Untitled
Schreibtisch.
Hargensen war ein großer, eindrucksvoller Mann mit dem selbstbewußten Gehabe des Erfolgreichen.
Er trug einen braunen maßgeschneiderten Anzug mit kleinen grünen und goldenen Fäden im Gewebe, der Grayles Konfektionsanzug jämmerlich in den Schatten stellte. Seine Aktentasche war dünn, aus echtem Leder und mit einem Schloß aus rostfreiem Stahl versehen. Das Lächeln war faltenlos und voll schimmerndweißer Zähne. Ein Lächeln, bei dem das Herz der Dame Justitia dahinschmelzen mußte wie Butter in der Sonne. Sein Händedruck war Klasse fest, warm, lang.
»Mr. Grayle, ich habe schon eine ganze Weile den Wunsch, Sie kennenzulernen.«
»Ich freue mich immer, interessierte Eltern hier begrüßen zu dürfen«, sagte Grayle mit trockenem Lächeln. »Deshalb haben wir auch jeden Oktober den Tag der offenen Tür für die Eltern.«
»Natürlich.« Hargensen lächelte. »Ich stelle mir vor, Sie sind ein vielbeschäftigter Marm, und ich muß in fünfundvierzig Minuten im Gericht sein. Wollen wir zur Sache kommen?«
»Gewiß.« Grayle griff in seine Klammernschachtel und begann, die erste Klammer zu malträtieren. »Ich nehme an, Sie sind wegen der Disziplinarstrafe gegen Ihre Tochter Christine hier. Sie sollten wissen, daß in diesem Fall die Schulordnung zuständig ist. Als ein Mann, der sich selbst mit Fragen der Gerechtigkeit beschäftigt, sollten Sie bedenken, daß ein Verstoß gegen die Regeln kaum «
Hargensen winkte ungeduldig ab. »Offensichtlich gehen Sie von falschen Voraussetzungen aus, Mr. Grayle. Ich bin hier, weil meine Tochter von Ihrer Gymnastiklehrerin, Miß Rhoda Desjardin, mißhandelt wurde. Und beschimpft, fürchte ich. Ich glaube, der Ausdruck, den Miß Desjardin in Verbindung mit meiner Tochter gebrauchte, war beschissen.«
Grayle seufzte innerlich. »Miß Desjardin wurde verwarnt.«
John Hargensens Lächeln kühlte sich um dreißig Grad ab. »Ich fürchte, eine Verwarnung genügt nicht. Ich glaube, das ist das erste Jahr der jungen, eh, Dame als Lehrerin?«
»Ja. Wir hielten sie für außerordentlich befähigt.«
»Offensichtlich beinhaltet diese außerordentliche Befähigung auch die Gabe, Schülerinnen gegen Wandschränke zu schleudern und wie ein Matrose zu fluchen?«
Grayle parierte: »Als Rechtsanwalt wissen Sie sicher, daß dieser Staat den Status der Schule als in loco parentis anerkennt verbunden mit der vollen Verantwortung, vertreten wir auch alle elterlichen Rechte während der Schulzeit. Falls Ihnen das nicht bekannt sein sollte, verweise ich Sie auf den Fall Monondoch & Consolidated School District gegen Cranepool oder...«
»Ich bin mit der Sache vertraut«, antwortete Hargensen. »Ich weiß außerdem, daß sich weder der Cranepool-Fall, den die Verwaltungsbeamten so gerne heranziehen, noch der Frick-Fall auf körperliche oder seelische Mißhandlung erstrecken. Da gibt es allerdings den Fall School District No.4 gegen David. Sind Sie zufällig damit vertraut?«
Grayle kannte den Fall. George Kramer, der stellvertretende Schulleiter der Consolidated High School in Süd Dakota 14, war ein Poker-Fan. Inzwischen pokerte er nicht mehr viel. Er arbeitete nun für eine Versicherungsgesellschaft, nachdem er eigenhändig einem Schüler die Haare geschnitten hatte. Das District hatte schließlich siebentausend Dollar Schadenersatz gezahlt, eintausend Dollar pro Schnitt.
Grayle machte sich an eine weitere Klammer.
»Lassen Sie uns jetzt nicht die einzelnen Fälle aufzählen, Mr. Grayle. Wir sind Geschäftsleute. Ich will keine Unannehmlichkeiten. Ich will kein Aufsehen. Meine Tochter ist zu Hause, und sie wird dort Montag und Dienstag bleiben. Damit ist ihre DreiTage-Suspendierung erfüllt. Das geht doch in Ordnung.« Eine weitere wegwerfende Handbewegung.
(fang Fido guter Junge hier ist ein schöner Knochen)
»Jetzt zu dem, was ich will«, fuhr Hargensen fort. »Erstens, Ballkarten für meine Tochter. Für ein Mädchen ist der Abschlußball wichtig, und Chris ist sehr deprimiert. Zweitens, keine Vertragserneuerung mit dieser Desjardin. Das ist für mich. Ich denke, wenn ich mir die Mühe machte, die Schule vor Gericht zu bringen, hätte ich sowohl ihre Entlassung als auch den Anspruch auf ansehnlichen Schadensersatz in der Tasche. Aber ich will nicht rachsüchtig sein.«
»Sie würden also vor Gericht gehen, falls ich nicht auf Ihre Forderungen eingehe?«
»Ich nehme an,
Weitere Kostenlose Bücher