Untitled
Truhe und blickte nachdenklich auf ihn herab.
»Warum bist du so traurig?« fragte er, drehte seinen Kopf auf dem Kissen herum und sah sie an.
Sie seufzte, setzte sich auf die Truhe und verschränkte ihre Arme. »Haben wir diese Situation nicht im Grunde heraufbeschworen, Konrad?«
»Zunächst einmal: Ich wollte ihn nicht an Bord haben, das weißt du.«
»Aber er hatte keine andere Wahl. Unser Benehmen zwang ihn dazu.«
»Er wollte mich umbringen, das ist etwas anderes.«
»Vielleicht hast du ihn soweit gebracht.« Sie drückte ihre
Handflächen zusammen. »Ach, ich weiß es nicht …«
»Was soll ich tun, Ulrica?«
»Nichts.«
»Wir sind zusammen.«
»Ja.«
Arflane richtete sich in seiner Koje auf. »Aber es ist nun einmal geschehen«, sagte er, fast trotzig. »Wie können wir jetzt etwas daran ändern?«
Draußen heulte der Wind, und der Schnee flog gegen das Kabinenfenster. Die Kufen des Schoners schwankten leicht auf dem rauhen Eis. Arflanes Schulter schmerzte höllisch. Später legte Ulrica sich neben ihn, und sie lauschten gemeinsam dem Lied des immer stärker werdenden Sturms.
Am späten Nachmittag verließ Arflane seine Kabine. Als ihm der Schnee ins Gesicht fegte, fühlte er sich besser, und er stieg die schlüpfrige Treppe zur Brücke hinauf, wo ihn Manfred Rorsefne erwartete. »Wie fühlen Sie sich, Kapitän?« fragte Rorsefne. »Gut. Wo sind die Offiziere?«
»Hinsen ist oben und Urquart ging nach unten. Ich halte hier Wache und muß sagen, daß ich bisher meinen Beruf verfehlt hatte.«
»Wie läuft das Schiff?«
»Den Umständen entsprechend gut.« Rorsefne deutete nach oben. Das Takelwerk war in dem Flockengestöber kaum zu erkennen. Dunkle Silhouetten huschten herum und refften die Segel. »Sie haben sich eine gute Mannschaft ausgesucht, Kapitän. – Wie geht es meiner Cousine?« Die Frage war nebenbei gestellt worden, aber Arflane entging nicht der tiefere Sinn. Das Schiff verlangsamte seine Fahrt. Arflane warf einen Blick in Richtung des Steuerhauses, bevor er Rorsefnes Frage beantwortete: »Es geht ihr gut. Sie wissen, was passiert ist?« »Ich habe es vorausgesehen.« Rorsefne lächelte und blickte in die Takelung.
»Sie …« Arflane war nicht in der Lage, seine Gedanken in Worte zu kleiden. »Wie …?«
»Und es geht mich nichts an, Kapitän«, unterbrach ihn Rorsefne. »Immerhin haben Sie das Kommando über alle Leute, die sich auf diesem Schoner befinden.« Die Ironie war deutlich. Rorsefne nickte Arflane zu und verließ die Brücke. Arflane blickte hinter Rorsefne her, bis er verschwunden war. Das Wetter wurde nicht besser; der Winter brach an, und sie fuhren nach Norden. Ein Drittel der Besatzung war ausgefallen; sie würden in Schwierigkeiten geraten, wenn sie nicht mit der bestmöglichen Geschwindigkeit nach New York kamen. Als das letzte Licht verschwunden war, erschien Urquart auf dem Deck und blickte zur Brücke hinauf. Der Harpunier schien sich wieder gefangen zu haben. Er kam, die Harpune in die Ellenbogenbeuge gelegt, die Treppe herauf und stellte sich neben Arflane. »Sie sind jetzt mit der Frau zusammen, Kapitän?« fragte er beiläufig. »Ja.«
»Sie wird Sie vernichten.« Urquart spie in den Wind und wandte sich ab. »Ich lasse den Schnee vom Vorderdeck räumen.«
Arflane beobachtete Urquart, der die Arbeiten auf dem Deck
beaufsichtigte. Er fragte sich, ob die Warnung des Harpuniers auf Eifersucht zurückzuführen war. Immerhin war Ulrica Urquarts Halbschwester. Vielleicht mischte er sich deshalb ein und hatte deshalb auch eine Abneigung gegen Ulsenn. Arflane hielt sich überflüssigerweise noch eine Stunde an Deck auf, ehe er schließlich nach unten ging.
18
Der Herbst ging rasch in den Winter über, als der Schoner sich weiter nach Norden bewegte. In den folgenden Wochen wurde das Wetter schlechter und schlechter. Die überarbeitete Mannschaft konnte den Schoner immer unvollkommener bedienen. Nur Urquart war grimmig entschlossen, alles aus dem Schoner herauszuholen. Wegen des nun fast ständigen Schneetreibens machte der Schoner nur langsame Fahrt; New York war noch Hunderte von Meilen entfernt.
Fiel zufällig kein Schnee, dann hüllten Nebelschwaden das Schiff ein, so daß man mitunter nur wenige Meter weit sehen konnte. Manfred Rorsefne berichtete, daß Janek Ulsenn jetzt sein Schicksal mit Gelassenheit, wenn nicht gar mit Humor ertragen würde. Arflane hörte sich diese Meldung kommentarlos an. Seine angeborene Wortkargheit hatte einen Punkt erreicht,
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