Untitled
nicht mehr ganz so ängstlich aus, und das Thema ihres Gesprächs würde das wirbelnde Durcheinander in seinem Kopf nicht noch größer werden lassen. Es gelang ihm sogar, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. Gelassen. »Aber es verliert nicht schlagartig an Energie und bleibt deshalb auch nicht einfach stehen und fällt zu Boden so wie in einem Bugs-Bunny- Film. Es fliegt immer noch weiter, aber mit immer weniger Wucht. Es trudelt aus.«
»Aber wenn die Kugel, die dich getroffen hat, ausgetrudelt war, wieso blutest du dann?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
»Sie war fast ausgetrudelt«, verbesserte er sie.
Gina baute sich vor ihm auf. »Ich will es sehen.«
»Später«, log Max.
Irgendwie wusste sie es. Sie hatte schon immer ein fein a b gestimmtes und sehr empfindliches Gespür für Lüge n geschichten gehabt. »Jetzt.«
»Soll ich vielleicht die Hosen runterlassen?«, fragte er. »Hier, auf der Stelle?«
Sie sagte nichts. Das war auch nicht notwendig. Sie sah ihn nur an.
Und mit einem Mal spürte Max wieder dieselbe Hitze wie jedes Mal, wenn er zu lange in Ginas Augen schaute. Sofortige Kernschmelze, als hätte er ein Dampfbad betreten.
Wobei es ihm eigentlich gar nicht so sehr darum ging, mit ihr zu vögeln. Andererseits aber schon.
Andererseits auch wieder nicht.
Es war eine Sowohl-als-auch-Situation, denn als er e r fahren hatte, dass sie tot war, da hatte er sich mehr als alles andere gewünscht, dass sie einfach da war.
Dass sie existierte.
Gina. Lebendig.
Abgesehen davon, dass die Tatsache, dass sie lebendig war und atmete und vor ihm stand, sich jetzt mit Sex und Genuss und Schuldgefühlen und der Erinnerung an ihr Lächeln und das Blitzen in ihren Augen vermischte, das sich jedes Mal in eine solch tiefe Befriedigung verwandelt hatte, wenn er … wenn sie …
Doch jetzt riss sie praktisch den Kopf herum, ließ den Augenkontakt abbrechen, und Max – der es meisterhaft ve r stand, sein geistiges Chaos zu voller Größe anzufachen – e r tappte sich bei dem Gedanken, ob sie auch beim Vater ihres ungeborenen Kindes diese ungebremste, tierische A n ziehungskraft empfunden hatte.
So vorsichtig wie irgend möglich legte er zwei Beretta M9 auf die Neun-Millimeter-Munition. Für dieses Gespräch war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
Sie seufzte, und er war sich sicher, dass sie sich jetzt zurückziehen und vielleicht nach Molly schauen würde. Doch stattdessen wandte sie sich wieder ihm zu. »Hör zu, es tut mir leid, aber ich möchte einfach sichergehen, dass mit dir wir k lich alles in Ordnung ist.«
Oh Gott. »Gina, es sieht ganz bestimmt übel aus und ve r mutlich würdest du total ausflippen. Du musst mir eben ve r trauen. Ich werde schon nicht verbluten.« Er würde sie nicht verlassen. Auf keinen Fall, in keiner Form und unter keinen Umständen. »Zumindest nicht, wenn du mir eine Sekunde Zeit zum Nachdenken gibst, damit ich mir überlegen kann, wie wir als Nächstes vorgehen.«
Das war natürlich ein gemeiner Trick, aber er funktionierte. Sie gab nach. »Wie kann ich dir dabei behilflich sein?«
»Sieh nach, ob es Molly gut geht.«
Unmittelbar nachdem sie das Haus betreten hatten, war Molly im Badezimmer verschwunden und hatte die Tür hinter sich zugemacht.
»Bei ihr ist alles in Ordnung«, sagte Gina jetzt. »Sie will uns ein bisschen Zweisamkeit verschaffen. Du weißt schon, falls wir einander irgendetwas zu Herzen Gehendes zu sagen haben. Wie zum Beispiel, danke, dass du deinen Job au f gegeben hast, um mich zu retten.«
Sie war eine kluge Frau. Max war nicht weiter überrascht, dass sie sich das zusammengereimt hatte.
»Nur, falls es dir entgangen sein sollte«, erwiderte er. »Noch habe ich dich nicht gerettet.«
»Oder: Tut mir leid, dass ich dir immer noch auf die Nerven gehe«, sagte sie.
Er legte seine ganze Ernüchterung in den folgenden Seufzer. »Du gehst mir nicht …«
»Oder vielleicht sogar so etwas wie: Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass du überhaupt kommst«, sagte Gina leise.
Gottverdammt noch mal, was sollte er denn darauf e r widern? »Ja, was hast du denn dann gedacht?«, fragte er mit gepresster Stimme. »Dass ich mich einfach nicht darum kümmere? Weil ich nicht mehr für dich verantwortlich bin?«
»Na toll«, sagte sie. »Das Wort mit V. Ich habe mich schon gefragt, wie lange es wohl dauert, bis ich das zu hören kriege. Du warst nie für mich verantwortlich und das habe ich auch nie gewollt. Ist das wirklich der Grund für
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