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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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was mochte aus ihnen geworden sein? Joséphine, soviel stand fest, war ein braves Mädchen, sie wußte, was sich gehörte, und war ihm ergeben. Aber ein scharfes rheumatisches Reißen in den Gelenken erinnerte ihn daran, wie unklug es für ältere Herren war, draußen auf dem Balkon zu stehen und den Winterhimmel zu bewundern. Glücklicherweise war sein ausgezeichneter Diener immer sehr gewissenhaft, was die Wärmflasche anging.

    Auszug aus dem Tagebuch von Honoria Lucasta, Herzoginwitwe von Denver:

    6. Januar
    War noch mal rasch am Audley Square, um nachzusehen, ob im Haushalt alles seinen Gang geht, solange Peter und Harriet in Paris sind. Die Ärmsten hatten kaum Zeit, es sich selbst anzusehen, obwohl mir Harriet sehr lieb gedankt hat und meinte, es gefalle ihr. Hat dann auch noch gesagt: «Alles sehr ungewohnt für mich», was vermutlich stimmt. Habe offensichtlich wenig Vorstellung davon, wie eine Arzttochter sich einrichtet oder diese Künstlertypen, in deren Kreisen sie verkehrt hat. Blödsinnigerweise in diese Richtung laut gedacht, als Helen mich abgeholt hat, um im Kino den neuen Film mit Greta Garbo zu sehen. Helen hat gesagt, sie würde meinen, «verwahrlost» sei das richtige Wort, aber das ist ihr üblicher Unsinn. Greta Garbo ist eine junge Frau mit Klasse, und Harriet kann alles so verändern, wie sie es haben will, wenn sie erst mal drin wohnt. Habe versprochen, am Freitag die Delagardie-Vettern für eine Woche in Dorset zu besuchen, und verpasse deswegen die Dinnerparty bei Helen, wo Harriet ihren ersten Auftritt in London hat. Hoffe, sie kommt ohne meine Schützenhilfe aus – also, Harriet natürlich. Helen braucht weiß Gott nicht noch fremde Reserven zu mobilisieren, eher schon das Gegenteil davon. Demobilisierung? Immobilisation? Muß unbedingt an meinem Wortschatz arbeiten.

2
    Eigenartig, wie ein gutes Essen bei festlicher Bewirtung alle wieder versöhnt.

    SAMUEL PEPYS

    Don't you know
    I promised, if you'd watch a dinner out, We'd see truth dawn together?

    ROBERT BROWNING

    Helen, Herzogin von Denver, war eine in der Ausübung ihrer gesellschaftlichen Pflichten sehr gewissenhafte Frau. Wie wenig sie auch ihren Schwager und seine Braut schätzen mochte, es war ihre Pflicht, ihnen zu Ehren so rasch wie möglich nach den Flitterwochen ein Dinner zu veranstalten. Dies hatte sich als keineswegs einfache Aufgabe erwiesen. Die Wimseys hatten sich (was für sie nur typisch war) in eine vulgäre Morduntersuchung hineinziehen lassen, und das gleich am Tag nach ihrer übereilten, heimlichen und insgesamt völlig verdrehten Hochzeit. Danach waren sie auf den Kontinent gefahren. Statt nach London zurückzukehren, hatten sie sich auf dem Land verkrochen und waren nur einmal aus der Versenkung aufgetaucht, um vor Gericht gegen den Mörder auszusagen. Danach dann hatten sie es vorgezogen, zu bleiben, wo sie waren, bis die Hinrichtung vorbei war, und in dieser Zeit hatte Peter dem Vernehmen nach unter Depressionen gelitten. Das war sein Lieblingstrick, wenn ein «Fall» abgeschlossen war. Warum sich jemand das Los eines gewöhnlichen Verbrechers so nahegehen lassen sollte, war der Herzogin unbegreiflich. Wenn man fürs Henken nichts übrig hatte, sollte man sich nicht in die Ar beit der Polizei einmischen. Die ganze Angelegenheit war nichts weiter als ein Akt des Exhibitionismus, dem man mit der gebührenden gesunden Strenge begegnen sollte. Die Herzogin machte sich über das Hinrichtungsdatum kundig, ließ für den Freitag der darauffolgenden Woche Einladungen ergehen und schrieb an Lady Peter Wimsey einen Brief, in dem das Wesentliche nur zwischen den formell gehaltenen Zeilen zu lesen war: «Nichtbefolgen auf eigene Gefahr».
    Diese Unnachgiebigkeit hatte sich ausgezahlt. Die Einladung war angenommen worden. Welche Mittel Harriet Wimsey eingesetzt hatte, um ihren Gatten zu überzeugen, wußte die Herzogin nicht; sie legte auch keinen Wert darauf, es zu erfahren. Sie bemerkte dem Herzog gegenüber lediglich: «Ich wußte, das würde bei ihr ziehen. Diese Frau wird sich die erste Möglichkeit zur Aufwertung ihrer Reputation doch nicht entgehen lassen! Wenn jemand nach oben will, dann die.»
    Der Herzog grummelte nur. Er hatte seinen Bruder gern und war durchaus bereit, auch seine Schwägerin zu mögen, wenn man es ihm nur erlaubte. Seiner Meinung nach war bei beiden eine kleine Schraube locker; aber da es den Anschein machte, daß der eine mit den Macken der anderen ganz gut zurechtkam – warum nicht?

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