Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Regisseur.
    Hinter der Bühne befand sich ein höhlenartiger, düsterer Raum, der mit Requisiten, Seilen, aufgerollten Kabeln, Büh nenstrahlern und allerlei Dingen, die gerade nicht gebraucht wurden, vollgestopft war. Zwei junge Schauspielerinnen saßen stumm auf einer Bank und rauchten. Als sie Wimsey bemerkten, beeilten sie sich, ihre Zigaretten auszudrücken – offensichtlich war das Rauchen in dieser leicht entzündlichen Umgebung verboten –, aber er hob bloß die Hand zum Gruß und huschte rasch durch eine Tür in der gegenüberliegenden Ecke. Dahinter war es stockfinster. Wimsey holte seine Taschenlampe hervor und fand mit ihrer Hilfe einen Lichtschalter. Er stand vor einer Ziegelmauer, rechter Hand jedoch führte eine Treppe nach unten. Eine Kette versperrte den Zugang. Daran hing eine Tafel mit der Aufschrift «Unbefugten Zutritt verboten». Wimsey hakte die Kette los und ging hinunter. Ein klammer ungesunder Geruch empfing ihn, der Geruch von kaltem Stein und feuchtem Holz, wie in einer Dorfkirche im Winter.
    Am Fuße der Treppe stellte er fest, daß er sich nicht im Keller, sondern am oberen Rand eines tiefen Abgrunds befand. Er stand auf einer Art Galerie. An deren Ende führte eine weitere Eisentreppe auf die nächste Empore hinab, und von dort ging es wieder nach unten. Trübe Glühlampen hingen in einer Reihe an Kabeln herab und spendeten ein dürftiges Licht. Auf der rechten Seite diente eine einzelne Strebe auf jeder Galerie als Handlauf, aber auf der linken befand sich nichts, das einen Sturz in die Tiefe hätte aufhalten können. Wimsey pfiff leise durch die Zähne und machte sich im Zickzack an den Abstieg.
    Das anmutige Gebäude über ihm ruhte auf gewaltigen Holzpfählen, die sich senkrecht aus dem Abgrund erhoben. Es waren keine einzelnen Baumstämme, sondern jeweils mehrere, die durch Eisenbänder zusammengehalten wurden. Hölzerne Querbalken bildeten mit den Pfählen ein Geflecht. Die Eisengalerie führte dazwischen kreuz und quer hinab und nahm sich so irrwitzig aus wie ein Pfad für Gulliver im Land der Riesen. Das Licht der Glühlampen wurde von der tiefen und gewalti gen Dunkelheit fast verschluckt.
    Wimsey knipste seine Taschenlampe aus und blickte von der erleuchteten Plattform hinab, auf der er stand. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis. Ein Wald von aufrecht stehenden Pfählen umgab ihn. Er überlegte. Waren diese Stützen in den sumpfigen Boden getrieben worden, wie es schon die Venezianer gemacht hatten, um ihre phantastischen Bauwerke darauf zu errichten? Und war der Sumpf, da es hier keine Lagune gab, die jeden Tag zweimal von den Gezeiten überschwemmt wurde, ausgetrocknet, versickert, weggespült worden, so daß die Pfähle schließlich bloßlagen? Weggespült, genau, das war es, denn er konnte das Geräusch von fließendem Wasser hören. Ein sanftes Plätschern, das die Wände weich zurückwarfen und das den Raum erfüllte.
    Sehr vorsichtig beugte sich Wimsey über das unzureichende Geländer und leuchtete mit seiner Taschenlampe hinunter. Weit unter ihm, mindestens noch einmal so weit, wie er bereits herabgestiegen war, befand sich ein dunkler Strom. Er floß in einem offenen Kanal tief unten auf dem Grund entlang. Auf der einen Seite kam er aus einem Mauerbogen und verschwand gegenüber wieder in einem Tunnel. Früher einmal hatte es ein Eisengitter vor dem Ausfluß gegeben, von dem jetzt nur noch verrostete Fragmente übrig waren.
    «Der Cranbourne, nehme ich an», sagte Wimsey. «Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, wenn ich Sie auch in bedauernswerten Verhältnissen antreffe.»
    Seine Gedanken bereiteten ihm ein Schaudern, als er hinabschaute. Und dann hörte er oben hinter sich eine Tür zuschlagen und schnelle Schritte auf dem eisernen Rost der Galerie. Harwells Stimme rief: «Was zum Teufel machen Sie hier, Wimsey? Sie sind kein Architekt.»
    «Ich suche nach anderen Wegen aus diesem Gebäude als den Türen», antwortete Wimsey.
    Gegen den Schein einer der Glühbirnen zeichneten sich Harwells Umrisse ab. Es war zu dunkel, um sein Gesicht zu erkennen. Aber seine massige Gestalt, die breiten Schultern und die kräftige Statur waren unverkennbar. «Und was haben Sie davon?» fragte er. Seine Stimme verriet, was sein Gesicht im Dunkel verbarg: Er rang um Fassung, der unverwechselbare Unterton von Angst klang mit.
    «Ich versuche, jemandes Schritte nachzuvollziehen.»
    «Wessen Schritte?» fragte Harwell. Da war es wieder, die Tonlage war

Weitere Kostenlose Bücher