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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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waren. Sie steckten die Köpfe zusammen, beratschlagten und zählten noch einmal. Mr. Stephens nickte, fuhr noch einmal mit dem Daumen über die Zettel, wie einer, der pokern will, und gab sie an Vic zurück. Der kletterte wieder auf die Bühne und ging zum Mikrophon. Die Billy Bosnan Band spielte einen Tusch. Vic lächelte nervös, räusperte sich ins Mikrophon und erschrak über das zurückkehrende Winseln. Beinahe hätte er die Wahlzettel fallenlassen. Jemand kicherte.
      »Die Sache hat einen Haken«, verkündete er unfeierlich. »Mr. Lublin sagt, dies ist das erstemal in der Geschichte des Frühlingsballes —«
      »Wie weit geht er zurück?« brummte jemand hinter Tommy. »Achtzehnhundert?«
      »Wir haben die gleiche Stimmzahl.«
      Die Menge murmelte.
      »Dreiundsechzig Stimmen für Frank Grier und Jessica MacLean und dreiundsechzig Stimmen für Thomas Ross und Carrie White.«
      Nach einem Moment der Stille donnerte der Applaus. Tommy sah über den Tisch hinweg seine Begleiterin an. Ihr Kopf war gesenkt, als schämte sie sich, aber er hatte plötzlich so ein Gefühl
      (Carrie Carrie Carrie)
      wie damals, als er sie gebeten hatte, mit ihm zu kommen. Sein Kopf fühlte sich an, als bewegte sich da drin etwas Fremdes und riefe Carries Namen, immer und immer wieder. Als ob —
      »Achtung!« rief Vic. »Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte.« Der Applaus verebbte. »Wir werden eine Stichwahl vornehmen. Sie bekommen jetzt noch einmal Stimmzettel und werden gebeten, darauf dasjenige von den beiden genannten Paaren anzukreuzen, für das Sie stimmen.«
      Er verließ das Mikrophon sichtlich erleichtert.
      Die Wahlzettel wurden verteilt; man hatte sie hastig aus übriggebliebenen Programmheften gerissen. Die Band spielte unbeachtet, die Leute unterhielten sich aufgeregt.
      »Sie haben nicht uns applaudiert«, sagte Carrie und sah auf. Das, was er gefühlt hatte (oder geglaubt hatte zu fühlen), war vorbei. »Es kann nicht für uns gewesen sein.«
      »Vielleicht für dich.«
      Sie sah ihn stumm an.

    »Wieso dauert das so lange?« zischte sie ihn an. »Ich hab’ sie doch klatschen gehört. Vielleicht ist es vorbei. Wenn du mich — « Das Ende der Schnur hing lose zwischen ihnen, sie hatten es nicht mehr berührt, seitdem Billy ein Gewicht drangehängt und es durch das Loch in der Wand hinausgeworfen hatte.
      »Keine Sorge«, sagte er ruhig. »Sie werden das Schullied spielen. Das tun sie immer.«
    »Aber —«
      »Halt den Mund. Du redest zuviel.« Seine glühende Zigarettenspitze leuchtete beruhigend im Dunkeln.
      Sie hielt den Mund. Aber
      (oh wenn das vorbei ist gehst du vielleicht mit ‘ner Nutte ins Bett)
      sie war wütend über seine Worte. Man sprach nicht in diesem Ton mit ihr. Schließlich war ihr Vater Rechtsanwalt.
      Es war sieben Minuten vor zehn.

    Er hielt den zerbrochenen Bleistift in der Hand, bereit zu schreiben, als sie sein Handgelenk leicht berührte.
      »Nicht...«
      »Was?«
      »Stimme nicht für uns«, sagte sie schließlich.
      Er hob fragend eine Augenbraue. »Warum nicht? Eine Stimme hin oder her. Das sagte meine Mutter immer.«
      (Mutter)
      Ein Bild erstand plötzlich vor ihrem inneren Auge: ihre Mutter, die endlose Gebete zu einem übermächtigen, gesichtslosen, wesenlosen Gott emporschickte, der mit einem Flammenschwert in der Hand auf Parkplätzen umherstreifte. Angst stieg in ihr auf, und sie mußte alle Kraft zusammennehmen, um sich zu beherrschen. Sie konnte diese Angst, dieses Gefühl der Vorahnung nicht erklären. Sie konnte nur hilflos lächeln und wiederholen: »Nicht, bitte.« Die Wahlhelfer kamen zurück und sammelten die Zettel ein. Tommy zögerte einen Augenblick länger, dann kritzelte er plötzlich Tommy und Carrie auf den Papierfetzen. »Für dich«, sagte er. »Heute nacht soll es erstklassig für dich werden.«
      Sie konnte nicht antworten, denn die Vorahnung hatte sie gepackt: das Gesicht ihrer Mutter.

    Das Messer glitt am Wetzstein ab, und einen Augenblick später hatte es ihren Handballen unterhalb des Daumens aufgerissen.
      Sie blickte auf den Schnitt. Es blutete langsam, dicklich aus den geöffneten Lippen der Wunde, rann an ihrer Hand hinunter und tropfte auf den Linoleumfußboden der Küche. Gut. Es war gut. Die Schneide hatte Fleisch berührt und bluten lassen. Sie verband die Wunde nicht, sondern ließ das Blut über die scharfe Schneide tropfen, bis der glänzende Stahl matt

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