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mein Thun zu erläutern.
Der größte Theil der beim Einwohnermeldeamt mit ihrem Taufund Familiennamen rechtmäßig eingetragenen Sizilianer werden in Wirklichkeit von Geburt an mit einem anderen Namen gerufen.
So wird, beispielsweise, ein Filippo Nuara von allen, angefangen bei den Eltern und Verwandten, Nicola Nuara genannt. Aus diesem herkömmlichen Namen wiederum wird die Verkleinerungsform Cola Nuara abgeleitet.
Von da an beginnen zwei unterschiedliche Personen zu koexistieren. Die eine, Filippo Nuara, lebt ausschließlich auf offiziellen Dokumenten; die andere, Cola Nuara, führt demgegenüber eine absolut reale Existenz. Gemeinsam ist den beiden lediglich der Familienname.
Cola Nuara wird jedoch schon bald mit dem versehen, was Sie als Spitznamen bezeichnen, wir aber Injuria nennen, ohne daß wir darin etwas Abfälliges oder Beleidigendes erblicken. Wenn, nehmen wir an, unser Cola Nuara leicht humpelt, so wird er mit Sicherheit »Cola der Hinkefuß« oder »Cola Tacktack« oder auch »Cola Meer voraus« und so weiter genannt, eben so, wie es der Phantasie gerade einkommt.
An diesem Punkt nun wird ein Gerichtsdiener des Gerichtes von Montelusa, der das nicht weiß, große Schwierigkeiten haben, »Cola Nuara den Hinkefuß« mit Filippo Nuara in Verbindung zu bringen, wenn er ihm einen Bescheid zustellen soll.
Mir sind an die zehn Leute bekannt, die in Abwesenheit verurtheilt wurden, jedoch gar nicht abwesend waren: lediglich ihre Identifikation war schwierig, wenn nicht gar unmöglich.
So erfuhr der Schullehrer Pasqualino Zorbo erst auf dem Sterbebette (im Alter von dreiundneunzig Jahren) zu seinem allergrößten Erstaunen, daß er eigentlich Annibale hieß.
Mein Kollege Antonino Cutrera, dessen wir uns alle wegen seiner scharfen Intelligenz rühmen und den ich die Ehre habe, meinen Freund zu nennen, wagte eines Tages, als wir miteinander darüber sprachen, eine Erklärung für einen so weit verbreiteten Brauch auf unserer Insel.
Die Verwendung eines anderen als des geburtsregisterlich korrekten Namens mit der Anfügung eines Spitznamens (Injuria), der nur innerhalb der Grenzen einer lokalen Gemeinschaft bekannt ist, folgt zwei gegensätzlichen Bedürfnissen.
Das erste besteht in der Verschleierung für den Fall einer Gefahr: ein doppelter (oder dreifacher) Name begünstigt die Verwechslung von Personen, man stiftet Verwirrung, die dem zugute kommt, der Objekt einer wie auch immer gearteten Nachforschung ist. Das zweite Bedürfnis besteht demgegenüber darin, sich nothfalls genau zu erkennen zu geben, um die Verwechslung zu verhindern.
Ich bitte um Entschuldigung dafür, daß ich mich nun doch so ausführlich geäußert habe.
Immer zu Ihren Diensten
Der Leiter der Polizeidienststelle von Vigàta (Antonio Spinoso)
KOMMANDO DER KÖNIGLICHEN CARABINIERI VON VIGÀTA
An Seine Exzellenz
den Präfekten
von Montelusa
Vigàta, am 2. November 1891
Betreff: Genuardi Filippo
Ihrer Bitte folgend, beehrt sich das Kommando der Kgl. Carabinieri in Vigàta, folgendes hinsichtlich des im Betreff Genannten mitzutheilen:
Genuardi Filippo, Sohn des verschiedenen Giacomo und der ebenfalls verschiedenen Posacane Edelmira, geboren in Vigàta am 3. September 1860 und daselbst wohnhaft in der Via Cavour 20, von Beruf Holzhändler, gilt in jeder Hinsicht als nicht vorbestraft.
Gleichwohl wird darauf hingewiesen, daß der Genuardi seit langem unter aufmerksamer Beobachtung dieses Kommandos steht.
Nach Jahren eines ungeregelten und ausschweifenden Lebens ist der Genuardi, nach allgemeiner Ansicht, in sich gegangen und führt ein geregeltes Leben, das keinen Anlaß für Skandale oder Gerüchte liefert.
Allerdings hegt dieses Kommando den Verdacht, daß dieses In‐sich‐Gehen lediglich dem Augenschein nach stattgefunden hat, mit dem Ziele, unterirdische Winkelzüge zu kaschieren.
Genuardi nämlich ist ein Mann von maßlosem Ehrgeize, zu allem bereit, wenn er damit nur seine Ziele erreicht. Außerdem liebt er es, sich hervorzuthun. Ein Beweis dafür ist u. a. die Thatsache, daß er sich ein sündhaft teures, von einem Motor angetriebenes Vierrad aus Frankreich hat kommen lassen, das die Firma Panhard‐Levassor, Herstellerin desselben, »Phaeton« genannt hat. Das nämliche Vierrad hat eine Leistung von 2 DPS (Dampfpferdestärken); Riemenantrieb; Acetylenlampen. Sein benzingetriebener Motor kann eine Geschwindigkeit von 30 Kilometern in der
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