Untitled
legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn auf sich au f merksam zu machen. »Ich weiß, dass ich gesagt habe, du sollst Jules nicht mit Emilio gehen lassen, aber du hattest Recht. Du hast ihn ja nicht gehen lassen. Du hättest ihn gar nicht aufhalten können.«
Max nickte. Richtig. »Das Problem habe ich mit allen meinen Bekannten, nicht wahr?«
»Ich hasse dieses Wort«, sagte sie mit zusamme n gebissenen Zähnen. »Tut mir leid, Max, aber ich bitte dich. War ich nicht – ich weiß auch nicht – wenigstens ein winziges bisschen wichtiger für dich als Jules?«
»Aber ja«, sagte er. Sie hatte ganz betont die Vergange n heitsform gebraucht, das war nicht zu überhören gewesen. Also gebrauchte er sie auch, während die Wut erneut mit ihm durchging. »Du warst die beste Bekannte, die ich jemals hatte. Und was das Gehenlassen betrifft: Schätzchen, ich hab laut hurra geschrien, als du zur Tür rausgegangen bist. Ich hab …« Er klappte den Mund zu, drehte sich um und ging zurück in die Küche, weil er es plötzlich wusste, von einem Moment zum anderen, inmitten seines Rausches aus Wut und En t täuschung.
Klarheit.
»Die unwahrscheinlichste Stelle ist oben im ersten Stock«, sagte Max zu Jones. »Überleg mal – wenn jemand hinter dir her ist und du rennst die Treppe rauf? Dann lassen die Ve r folger sich Zeit, weil sie glauben, du sitzt in der Falle. Es ist oben. Es muss oben sein.«
Jones klopfte sich beim Aufstehen den Staub von den Händen, blickte zuerst Gina an und dann wieder Max. Er fühlte sich sichtlich unwohl dabei, ihren Streit unterbrochen zu haben.
»Du hast gesagt, die Innenwände seien dick«, beharrte Max. »Es gibt wahrscheinlich eine Treppe, die durch das Haus und dann in einen Tunnel durch den Berg führt …« Er deutete auf das Dschungelbild der siebten Kamera, das in diesem Augenblick auf einem der Monitore auftauchte. »Bis hierhin.«
Er blickte Gina an, deren Miene er nicht richtig deuten konnte. Ach, bitte, lieber Gott, lass es nicht Traurigkeit sein …
»Genau das richtige Maß an Verrücktheit«, sagte Jones. »Schweineteuer, aber vielleicht sollten wir uns einfach die Frage stellen: Welches ist die teuerste Stelle für einen Ei n gang zu einem Fluchtweg?« Er lachte voller Verachtung. »Ich wünschte, ich könnte das Geld auch einfach verbrennen.«
»Alles in Ordnung?«, wandte sich Molly an Gina, während Max sehr viel langsamer als Jones die Treppe hinaufging.
»Also, eigentlich«, hörte er Gina sagen, »ja. Es ist … ja.«
»Volltreffer«, rief Jones aus dem ersten Stock herunter. »Da ist er. Falsches Bücherregal und alles, das ganze gottve r dammte Programm.«
Wer weiß – es könnte ja sein – vielleicht stand eine Wende ihres Schicksals unmittelbar bevor.
Emilio befand sich auf der anderen Seite des Wracks und ein wenig oberhalb von Jules – vor allem aber so dicht beim Auto, dass er es als Deckung nutzen konnte.
»Die Hände so, dass ich sie sehen kann«, befahl er.
Jules war leider ein ganzes Stück weit weggerutscht, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass das Auto explodieren sollte. Er lag auf einer Lichtung – wenn das angesichts des Teppichs aus Blättern und Zweigen über ihm, der keinen Sonnenstrahl durchließ, der richtige Ausdruck war. Den Dschungel hatte er sich immer sehr dicht bewachsen vo r gestellt – Unterholz, das sich nur mit einer Machete beiseite räumen ließ. Aber da die Sonne hier unten nie schien, konnte auch nicht viel wachsen. Ein paar stark unterernährte Farne und ein paar andere Pflanzen, die sich wohl – bei seinem Glück – als irgendwelche einheimischen Giftpflanzen e r weisen würden.
Es gab nichts, was ihm als Versteck hätte dienen können, zumal er sich sowieso nur wälzend von der Stelle bewegen konnte. Und falls er sich mit dieser Technik auf den Weg zum nächsten Wurzel- und Baumstumpfhaufen machte, würde Emilio ihn mit Blei vollpumpen.
Jules ließ das Handy fallen und die rechte Hand geöffnet nach außen sinken. Denk nach. Denk nach. Mist, die Ränder seines Sichtfeldes fingen an zu verschwimmen – kein gutes Zeichen.
Aber noch war er nicht tot. Die Waffe ruhte schwer auf seiner Brust, durch das ausladende Revers der ledernen Fliegerjacke Emilios Blicken entzogen. Er musste lediglich danach greifen und …
Aber wie würde er von hier wegkommen? Mit Tunne l blick? Vergiss den Tunnelblick, wie wollte er mit einem Bein, das nutzlos und schwer an ihm herunterbaumelte, überhaupt gehen? Das Gott weiß wie
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