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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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zuckt mit den Schultern: diese Erklärung kann er nicht zulassen. Er untersucht den Jungen sehr auf merksam, Herz, Lungen, Leber, Nieren, alles in Ordnung. Ja, was dann? Er verschreibt Medikamente, die vor allem das Fieber senken sollen, und versichert, daß er am nächsten Morgen mit einem Kollegen vorbeikommen würde. Den ganzen Tag über und die ganze Nacht bleibt das Fieber gleich bei zweiundvierzig Grad, kein Anzeichen, daß es sinken will, obwohl Donna Caterina aufmerksam die Verschreibung befolgt.
      In eine Wasserschüssel, die sie auf dem Schoß hat, taucht sie gelegentlich einen Leinenlappen und legt ihn auf die Stirn des Sohnes, oft fährt sie ihm mit einem nassen Taschentuch über den Mund, um seine heißen Lippen zu kühlen.
      Auch der neue Arzt breitet traurig die Arme aus, nachdem er Luigino untersucht hat, auch er versteht die Krankheit nicht. Die beiden Ärzte unterhalten sich abseits miteinander, dann erklären sie Donna Caterina, daß die Lage schwierig sei und daß sie wohl oder übel mit der verschriebenen Behandlung fortfahren solle. Noch ein Nachmittag und noch eine Nacht voller Verzweiflung für die Mutter, die am dritten Tag nach dem besten Spezialisten von Palermo schicken läßt.
    Dieser ist pessimistischer als seine Kollegen, freundlich
    und einfühlsam macht er Donna Caterina darauf aufmerksam, daß ihr Sohn, seiner Meinung nach, am Ende sei, man nichts mehr für ihn tun könne, das ganze eine Frage von Tagen sei und er den Grund für diesen Zustand nicht diagnostizieren könne. Zu den schon vorhandenen verschreibt er weitere Medikamente und geht kopfschüttelnd weg. Unterdessen magerte der junge Luigi immer mehr ab, nur seine Augen wurden immer größer. Doch Donna Caterina gab sich an diesem Punkt nicht geschlagen. Gaspare Giudice schreibt:
    ›Mit einer Energie, die mit Sicherheit dem Umstand
    zuzuschreiben war, daß sie in einer Familie von Männern aufgewachsen war, die immer an der Grenze ihrer Existenz lebten, stopfte sie in die Tabletten, die der kranke Junge schluckte, Fleischextrakt. Der junge Luigi war völlig hinüber, er erkannte niemanden mehr. Doch die Mutter hielt ihn an den Haaren über dem Abgrund fest und zwang ihn zu leben.‹
      Luigino fängt zwar wieder an zu leben, aber nur sehr widerwillig. Als letztes kehrt die Erinnerung an sich selbst zurück, an die Familie, an die Dinge, die ihn umgeben, fast eine mehr oder weniger bewußte Lust, das Erkennen seines eigentlichen Wesens nach der Enthüllung jener Lippen auf seinem Blut hinauszuzögern. Bei diesem ganzen Ereignis ist, so wie er es in späteren Jahren erzählt, der Vater auf einzigartige Weise nicht gegenwärtig: doch gewiß hat Don Stefano mitgebangt, hat er Donna Caterinas Hilflosigkeit mitgetragen, nur wollte der junge Luigi seine Gegenwart eben nicht zur Kenntnis nehmen.
      Die Genesung zieht sich lange hin und ist mühsam, Luigino ist in die Höhe geschossen, aber abgemagert, er hält sich kaum auf den Beinen, er wankt und torkelt wie ein neugeborenes Zicklein. Dann kommen die Schulferien, und Giovanna kehrt für eine kurze Zeit in die kleine Villa an der Porta di Castro zurück. Als sie das erste Mal auf Luigino trifft, der alles daran gesetzt hat, ihr nicht zu begegnen, und sieht, wie abgemagert er ist, wie ungepflegt, mit Haaren wie ein Verwilderter, mit dem Blick noch halb verloren, trifft sie das dermaßen, daß nun sie ohnmächtig wird.
    Luigino verbarrikadiert sich in seinem Zimmer, er hat beschlossen, es solange nicht zu verlassen, bis Giovanna wieder ins Pensionat zurückgekehrt ist. Mitunter steckt er seinen Kopf unter das Kissen oder hält sich die Ohren zu, um Giovannas Stimme oder ihre Schritte nicht hören zu müssen. Die Anwesenheit des Mädchens löst bei ihm eine ausgesprochene Obsession aus, und wieder ist er in Gefahr, krank zu werden. Da trifft Donna Caterina eine Entscheidung und teilt sie ihrem Sohn mit: sie werden eine neue Wohnung suchen und umziehen, Luigino wird keine Gelegenheit mehr haben, Giovanna zu sehen. Und so geschieht es. Kurze Zeit später ziehen die Pirandellos in die Via Borgo.

    Eine Zwischenbemerkung. Die Weigerung, sich mit Giovanna zu treffen, dem Mädchen, das er geliebt hat, wird Jahre später eine genaue Wiederholung erleben. In Deutschland, während der Bonner Studienjahre, hat Luigi eine Beziehung mit einer jungen Frau, Jenny SchulzLander. Ihr widmet er die Verse des Gedichts Ostern, Gäa:
       Meine liebe, süsse Freundin, Bevor ich Rom verlassen

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