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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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wurde langsamer, die Kufen knirschten und hüpften.
    »Wir haben es geschafft, Sir!« Hinsen grinste breit. »Sie haben uns hinübergebracht, Sir!«
    »Das ging von allein, Hinsen. Hier, nehmen Sie wieder das Rad.«
    Als Hinsen übernommen hatte, ging Arflane auf die Brücke
    hinaus.
    Die meisten Leute waren bei diesem Satz des Schoners gestürzt und rappelten sich nun auf. Nur ein Mann blieb an Deck liegen. Arflane verließ die Brücke. Er ging auf den Mann zu, beugte sich über ihn und drehte ihn herum. Er hatte sich die Hälfte seiner Knochen gebrochen; das Blut sprudelte aus seinem Mund. Jetzt öffnete der Mann die Augen und blickte mit einem verzerrten Lächeln zu Arflane auf.
    »Ich wußte, daß es mich diesmal erwischen würde, Sir«, sagte er. Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Er war tot. Arflane richtete sich seufzend auf und rieb seine Stirn. Sein ganzer Körper schmerzte von der Anstrengung des Steuerns. Rasche Schritte – die Leute eilten zur Reling, um nach der Schlucht zurückzublicken. Keiner von ihnen sagte ein Wort. Urquart, der noch immer im Fockmast hing, brüllte vor Lachen. Dieses harte Geräusch brach das Schweigen und hallte auf dem ganzen Schoner wider. Einige der Männer drehten sich nach Arflane um, riefen ihm zu und ließen ihn hochleben. Ernsten Gesichts kehrte der Kapitän wieder auf die Brücke zurück und blieb dort einige Zeit stehen, um sich von den Hochrufen umbranden zu lassen. Dann griff er nach seinem Megaphon und setzte es an die Lippen.
    »Alle Mann in die Wanten! Segel reffen! Beeilung!«
    Die Leute leisteten dem Befehl bereitwillig Folge und kletterten in die Rahen.
    Petchnyoff erschien auf dem Achterdeck, hob den Kopf und musterte seinen Kapitän mit einem seltsam düsteren Blick. Dann fuhr er sich mit dem Ärmel seiner Pelzjacke über die Stirn und stieg zum Unterdeck hinab.
    »Lassen Sie die Greifanker einziehen, Petchnyoff!« rief Arflane ihm nach. »Es besteht keine Gefahr mehr.«
    Er blickte nach achtern in Richtung der verschwindenden Eisspalte und gratulierte sich selbst. Hätte er nicht den Entschluß gefaßt, die volle Geschwindigkeit beizubehalten, wäre der Schoner von dem Abgrund geschluckt worden. Er mußte einen Satz von gut zwölf Meter Weite gemacht haben. Er ging ins Steuerhaus. Dort schien alles in Ordnung zu sein, aber er wollte es genau überprüfen. Der Schoner hielt langsam an, denn die Segel waren gerefft. Er kletterte an einer Strickleiter auf das Eis. Die großen Kufen waren ein wenig angekratzt, doch ansonsten nicht beschädigt. Er blickte, den Schoner bewundernd, die Bordwand hinauf und strich mit seiner Hand über eine der Verstrebungen. Er war sicher, daß kein anderes Schiff nach dem Überspringen der Schlucht den Aufprall ausgehalten hätte.
    Als er wieder an Deck geklettert war, begegnete ihm Janek Ulsenn, dessen Gesicht vor Ärger dunkelrot angelaufen war. Auch das Gesicht Ulricas, die hinter ihm stand, war gerötet. Neben ihr stand Manfred Rorsefne, der so belustigt aussah wie immer und der murmelte: »Herzlichen Glückwunsch, Kapitän. Das war Maßarbeit.«
    Ulsenn stotterte erbost: »Sie sind ein verwegener Narr, Arflane! Wir alle wären fast ums Leben gekommen. Die Männer mögen annehmen, daß Sie diese Schlucht eingeplant hatten, aber ich weiß, daß das nicht der Fall war. Sie haben das Vertrauen der Leute verspielt, Arflane!«
    Arflane lachte nur und blickte herum. »Mir scheint eher, daß die Leute in einer besonders guten Stimmung sind.«
    »Das ist nur die Reaktion, weil die Gefahr vorbei ist. Warten Sie nur, bis die Leute erst einmal darüber nachgedacht haben!« »Ich habe übrigens schon darüber nachgedacht, Cousin«, sagte Manfred Rorsefne. »Dieser Zwischenfall wird das Vertrauen der Leute zu ihrem Kapitän nur festigen. Sie legen viel Wert auf einen Kapitän, der Glück hat.«
    Ulrica Ulsenn erwiderte nur zögernd Arflanes Blick. Arflane fand, daß in ihrem Blick eine gewisse Bewunderung verborgen war; aber dann wurden ihre Augen plötzlich kalt und nichtssagend.
    Manfred Rorsefne griff nach Ulricas Arm und begleitete sie bis vor ihre Kabine. Doch Ulsenn blieb vor Arflane stehen. »Sie werden uns alle umbringen!« fuhr er fort und wußte anscheinend nicht, daß Arflane ihm keinerlei Aufmerksamkeit widmete.
    Arflane sah ihn ruhig an. »Eines Tages werde ich gewiß noch jemanden umbringen«, sagte er lächelnd und ging, von den bewundernden Blicken der Mannschaft und den haßfunkelnden Augen Lord Janek Ulsenns

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