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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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unglaublicher Einsamkeit, gewissermaßen ausgegrenzt, was fraglos ihr zartes Nervenkostüm schwer belastete, wofür die Krise während Faustos Stillzeit ein Anzeichen war, aber von allen - und allen voran ihrem Mann - unterschätzt worden war.
      Das Bindemittel, das ihre Identität als Ehefrau zusammenhielt, war ja gerade die Rendite aus ihrer Mitgift: durch sie bekräftigte Antonietta tagtäglich ihre Präsenz, ihr Dasein. Sie war es, die das tägliche Brot für alle garantierte, und sie war es auch, die es ihrem Mann letzten Endes ermöglichte, weiter zu schreiben.
    Wenn nun aber diese Rendite ausblieb, reduzierte sich ihre Stellung innerhalb der Familie auf den engen Rahmen einer Versorgung der Kinder, die acht, sechs und vier Jahre alt waren (was jetzt, ohne Geld, vor allem zu einem großen Problem wird). Da sich ihr »Wert« aufgelöst hat (und das in einem ganz und gar kommerziellen Sinn, denn auf dieser Grundlage war die Ehe ja errichtet worden), ist sie in den Augen ihres Gatten nur noch eine tote Last. Und die Lähmung ist nichts anderes als die Konkretisierung dieser Metapher.
      Und Luigi? Mit Bitterkeit muß er sich in die Einsicht fügen, daß er sich nur dem Augenschein nach von der Kette um seinen Hals zu befreien vermocht hatte, sie war da, sie blieb auch weiterhin da, und wie! Ein unerwartetes Rucken mit der Kette, von der er sich befreit zu haben glaubte, reichte aus, um ihn zu ersticken. Wieder kommt der Vater zurück, um Schaden bei ihm anzurichten, und dieses Mal gibt es keine Auswege. Der vertauschte Sohn muß wieder ganz von vorne anfangen. In den Tagen, die unmittelbar auf diesen Schlag folgen, denkt er ernsthaft daran, sich das Leben zu nehmen. Er will einen überlegten, durchkalkulierten Selbstmord begehen. Wenn er tot ist, können Antonietta und die Kinder nach Girgenti zurückkehren, wo Calogero Portolano sich notwendigerweise um sie kümmern muß.
      Doch fast unmittelbar darauf erhält er von seinen Freunden, kaum daß sie von seinen Schwierigkeiten erfahren haben, Zeichen konkreter Solidarität. Über die dramatische Veränderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse schreibt er an Angiolo Orvieto:
    Ich, lieber Angiolo, will nicht nur nicht ausruhen, sondern kann es auch nicht, kann es nicht mehr. Du mußt wissen, daß seit etwa einem Jahr die finanziellen Verhältnisse meiner Familie aufgrund eines plötzlichen Unheils nicht mehr die von früher sind. Eine große Schwefelmine, die meinem Vater und uns allen ein angenehmes Leben ermöglichte, ist überflutet, und die Überflutung hat Schäden von mehr als vierhunderttausend Lire verursacht. Dieses Unheil ist nicht völlig uner setzlich. Mein Vater hat in einem Jahr bereits zwei hunderttausend Lire für den Bau einer Wasserleitung und einer Rampe ausgegeben. Jetzt fängt die Mine an sich zu entleeren, aber es braucht mindestens noch ein weiteres Jahr, bevor man wieder mit dem Abbau des Minerals beginnen kann. Unterdessen bin ich… mit drei Kindern und meiner Frau… verblieben, Du kannst Dir vorstellen, in welchem Zustand! Das armselige Gehalt als außerplanmäßiger Professor an der Lehranstalt reicht gerade einmal, um die Miete zu zahlen. Ich muß mir mit Händen und Füßen helfen, um Geld zu verdienen, indem ich schreibe. Das ist eine schreckliche Prüfung, mein Freund! Eine unerwartete!
       Du weißt, daß ich der ›Marzocco‹ seit vielen Jahren unentgeltlich meine Mitarbeit zur Verfügung stelle. Du kannst Dir vorstellen, mit wieviel Freude ich weiterhin von Zeit zu Zeit die eine oder andere Novelle schicken würde. Aber… ich hab's dir gesagt, ich hatte eine, und für fünfundzwanzig Lire habe ich sie an eine andere Zeitung geschickt!
       Ich will Adolfo unter gar keinen Umständen drängen: du verstehst mich! Wenn er will, könnte ich mich für denselben Betrag verpflichten, auch ihm eine kleine Novelle jeden Monat zu schicken, anfangend mit dem kommenden Januar… Ach, wenn Du wüßtest, wie sehr ich leide, Dir in dieser Form zu schreiben…
    Die Antwort von Adolfo Orvieto, des Bruders von Angiolo und des Herausgebers der Zeitschrift, kommt postwendend: er zahlt nicht nur dreitausend Lire für die Novellen, die Luigi ohne irgendein Honorar veröffentlicht hatte, sondern er erhöht die Vergütung für jede Novelle auf dreißig Lire. Die Zeitschrift ›Nuova Antologia‹ (Neue Anthologie) öffnet ihm ihre Türen. Er selber trifft die Entscheidung, Privatunterricht in Italienisch für ausländische Schüler zu

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