Untitled
Reichweite stand, bellte er einen Befehl in einer fremden Sprache, wahrscheinlich italienisch.
Mini-Wutkopf-Stemmeisen-Boy betrat das Zimmer. Als er Molly bei ihrer Imitation des Schwanensee-Finales sah, blieb er ruckartig stehen. Doch dann beeilte er sich und half Gina, die Matratze zurück auf den Boden zu legen. Ihre selbst g e bastelte Waffe, die nunmehr an der Wand lehnte, ließ er dabei jedoch keinen Augenblick lang aus den Augen.
Als Gina die Laken und Decken ausbreitete, zeigte der vertikal stark gehandicapte Mann, was er draufhatte: Er nahm Molly ohne jede Mühe auf die Arme und trug sie zum Bett hinüber.
Molly sicherte sich ihre Anwartschaft auf den Oscar für die beste Schauspielerin, indem sie weder quiekte noch die Augen aufschlug.
Erst als sie auf dem Bett lag und Gina sich über sie beugte, begannen ihre Augenlider zu zucken.
Bravo.
Emilio rief erneut etwas den Flur hinunter, worauf mit g e senktem Kopf eine schüchterne, dunkelhaarige Frau au f tauchte. Sie überreichte ihm ein paar Wasserflaschen und war sofort wieder verschwunden.
»Sie muss ins Krankenhaus«, sagte Gina zu Emilio. Jetzt, wo es nicht mehr möglich war, sich hinauszukämpfen, konnten sie schließlich auch Mollys Idee ausprobieren.
Er reichte die Wasserflaschen an Stemmeisen-Boy weiter, der sie Gina mit wütendem Gesicht entgegenstreckte. Sie nahm sie ihm ab, in erster Linie, damit er sie nicht damit b e werfen konnte.
Gott, er machte ihr Angst.
Emilio sagte: »Wie Sie sehen, sind die Flaschen origina l verpackt, genau wie die Dosen.«
Gina machte eine Flasche auf, half Molly sich aufzusetzen und einen Schluck zu trinken.
»Sie ist völlig überhitzt«, log sie Emilio an, obwohl, ve r dammt, Mollys Haut fühlte sich tatsächlich ziemlich warm an. Um genau zu sein zeigte sie erste Anzeichen von D e hydrierung. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie Molly und e r kannte schlagartig, dass die ganze Meryl-Streep-würdige Schauspieleinlage gar keine Schauspieleinlage gewesen war.
Molly verzog das Gesicht, drehte den Kopf zur Seite und schob Ginas Hand weg. »Klo«, sagte sie und Gina half ihr auf und brachte sie so schnell wie irgend möglich in den kleinen, gekachelten Raum.
Würg. Sie machte die Tür zu, um Molly bei ihrer intensiven Kommunikation mit der Toilette alleine zu lassen. Echte Sorge um ihre Freundin färbte ihre Stimme. »Das geht schon seit Stunden so.« Noch eine Lüge, aber warum nicht? »Sie ist ernsthaft dehydriert und hat hohes Fieber. Als sie das letzte Mal so krank war, hat sie auch noch Krämpfe b e kommen.«
Emilio wirkte erschüttert angesichts dieser Neuigkeit, o b wohl seine Bestürzung vermutlich auch gespielt war.
»Sie muss ins Krankenhaus«, wiederholte Gina.
Emilio schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen.«
»Sind Sie denn tatsächlich bereit, ihren Tod in Kauf zu nehmen?«
Aus dem Badezimmer drang das Geräusch eines laufenden Wasserhahns. Gina machte die Tür einen Spalt weit auf und spähte hinein. Molly stand am Waschbecken und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Es wäre auf jeden Fall unpassend g e wesen, wenn sie jetzt herausgekommen wäre und gesagt hätte, was sie normalerweise nach ihren seltenen morgendlichen Übelkeitsattacken sagte: »Aah, jetzt fühle ich mich schon viel besser.«
Gina huschte hinein und nahm die nunmehr geöffnete Wasserflasche gleich mit. War ja nicht nötig, sie draußen stehen zu lassen, damit die anderen etwas damit anstellen konnten.
»Ich helfe dir jetzt, da rauszugehen und dich ins Bett zu legen«, flüsterte sie Molly zu. »Ich habe denen gesagt, dass du ins Krankenhaus musst, also benimm dich entsprechend, okay?«
Molly trocknete sich das Gesicht ab. »Ich will nicht, dass sie was von meiner Schwangerschaft mitkriegen«, flüsterte sie zurück.
»Ich weiß«, sagte Gina. »Ich hab gesagt, du hast Fieber. Sorg dafür, dass es echt aussieht.« Molly stützte sich auf sie, und Gina machte die Tür auf.
Emilio stand immer noch draußen. Sein Enkel spielte auf dem Boden mit den Konservendosen. Jetzt stellte sich der Erwachsene zwischen sie und das Kind, während Gina Molly dabei half, sich ins Bett zu legen.
Wieso denn das? Weil Gina sich den kleinen Jungen schnappen und drohen könnte, ihm den Hals zu brechen?
Oh Gott, was für eine grässliche Vorstellung. Ob sie dazu wirklich fähig wäre – wenn sie dafür die Freiheit zurüc k bekam? Welche Wendung – die Geisel, die eine Geisel nimmt. Sie könnte Emilio zur Herausgabe seiner Pistole zwingen.
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