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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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sich vorsichtig herumzudrehen. Die Erscheinung schien keinerlei Notiz, von ihr zu nehmen. Vielmehr fuhr diese unbeirrt in ihren Bemühungen fort, das Fenster zu öffnen.
      Ganz langsam drehte sich Madame Vanille bis sie das Fenster geradewegs im Blick hatte. Doch was mußte sie sehen!
      Die kleine Portion Mut, die sie bei dem Gedanken an ihren Gatten gesammelt hatte, schmolz im Bruchteil von Sekunden! Ein grausiges Bild bot sich. Sie glaubte zu träumen und wünschte sich nichts sehnlicher, als daß dieses Schauspiel tatsächlich nur ein böser Traum wäre. Aber nein! Das penetrante Schaben an der Füllung des Fensterkreuzes machte ihr unbarmherzig klar, daß sie überhaupt nicht träumte.
      Wieder erhellte ein Blitz das Zimmer, und die Umrisse der Gestalt traten deutlich hervor.
      Offenbar war es ein männliches Wesen, wenn auch von ziemlich kleinem Wuchs. Es hatte extrem lange und dünne Arme, das Gräßlichste jedoch war – und der alten Dame rannen kalte Schauer über den Rücken –, daß es je nach Bedarf den Kopf ab- und wieder aufsetzte. Das Gespenst inspizierte das Fenster genau, setzte daraufhin den Kopf ab, plazierte diesen sorgsam auf der Fensterbank und schabte an der zuvor untersuchten Stelle weiter.
      „Wie gut, daß ich mir im vorigen Jahr habe Doppelfenster einbauen lassen", murmelte Madame Vanille. Vorsichtig ließ sie sich vom Bett auf den Boden gleiten und robbte, so gut sie das auf ihre alten Tage vermochte, zu ihrem Frisiertischchen. Dort hatte sie gewohnheitsmäßig ihren Rosenkranz abgelegt. Doch gerade als sie mit zittrigen Fingern danach greifen wollte, öffneten sich schwungvoll die Fensterflügel und der Kopflose schwang sich über den Sims hinein in das Schlafzimmer.
      Im langen weißen Baumwollnachthemd auf dem Boden sitzend, das Haar aufgelöst, was ihr ein bezaubernd mädchenhaftes Aussehen verlieh, starrte die reizende Dame dem Unhold zitternd entgegen. Das Gespenst nahm seinen Kopf vom Fensterbrett, steckte ihn unter den Arm und kam langsam näher. Als es nur mehr fünf Schritte von Madame entfernt war, hielt sie ihm das Kreuz ihres Rosenkranzes entgegen und flüsterte mit versagender Stimme das Vaterunser.
      „Hähähä, das hilft doch nur gegen Vampire", gab der Kopf unter dem Arm des Ungeheuers zu bedenken. „Aber ich, ich bin doch nur ein ganz gewöhnlicher kopfloser Geist!"
      Während es sprach, nahm das Gespenst seinen Kopf in beide Hände und setzte ihn auf den dünnen, langen Hals.
      „Nun, mein Täubchen! Jetzt habe ich beide Hände frei und kann dich so richtig anfassen! Und du, du kannst dich vor Schreck nicht wehren!"
      Genüßlich schmatzend kam es näher und näher.
      Gerade als es nach der fast ohnmächtigen Dame greifen wollte, sprang behende eine hohe dunkle Gestalt in das Zimmer und baute sich drohend hinter dem schmächtigen Geist auf.
      Schnaubend wirbelte dieser herum und wütete: „Du elende Mißgeburt! Kannst du mir nicht einmal aus dem Wege bleiben, wenn ich durch die Lande spuke! Zu meinen Lebzeiten schon ließest du mir keine Ruhe! Und jetzt, kurz vor dem Ziel, machst du mir schon wieder alles kaputt! Schämen solltest du dich. Aber so ist das eben, nicht wahr, Verehrteste?"
      Er deutete eine leichte Verbeugung in Richtung der alten Dame an, die weiterhin sprachlos auf dem Boden hockte.
      „Diese Jugend heutzutage! Sowohl im Leben, als auch bei uns im Schattendasein hat sie keinen Respekt mehr vor dem Alter", erklärte das Gespenst böse.
      „Mach, daß du von hier fortkommst, Elender!" Damit packte die dunkle Gestalt das Gespenst und schob es, trotz heftiger Gegenwehr, zum geöffneten Fenster. Im Handgemenge aber fiel dem Ungeheuer der lose auf dem Hals sitzende Kopf herunter und kullerte der nervlich schon überstrapazierten alten Dame vor die Füße. Dort drehte er sich noch zweimal langsam um die eigene Achse und blieb mit einem wie eingefroren wirkenden Grinsen auf dem häßlichen Gesicht liegen.
      Das war endgültig zuviel für Madame Vanille, und sie zog es vor, diesem ganzen Spuk durch einen klassischschönen Ohnmachtsanfall zu entfliehen.
      Nur zögernd lösten sich die Schleier vor den Augen von Madame, und nur langsam fand sie in die Wirklichkeit zurück. Erstaunt blickte sie um sich. Hochwürden kniete an ihrer Seite und legte kalte Kompressen auf ihre Stirn, während Herr von Grauenstein derweil unruhig im Zimmer auf und ab marschierte.
      „Was ist passiert? Warum ist er hier?"

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