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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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giftig an.
    Arflane hatte ein merkwürdiges Zittern in den Beinen, als er die Treppe zur Brücke hinaufging. Dort stand Urquart mit seiner Harpune und blickte nach Steuerbord. Er nickte Arflane flüchtig zu. Der Steuermann salutierte. Das schwere Rad schlug dabei leicht aus, und der Steuermann korrigierte es sofort.
    Arflane trat an den großen, plump aussehenden Kompaß. Das Chronometer daneben war Jahrhunderte alt und nicht mehr sehr zuverlässig, doch ansonsten konnte man mit Hilfe dieser Navigationsgeräte einen verhältnismäßig genauen Kurs steuern. Arflane breitete auf dem Tisch neben dem Kompaß die Karte aus, stellte einige Berechnungen an und schien mit dem Ergebnis zufrieden.
    Er steckte den Kopf durch die Tür und sagte: »Urquart, wir brauchen noch einen zweiten Steuermann. Und zwei Mann müssen nach oben. Wir brauchen auch Ausguckposten. Wir sind nämlich nicht mehr weit vom Rand des Plateaus entfernt.« Er löste den Steuermann ab, blickte auf den Kompaß und drehte einige Grad Steuerbord bei. Als er den neuen Kurs festgesetzt hatte, übergab er das Ruder wieder dem Steuermann. Der zweite Mann trat ein. »Sie stehen dem Steuermann zur Verfügung«, sagte Arflane zu ihm.
    Rorsefne folgte Arflane auf die Brücke. Er sah Urquart auf dem Achterdeck stehen und sich mit einer Gruppe Leute unterhalten. Er deutete auf den Harpunier und sagte: »Urquart scheint in Ihrer Person einen Angehörigen der RorsefneFamilie zu sehen, Kapitän.« In seiner Stimme schwang keinerlei Ironie mit, aber Arflane sah ihn mißtrauisch an. »Davon ist mir nichts bekannt.«
    Der junge Mann lachte. »Janek gehört nicht dazu, das steht fest. Ist Ihnen aufgefallen, wie er erstarrte, als wir vorbeigingen? Ich habe wirklich keine Ahnung, weshalb er diese Reise mitmacht. Er segelt normalerweise überhaupt nicht gern. Dann hat er auch Pflichten in Friesgalt. Vielleicht will er Ulrica vor den fragwürdigen Aufmerksamkeiten einer Horde bärtiger Matrosen schützen!«
    Wieder wußte Arflane nicht recht, wie er die Worte Rorsefnes auslegen sollte. »Hier ist sie sicher genug«, grunzte er. »Davon bin ich überzeugt«, sagte Manfred. »Nur Janek ist anderer Meinung. Er ist furchtbar eifersüchtig. Was ihren Wert betrifft, schätzt er sie so hoch ein wie ein ganzes Lagerhaus Segeltücher!« Arflane zuckte die Achseln.
    Manfred lehnte sich an die Reling und blickte beiläufig nach oben. Einer der von Urquart bestimmten Ausguckposten kletterte in das ›Krähennest‹ des Oberbramsegels am Hauptmast. »Ich denke, das ist unser letzter sicherer Tag«, sagte Manfred. »Bis jetzt verlief alles zu reibungslos, finde ich. Ich kann nur hoffen, daß es ein wenig aufregender wird, wenn wir die Grenze des Plateaus erreichen.«
    Arflane lächelte grimmig. »Ich glaube nicht, daß Sie enttäuscht werden.«
    Der Himmel war noch immer blau und wolkenlos. Das Eis dunkelte in der Sonne, und die weißen, prallen Segel des Schoners schienen zu glänzen und das Eis zu reflektieren. Das Geräusch der Kufen war leise und wurde nur dann ein wenig lauter, wenn sie über eine unebene Stelle hinwegglitten. Manchmal knarrte eine Rahe. Der Ausguckposten hatte mittlerweile sein ›Krähennest‹ auf dem vordersten Mast erreicht und seinen Dienst aufgenommen.
    »Ich hoffe, daß ich nicht zu kurz komme«, grinste Rorsefne. »Vermutlich sind Sie meiner Meinung. Ich nehme an, daß Sie selber das Abenteuer lieben, und so kann ich mir nicht vorstellen, daß Ihnen die Fahrt bisher Spaß gemacht hat …«

    Am nächsten Tag kam die Grenze des Plateaus in Sicht. Es sah aus, als wäre der Horizont plötzlich näher herangerückt. Arflane, der nur einmal im Leben am Randbezirk des Plateaus vorbeigefahren war, spürte ein Frösteln, als er geradeaus blickte. Der Abhang war nicht steil, doch von weitem sah er wie ein senkrechter Abfall aus. Es war, als sei die Welt hier zu Ende. In gewissem Sinne war sie es auch, denn die Welt jenseits des Plateaus war Arflane völlig unbekannt. Kein Wunder, daß ihm unheimlich zumute war, als der Bug des Schoners abkippte. Arflane griff nach dem Megaphon und rief dem Ersten Offizier auf dem Achterdeck zu: »Lassen Sie ein paar Greifanker werfen, Petchnyoff! Sofort!«
    Petchnyoff eilte auf das Unterdeck. Wenig später stoppten
die das Eis aufreißenden Greifanker die Fahrt des Schoners, der
gefährlich zu schwanken begann. Die Segelfläche wurde auf
ein Minimum verkleinert.
»Sir!« rief Hinsen vom Steuerhaus her.
Arflane ging hinein. »Was

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