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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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immer applaudierend. Es war zehn Uhr sieben.

    Billy hatte gerade seine Zigarette ausgetreten. Chris Hargensen stand neben ihm und zeigte alle Anzeichen wachsender Nervosität. Ihre Hände spielten unablässig mit den Nähten ihrer Jeans, und sie biß sich auf die weiche Unterlippe, kaute darauf herum, bis es schmerzte.
      »Du glaubst, sie werden für sie stimmen?« sagte Billy leise.
      »Sie werden. Dafür habe ich gesorgt. Warum applaudieren die noch immer? Was geht da drinnen vor?«
      »Frag mich doch nicht, Baby. Ich —«
      Plötzlich dröhnte das Schullied heraus, kräftig und voll in der lauen Mailuft, und Chris sprang zur Seite, als habe man sie geschlagen. Einen leisen Ruf der Überraschung konnte sie nicht unterdrücken.
      Alle erheben sich wenn die High School ruhuhuft...
      »Mach schon«, sagte er. »Sie sind da.« Seine Augen glühten im Dunkeln. Das eigenartige, starre Grinsen verzerrte sein Gesicht.
      Sie leckte sich die Lippen. Sie beide starrten das baumelnde Ende der Schnur an.
      Wir schwenken unsere Fahnen hoch in die Luhuhuft...
      »Maul halten«, flüsterte sie. Sie zitterte, und er fand, ihr Körper habe noch nie so verlockend und aufregend ausgesehen. Wenn dies vorüber war, wollte er sie nehmen, bis alle anderen Male, die sie es getan hatte, ausgelöscht waren. Er würde über sie wie eine Krähe hinweggehen über Butter.
      »Keinen Mumm, Baby?«
      Er beugte sich vor. »Ich zieh nicht für dich dran. Es kann dableiben, bis die Hölle zufriert.«
      Mit Stolz wir tragen Rot und Weiheiheiß...
      Ein erstickter Laut, vielleicht ein unterdrückter Schrei, kam von ihren Lippen, und sie lehnte sich nach vorn und zog heftig mit beiden Händen an der Schnur. Es schien überhaupt keinen Widerstand zu geben, und Chris dachte, Billy habe sie die ganze Zeit zum Narren gehalten, sie dachte, die Schnur sei an nichts festgebunden. Doch dann spannte sie sich plötzlich, eine Sekunde lang, und dann lief sie durch Chris Finger, daß die Haut brannte.
      »Ich...«, begann sie.
      Die Musik drinnen brach mit einem jammernden Mißton ab. Einen Augenblick sangen vereinzelte Stimmen weiter, dann hörten auch die auf. Es herrschte vollkommene Stille, und dann schrie jemand. Wieder Stille.
      Sie starrten einander in der Dunkelheit an, wie festgefroren durch die Ungeheuerlichkeit der Tat, die sie insgeheim niemals für möglich gehalten hatten. Ihr Atem stockte.
      Dann begann drinnen das Gelächter.

    Es war zehn Uhr fünfundzwanzig, und das Gefühl wurde schlimmer und schlimmer. Sue stand vor dem Gasherd und wartete darauf, daß die Milch kochte, damit sie das Kakao-Pulver hineinschütten konnte. Zweimal war sie schon nach oben gegangen, um ihr Nachthemd anzuziehen, und zweimal hatte sie es nicht getan. Aus unerfindlichen Gründen zog es sie immer wieder in die Küche und zum Fenster, von dem aus man zum Brickyard Hill und auf die Spirale der Route 6 sehen konnte, die in die Stadt führte.
      Jetzt, als die Sirene vom Rathaus in der Main Street plötzlich in die Nacht hinaus zu heulen begann, an- und abschwellend in Zyklen der Angst, wandet sie sich nicht einmal sofort dem Fenster zu, sondern drehte nur die Gasflamme ab, damit die Milch nicht überlaufen konnte.
      Die Sirene heulte routinemäßig jeden Tag um zwölf Uhr mittags, und das war alles, ausgenommen wenn zur Zeit der Steppenbrände im August und September die freiwillige Feuerwehr alarmiert werden mußte. Die Sirene war ausschließlich für Katastrophenfälle gedacht, und ihr Ton klang schauerlich in dem leeren Haus.
      Sie ging zum Fenster, aber langsam. Das grelle Heulen der Sirene stieg an und fiel, stieg an und fiel.
      Irgendwo ertönten Trompeten, wie für eine Hochzeit. Sue konnte ihr Spiegelbild in dem dunklen Glas sehen, den geöffneten Mund, die großen Augen, und dann beschlug es durch ihren Atem.
      Eine halb vergessene Erinnerung stieg in ihr auf. Als Kinder in der Grundschule hatten sie Alarmübungen gehabt.
      Wenn der Lehrer in die Hände klatschte und sagte: »Die Sirene heult«, mußte man unters Pult kriechen, die Hände über den Kopf halten und entweder auf das ›Alarm zu Ende‹-Zeichen warten oder darauf, daß die Feinde einen angriffen und einen in Staub verwandelten. Jetzt hörte sie die Worte in Gedanken
      (die Sirene heult)
      so deutlich, wie auf einer Schallplatte.
      Weit unten, links, wo der Parkplatz der High School war — der Kreis von Laternen machte ihn

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