Untitled
bedeutungslos sind und denen nicht mehr Muster oder Sinn unterliegt als den Blättern eines Baumes, nur daß die Blätter an dem Baum Noten zu sein scheinen und jemand in diesem Baum sitzt und kreischt (es ist Dame Kiri). Es ist erschütternd. Es ist schrecklich. Es ist laut.
Vielleicht ist es dieses letzte furchtbare Begreifen, daß Mozart für ihn überhaupt keinen Sinn ergibt, oder vielleicht liegt es daran, daß Mrs. Ransome, als sie feststellt, daß er immer noch nicht reagiert, beschließt, den Ton noch lauter zu stellen, sozusagen als letzten Versuch; und der Klang vibriert in Mr. Ransomes Ohren, und vielleicht sind es die Vibrationen, die ihn erledigen; wie dem auch sei, etwas passiert in seinem Kopf, und der empfindliche Sack, der sich zwischen den Blutgefäßen gebildet hat, zerplatzt, und Mr. Ransome vernimmt lauter und zwingender als jede Musik, die er je gehört hat, in seinen Ohren ein Brausen; es folgt ein plötzliches, kurzes Andante, er hustet leise und stirbt.
Mrs. Ransome bemerkt nicht sofort, daß die gelähmte Hand ihres Mannes nun nicht einmal mehr das ist; und es wäre schwierig, anhand seines Aussehens oder sogar, indem man ihn berührte, zu begreifen, daß etwas passiert ist. Der Bildschirm hat sich verändert, doch Mrs. Ransome kennt sich mit Bildschirmen nicht aus. Da Mozart jedoch nicht zu funktionieren scheint, nimmt sie ihrem Mann die Kopfhörer ab, und erst, als sie die leichtsinnigen Drähte von den ernsthaften löst, sieht sie, daß sich auf dem Bildschirm in der Tat etwas verändert hat, und ruft die Schwester.
Die Ehe war Mrs. Ransome oft als eine Art Parenthese erschienen, und es paßt, daß das, was sie zu der Schwester sagt (»Ich glaube, er ist von uns gegangen«), hier ebenfalls in Parenthese steht und daß es diese letzte kleine Parenthese ist, die die größere Parenthese zu einem Ende bringt.
Die Schwester überprüft den Monitor, lächelt traurig und legt Mrs. Ransome fürsorglich ihre Hand auf die Schulter. Dann sieht sie den Vorhang vor und läßt Mann und Frau ein letztes Mal zusammen allein. Und so sind die Klammern geschlossen, die zweiunddreißig Jahre zuvor geöffnet wurden, und Mrs. Ransome geht als Witwe nach Hause.
Dann entsteht eine angemessene Pause. Da das Fernsehen sie für Verlustprozesse und Trauertechniken geschult hat, beachtet Mrs. Ransome diese Pause; sie gibt sich reichlich Zeit zu trauern und mit ihrem Verlust zurechtzukommen, und was die Witwenschaft angeht, macht sie nichts falsch.
Wenn sie zurückblickt, scheint ihr, daß der Einbruch und alles, was seither geschehen ist, eine Art Lehrzeit gewesen sind. Jetzt, denkt sie, kann ich anfangen.
Weitere Kostenlose Bücher