt es Rosen, Blumengewächse, Obstbäume. Er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, mit einem Buch in der Hand auf einen Baum zu klettern und ein paar Stunden dort zu verbringen. Wenn ihm danach ist, streckt er eine Hand aus, pflückt eine Frucht und ißt sie. Es ist Anfang Juni, die Schule ist seit nicht ganz einer Woche zu Ende, und es ist schon sehr heiß. Eines Vormittags, als es bis zum Mittagessen nicht mehr lange hin ist, sieht der junge Luigi, daß an der Fenstertüre, die auf das Perron hinausfuhrt, sich ein Mädchen seines Alters zeigt, nein, nicht ganz, sie ist ein oder zwei Jahre jünger als er, schön, blond, hat blaue Augen und ist sehr anmutig. Er glaubt, er sei nicht gesehen worden, so verborgen hinter dem Blattwerk, doch sie schaut ganz genau ihn an und lächelt ihm zu.
    »Ich hatte dich für eine Katze gehalten.«
    Luigino kann ihr überhaupt nicht antworten, er klettert so eilig vom Baum herunter, daß er sich eine Hand aufschürft, den Kopf gesenkt hält, blitzschnell die fünf Stufen hinaufschießt, ins Haus stürmt, wobei sein Herz so rast und pocht, daß es ihm aus dem Hals zu springen droht. Doch nach dem Mittagessen statten die Eigentümer den Pirandellos einen Besuch ab, um ihnen ihre gerade aus dem Pensionat eingetroffene Tochter Giovanna vorzustellen. Als das Mädchen ihm ihre Hand hinhält, wird Luiginos Gesicht zur Waberlohe.
    Am nächsten Vormittag, zu der Stunde, in der Luigino
    an den vorangegangenen Tagen gewöhnlich auf den Baum kletterte, steht er mit dem Buch in der Hand im Türbogen, von der Fenstertüre aus kann er nicht beobachtet werden. Er hat einerseits das

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