Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
gibt’s, Hinsen?«
    Die beiden Leute am Steuerbord schwitzten und legten sich
    in die Speichen, um den Schoner auf Kurs zu halten.
    »Die Kufen gleiten herum, Sir«, sagte Hinsen alarmiert. »Nur geringfügig, aber wir haben Schwierigkeiten. Sie verklemmen sich in den Eisspalten, Sir.«
    Arflane stellte sich zwischen die beiden Männer und packte das Steuerrad. Er wußte sofort, was Hinsen meinte: Die Kufen bewegten sich in den Furchen, die während der Jahrhunderte im Eis entstanden waren. Rutschte der Schoner mit dem Heck herum, dann mußte er kippen.
    »Wir brauchen noch zwei weitere Leute«, sagte Arflane. »Zwei der besten Rudergänger, die wir haben, Hinsen, und sie müssen über die nötigen Muskeln verfügen!«
    Kristoff Hinsen verschwand aus dem Steuerhaus, während Arflane und die beider Männer versuchten, das Steuerrad unter Kontrolle zu bringen. Der Schoner holperte, das ganze Deck vibrierte. Hinsen kam mit den beiden Rudergängern zurück, die das Steuer übernahmen. Trotzdem holperte der Schoner weiter, und es hatte den Anschein, als würde er sich völlig selbständig machen. Arflane blickte in Bugrichtung – der Hang schien kein Ende zu nehmen.
    »Übernehmen Sie das Kommando, Hinsen«, befahl Arflane. »Ich gehe nach vorn, um nachzusehen, was für eine Eisformation wir vor uns haben.«
    Arflane verließ die Brücke und ging über das vibrierende Deck zum Bug. Das Eis voraus schien von der gleichen Beschaffenheit zu sein. Der Schoner schwenkte herum und dann wieder auf Kurs. Das Gefalle wurde noch stärker, der Bug senkte sich noch tiefer. Als Arflane zurückkehrte, sah er Ulrica Ulsenn. Janek Ulsenn stand hinter ihr und hielt sich an der Backbordreling fest. Seine Augen blickten angsterfüllt. »Machen Sie sich keine Sorgen, Ma’am«, sagte Arflane, auf Ulrica zugehend. »Wir kommen schon irgendwie hinunter.« Janek Ulsenn rief seine Frau zu sich. Sie drehte sich nach ihm um, hob ihren Mantelsaum an und überquerte das schwan kende Deck. Arflane wollte ihr schon folgen, doch da änderte der Schoner wieder jäh den Kurs. Er rannte zum Brückenaufbau, sprang die Treppe hinauf und stürzte ins Steuerhaus. Hinsen und die vier anderen Männer kämpften schweißüberströmten Gesichts mit dem hin- und herrückenden Rad. Auch Arflane griff in die Speichen.
    »Wir machen zu langsame Fahrt«, ächzte er, »sonst würden wir leichter über das unebene Eis kommen.«
    Das Schiff schlingerte wieder, und die Männer bissen die Zähne zusammen, während ihre Hände das Steuerrad umklammerten.
    »Lassen Sie die schweren Anker fallen, Sir!« bat Hinsen.
    Arflane sah ihn eisig an. Nur in einer völlig aussichtslosen Situation warf ein Kapitän die schweren Anker. »Warum noch langsamer, Hinsen?« fragte er. »Im Gegenteil, die Fahrt muß schneller werden.«
    »Der Schoner muß anhalten, Sir. Das ist unsere einzige Chance. So wird es Lord Rorsefne ergangen sein!«
    Arflane spie aus. »Schwere Anker … Nein, Hinsen, wir fahren mit vollen Segeln hinunter!«
    Hinsen ließ vor Staunen das Steuerrad los. »Mit vollen Segeln, Sir?« Er starrte Arflane ungläubig an.
    Das Rad ruckte wieder, und die Kufen glitten quer über das Eis. Es dauerte einige Zeit äußerster Kraftanstrengungen, bis sie das Schiff wieder auf Kurs gebracht hatten.
    »Noch zwei, drei solcher Stöße, dann ist der Schoner erledigt«, sagte der Arflane am nächsten stehende Mann im Brustton der Überzeugung.
    »Lassen Sie alle Segel setzen, Hinsen!« rief Arflane.
    Als Hinsen wieder zögerte, nahm Arflane das Megaphon von dem Haken an der Wand und ging auf die Brücke. Auf dem Achterdeck sah er Petchnyoff. Der Mann machte einen verstörten Eindruck. An Bord des Schoners breitete sich eine stumme Panik aus.
    »Petchnyoff!« brüllte Arflane durch das Megaphon. »Schikken Sie die Leute in die Wanten! Volle Segel!«
    Die verstörten Besatzungsmitglieder starrten ihn groß an.
    Petchnyoff traute seinen Ohren nicht. »Was haben Sie gesagt, Sir?« fragte er.
    »Volle Segel! Der Schoner muß an Fahrt gewinnen, damit er sich leichter steuern läßt, Petchnyoff!«
    Der Schoner zitterte plötzlich und schleuderte achtern herum. »Alle Leute in die Wanten!« schrie Arflane, ließ das Megaphon sinken und rannte wieder ins Steuerhaus zurück. Hinsen wich seinem Blick aus; er war offenbar davon überzeugt, daß der Kapitän den Verstand verloren hatte.
    Durch das Steuerhausfenster sah Arflane die Leute die Masten hinaufklettern. Die Segel knallten und wölbten

Weitere Kostenlose Bücher